Leitsatz (amtlich)

Für ein sittenwidriges Handeln i.S.v. § 826 BGB reicht allein der Umstand, dass sich der Täter wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation gem. §§ 38 Abs. 2, 39 Abs. 2 Nr. 11, 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG durch die Herausgabe einer irreführenden Pressemitteilung strafbar gemacht hat, noch nicht aus. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Täters als sittenwidrig, d.h. als einen Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden erscheinen lassen. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Täter mit der Pressemitteilung nur einem aus seiner Sicht unberechtigten Gerücht auf dem Kapitalmarkt entgegen treten wollte, mit einer tatsächlich bevorstehenden Existenzkrise des von der Pressemitteilung betroffenen Unternehmens aber nach den Umständen noch nicht rechnen musste.

 

Normenkette

WpHG §§ 13, 15, 20a, 37b, 37c Abs. 1 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2, § 826; HGB § 331 Abs. 1 Nr. 2; AktG § 400 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 25.11.2009; Aktenzeichen 5 O 301/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.11.2009 verkün-dete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Klägerin verlangt von der Beklagten - einem Kreditinstitut in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft - Schadensersatz aus eigenem und abgetretenem Recht für Verluste, die ihr und ihrem Ehemann im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der Beklagten aus der Verletzung von kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten im Hinblick auf die Auswirkungen der sog. "Subprime"-Krise in den Vereinigten Staaten auf ihr Unternehmen durch die Organe der Beklagten entstanden sein sollen.

Der Ehemann der Klägerin, der seine sämtlichen Ansprüche in diesem Zusammenhang mit Vereinbarung vom 19.6.2008 (Anlage K 26.1) an die Klägerin abgetreten hat, erwarb im Jahre 2007 die folgenden Inhaberaktien der Beklagten (ISIN.) für das gemeinsame Wertpapierdepot der Eheleute bei der A-Bank:

am 2.3.2007 - Valuta: 6.3.2007 - 83 Aktien zu einem Gesamtpreis von 2.392 EUR (= 83 Stück × 28,70 EUR + 9,90 Provision((Anlage K 26.2-1),

am 14.5.2007 - Valuta: 16.5.2007 - 127 Aktien zu einem Gesamtpreis von 3.651,36 EUR (= 127 Stück × 28,65 EUR + 2,91 EUR Courtage + 9,90 EUR Provision((Anlage K 26.2-2),

am 26.7.2007 - Valuta: 30.7.2007 - 140 Aktien zu einem Gesamtpreis von 3.199 EUR (= 140 Stück × 22,85 EUR + 9,90 EUR Provision((Anlage K 26.2-3).

Der Wiederverkauf sämtlicher insgesamt 350 Aktien am 9.4.2008 - Valuta: 11.4.2008 - (Anlage K 26.3) erbrachte nur noch einen Nettoerlös von 1.274,60 EUR (= 350 Stück × 3,67 EUR - 9,90 EUR Provision(.

Den sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 7.977,60 EUR (= 2.392 EUR + 3.651,36 EUR + 3.199 EUR - 1.274,60 EUR(, mindestens aber einen sich auf der Grundlage eines für den Fall einer ordnungsgemäßen Information der Kapitalmärkte unterstellten "fair value" von 4,77 EUR pro Aktie der Beklagten ergebenden Kursdifferenzschaden von 7.550,15 EUR (= (28,70 EUR - 4,77 EUR) × 83 + (28,65 EUR - 4,77 EUR= × 127 + (22,85 EUR - 4,77 EUR) × 140(verlangt die Klägerin von der Beklagten ersetzt.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen sämtlicher Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und wegen der Begründung Bezug genommen wird, soweit die hier getroffenen Feststellungen davon nicht abweichen, hat das LG die Klage abgewiesen.

I. Mit ihrer Berufungsbegründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht insbesondere geltend:

1. Das LG habe die Klage zu Unrecht abgewiesen.

a) Das angefochtene Urteil sei schon deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil es sich unter Verstoß gegen § 313 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 ZPO auf die ungeprüfte Übernahme der Entscheidungsgründe zweier Urteile der 7. und 8. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 4.8.2009 - 7 O 273/08 -; v. 27.8.2009 - 8 O 265/08 - in Parallelverfahren beschränke, ohne die teilweise entscheidungserheblichen Unterschiede in dem jeweiligen Sachvortrag der Beteiligten zu beachten. Insbesondere der in dem Verfahren 7 O 273/08 festgestellte Sachverhalt weiche in mehrfacher, von ihr bereits in ihren durch den Beschluss des LG vom 24.2.2010 zurückgewiesenen Anträgen auf Tatbestandsberichtigung vom 18.12.2009 und 28.12.2009 gerügter Hinsicht von dem hier maßgeblichen Sachverhalt ab.

b) Ein weiterer Verfahrensfehler sei darin zu sehen, dass das LG das Verfahren nicht mit Rücksicht auf das zwischenzeitliche Strafverfahren gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden der Beklagten bei dem LG Düsseldorf gem. § 149 Abs. 1 ZPO ausgesetzt habe.

c) Zu Unrecht habe das LG auch von einer Vorlageanordnung gem. § 142 Abs. 1 ZPO hinsichtlich des internen, im Auftrag der Beklagten erstellen Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B. vom 12.10.2007 abgesehen, das die Beklagte nach wie vor geheim zu halten versuche, aus dem aber wie sich schon anlässlich einer zweifachen...

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