Leitsatz (amtlich)

Eine Bank ist nicht verpflichtet, ihren Kunden beim Verkauf von Inhaberschuldverschreibungen - hier Zertifikaten der insolventen Lehman Group - darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe sie hierbei eine Gewinnmarge erzielt.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 8 O 362/09)

BGH (Aktenzeichen XI ZR 368/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.9.2010 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Duisburg (8 O 362/09) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von 32 Zertifikaten "Global Champion ZT07" der Lehman Brothers Treasury Co. B. V., der niederländischen Tochter des US-amerikanischen Bankinstituts Lehman Brothers, am 6.2.2007.

Sie hat im Wesentlichen behauptet, der Kundenberater der Rechtsvorgängerin der Beklagten, Herr J., sei telefonisch - möglicherweise aber auch anlässlich eines Besuchs in der Filiale der Beklagten - an sie herangetreten und habe ihr, die sie eine sichere Anlage gesucht habe, den Kauf der streitgegenständlichen Zertifikate empfohlen, ohne dass sie einen Prospekt bekommen habe, ausführlich beraten oder über Struktur und Risiken der Anlage aufgeklärt worden sei. Außerdem habe sie der Kundenberater pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt, dass die Beklagte eine Gewinnmarge i.H.v. 3,5 % erhalten habe.

Die Beklagte hat demgegenüber im Wesentlichen vorgetragen, die telefonische Beratung sei nicht gegenüber der Klägerin persönlich erfolgt, diese sei dabei vielmehr von ihrem Ehemann vertreten worden. Dabei seien Funktionsweise und Risiken anhand der dem Berater vorliegenden Kurzbeschreibung umfassend erläutert worden. Auch darüber, dass die Beklagte eine Gewinnmarge i.H.v. 3,5 % erhalte, sei der Ehemann der Klägerin informiert worden; dies sei indessen gar nicht erforderlich gewesen. Die angebotene Zusendung schriftlicher Unterlagen habe der Ehemann der Klägerin abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Das LG hat die Klägerin informatorisch angehört und sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob die Klägerin selbst beraten oder hierbei durch ihren Ehemann vertreten wurde. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur anlegergerechten Beratung nicht verletzt, weil das empfohlene Zertifikat nach den für die Beklagte erkennbaren Umständen ihren Anlagezielen und ihrem Risikoprofil entsprochen habe. Auch ihre Pflicht zur objektgerechten Beratung habe die Beklagte nicht verletzt, denn zur Aufklärung über die Möglichkeit eines Totalverlustes des Zertifikates sei sie ebenso wenig verpflichtet gewesen wie zur Erläuterung des Bonitätsrisikos der Emittentin; auch ein Hinweis auf die fehlende Einlagensicherung habe nach den Umständen nicht erfolgen müssen. Jedenfalls aber sei die grundsätzlich bestehende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens widerlegt; die Klägerin sei vor und nach dem Erwerb der streitgegenständlichen Zertifikate bereit gewesen, erhebliche Risiken, bis hin zum Totalverlust, einzugehen. Zu einer Aufklärung über ihre Gewinnmarge sei die Beklagte ebenfalls nicht verpflichtet gewesen; im Übrigen sei das LG davon überzeugt, dass die Klägerin auch bei einem Hinweis auf die Gewinnmarge die streitgegenständliche Anlage getätigt hätte.

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin die Tatsachenfeststellungen des LG und trägt im Wesentlichen vor, es habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Depot der Klägerin nahezu ausschließlich von ihrem Ehemann verwaltet worden sei und sie selbst von Geldanlagen "keine Ahnung" gehabt habe. Das LG hätte daher aufklären müssen, ob das hier maßgebliche Anlagegespräch mit der Klägerin oder ihrem Ehemann geführt worden sei. Darüber hinaus tritt die Klägerin der Auffassung des LG entgegen, dass die Beklagte nicht zur Aufklärung über die ihr zukommende Gewinnmarge verpflichtet gewesen sei. Insoweit gelte für die Klägerin die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Auch auf das Totalverlust- und Emittentenrisiko hätte die Beklagte hinweisen und die Klägerin über die konkrete Funktionsweise des Zertifikates aufklären müssen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 29.200 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % p.a. vom 15.2.2007 bis zum 31.7.2009 und i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.8.2009 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung von 30 Stück Lehman Treasury Co. B. V. Global Champion ZT07 (13.5.2010) Index Bskt., WKN A0MJHE,...

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