Leitsatz (amtlich)

1. Präventive Maßnahmen des Objektschutzes und der Anlagensicherheit, die darauf abzielen, die für den Energietransport notwendigen Anlagen(-teile) des Übertragungs- oder Fernleitungsnetzes gegen äußere, namentlich terroristische Angriffe abzusichern, können als genehmigungsfähige Umstrukturierungsinvestitionen im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 ARegV anzuerkennen sein.

2. Die mit derartigen (Schutz-)Maßnahmen einhergehende Erhöhung der Versorgungssicherheit durch Stärkung der Resilienz dieser Netzkomponenten gegenüber solchen Bedrohungen stellt eine Veränderung von sonstigen für den Netzbetrieb erheblichen technischen Parametern dar.

3. Das Fehlen eines unmittelbaren Bezugs zur Funktionalität des Netzes bzw. zur Transportfunktion steht dieser Einstufung nicht entgegen. Ausreichend ist insoweit, dass sich die (Schutz-)Maßnahmen auf die für den Transport und die Verteilung wesentliche Netzinfrastruktur beziehen, indem sie deren Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren, namentlich terroristischen Angriffen erhöhen und damit die potentielle Verfügbarkeit des Energieversorgungssystems verbessern. Dies begründet einen hinreichenden (mittelbaren) Zusammenhang zur Transportfunktion und zum Netzbetrieb.

 

Tenor

Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 01.07.2021 (...) wird insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Teilmaßnahme "Objektschutz/Anlagenhärtung" die Genehmigung als Investitionsmaßnahme abgelehnt worden ist. Die Bundesnetzagentur wird verpflichtet, den Antrag der Beschwerdeführerin vom 31.03.2017 in Gestalt des Änderungsantrags vom 30.06.2020 hinsichtlich dieser Teilmaßnahme unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Verfahrensbeteiligten trägt die Bundesnetzagentur.

Der Beschwerdewert wird auf ... Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beschwerdeführerin, Betreiberin eines Elektrizitätsübertragungsnetzes, wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die (teilweise) Ablehnung ihres Antrags auf Genehmigung einer Investitionsmaßnahme nach § 23 Abs. 1 ARegV hinsichtlich der Teilmaßnahme "Objektschutz/Anlagenhärtung" aus dem (Gesamt-)Projekt "Maßnahmenpaket 203_1: Umsetzung Sicherungskonzept" (ursprünglich: "Nationale kritische Infrastruktur"). Die streitgegenständliche Teilmaßnahme zielt auf eine Verstärkung der Objektschutzinfrastruktur gegenüber terroristischen Anschlägen bei acht als nationale kritische Infrastruktur (NKI) eingestuften Umspannwerken (UW) der Beschwerdeführerin.

Das (Gesamt-)Projekt ist Bestandteil einer im Jahr 2011 gestarteten Initiative zum Schutz nationaler kritischer Infrastruktur vor namentlich terroristischen Anschlägen. In diesem Kontext führten die Beschwerdeführerin und die anderen Übertragungsnetzbetreiber - in enger Abstimmung mit dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) sowie dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter Beteiligung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), des Bundeskriminalamts (BKA) und der Bundesnetzagentur - auf Basis vom BBK vorgegebener Gefährdungs- und Einwirkungsszenarien verschiedene, immer weiter spezifizierte Analysen und Untersuchungen durch, die zunächst darauf abzielten, die konkret als nationale kritische Infrastruktur einzustufenden Anlagen und Anlagenkomponenten der Übertragungsnetze zu ermitteln, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen auf die Stromversorgung in der Bundesrepublik Deutschland haben kann. Daran anknüpfend erarbeiteten die Übertragungsnetzbetreiber sodann Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen, um diese Netzinfrastruktur gegen entsprechende Angriffe abzusichern. Die Untersuchungen und Analysen wurden bis Ende 2019 abgeschlossen. Die finalen Sicherheitskonzepte der einzelnen Übertragungsnetzbetreiber sowie ein gemeinsamer Bericht nebst gemeinsamem Sicherungskonzept (4-ÜNB-Sicherungskonzept) wurden Ende Juni 2020 vorgelegt.

Die Analysen und Berichte wurden seitens des im BMWi zuständigen Staatssekretärs Y mit Schreiben vom 22.10.2020 (Anlage BF 5) auch im Namen des BMI abgenommen. In dem Schreiben wurde das im Rahmen der Makroanalyse untersuchte Szenario als weiterhin aktuell und eine Erhöhung des Schutz- bzw. Sicherheitsniveaus als ausdrücklich erwünscht bezeichnet. Insbesondere wurde die vorgeschlagene Maßnahme "Objektschutz/Anlagenhärtung" für bestehende Umspannwerke ausdrücklich als zum Schutz dieser Anlagen geeignet und erforderlich qualifiziert und eine möglichst zügige Umsetzung angeregt bzw. gefordert. Hinsichtlich der Kostentragung wurde auf die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur und die dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren verwiesen.

Die Beschwerdeführerin hatte bereits am 31.03.2017 während des noch laufenden (Analyse-)Prozesses einen Antrag auf Genehmigung einer Investitionsmaßnahme gemäß § 23 Abs. 1 ARegV für das Projekt "M...

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