Leitsatz (amtlich)

Die Gemeinde ist bei Abriss eines Hauses im Wege der Ersatzvornahme nicht verpflichtet, die Bestandsfähigkeit und Funktionsfähigkeit einer Kommunmauer herzustellen.

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Urteil vom 30.06.2017; Aktenzeichen 5 O 1108/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des Landgerichts Zwickau vom 30.06.2017 - Az.: 5 O 1108/10 - unter Aufhebung im Kostenpunkt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Nebenintervention zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten der Beklagten und des Streithelfers vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt von der beklagten Stadt Schadensersatz im Zusammenhang mit den Folgen eines Abrisses eines seinem Mietshaus benachbarten Gebäudes.

Vorab wird auf die vom Landgericht Zwickau festgestellten Tatsachen Bezug genommen, vgl. § 539 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht Zwickau hat mit Schlussurteil vom 30.06.2017 der Klage teilweise stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Urteilsgründe im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihr am 06.07.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit beim Oberlandesgericht am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 02.08.2017 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr bis zum 04.10.2017 verlängerten Frist begründet.

Die Beklagte trägt in der Berufungsinstanz vor:

Das Urteil des Landgerichts Zwickau werde hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 15.238,33 EUR zur Überprüfung gestellt. Das Urteil werde diesbezüglich der Sach- und Rechtslage nicht gerecht und könne insofern in der Gesamtschau keinen Bestand haben.

Das Landgericht sei zunächst fehlerhaft davon ausgegangen, dass es zu den Amtspflichten der Beklagten als die den Abriss verfügende Körperschaft gehört habe, eine Vertikalsperre als Feuchtigkeitsschutz in Bezug auf die nunmehr freistehende Giebelwand anzubringen. Insofern habe sich das Gericht auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bezogen, dass sich bei der Planung und Vorbereitung des Abrisses förmlich aufgedrängt hätte, das Unterbleiben der Anbringung eines entsprechenden Feuchtigkeitsschutzes durch eine Vertikalsperre würde zu einem Feuchtigkeitseintrag in die Giebelwand und somit auch in das benachbarte Gebäude des Klägers führen. Insoweit sei zwar festgestellt worden, dass eine Vertikalabdichtung erforderlich gewesen sei, nicht jedoch aber, ob deren Anbringen eine Verpflichtung der Beklagten darstelle, die weder Eigentümerin des Nachbargebäudes noch der Giebelwand gewesen sei, sondern vielmehr im Wege der Ersatzvornahme im Zuge der öffentlichen Gefahrenabwehr die Abbrucharbeiten angewiesen und durch Fachbetriebe habe durchführen lassen. Insoweit habe sich das Landgericht von den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen leiten lassen, dass die Beklagte nach den Regeln der HOAI eine sogenannte "Vollarchitektur" geschuldet habe. Die Beklagte habe jedoch nicht als Grundstückseigentümerin des Grundstückes F... Straße xx die Abbruchmaßnahme realisiert, sondern als Bauordnungsbehörde zur Abwendung öffentlich-rechtlicher Gefahren durch das - unstreitig - einsturzgefährdete Gebäude des Grundstückes F... Straße xx fungiert. Daher sei sie gehalten gewesen, zur Abwendung öffentlich-rechtlicher Gefahren entsprechende Sicherungsmaßnahmen am einsturzgefährdeten Gebäude vorzunehmen. Insoweit definierten sich auch der Umfang der Abbruchmaßnahmen aus den Aufgaben der Beklagten aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, namentlich der Sächsischen Bauordnung. Die eigentliche Vorfrage, nämlich welche Amtspflichten die Beklagte überhaupt innegehabt habe, sei vom Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise nicht geklärt worden. Demgemäß habe weder das Landgericht noch der gerichtliche Sachverständige klar feststellen können, ob die Beklagte bei Durchsetzung der Abbruchverfügung eine ihr obliegende Verpflichtung verletzt habe und somit dem Kläger dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sei. §§ 921 ff. BGB richteten sich nur gegen den Nachbarn.

Darüber hinaus habe das Landgericht fehlerhaft vermeintliche Schäden am Eigentum des Klägers auf die Abbrucharbeiten der Beklagten zurückgeführt. Insbesondere die Feuchtigkeitsschäden sollen im Wesentlichen auf die Abbrucharbeiten und die angeblich nicht durchgeführten Sicherungsmaßnahmen zurückzuführen sein. Dabei habe weder das Landgericht noch der gerichtliche Sachverständige das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten zur Kausalitätsproblematik berücksichtigt. Vor Abbruch des Gebäudes habe die Beklagte - unstreitig - eine Beweissicherung durch den Streithelfer durchführen lassen. B...

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