Normenkette

BGB §§ 1603, 1607

 

Verfahrensgang

AG Freiberg (Aktenzeichen 1 F 283/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 08.06.2005; Aktenzeichen XII ZR 75/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG – FamG – Freiberg vom 27.9.2002 insoweit aufgehoben und die Klage abgewiesen, als der Beklagte hierdurch für den Zeitraum 1.2.2000 bis 31.7.2000 zu Unterhaltszahlungen an die Klägerin verurteilt worden war.

II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am … geborene Klägerin ist die Enkelin des Beklagten. Sie nimmt diesen auf Zahlung von Verwandtenunterhalt für den Zeitraum ab dem 1.2.2000 in Anspruch.

Mit Versäumnisurteil des AG Freiberg vom 9.7.1999 war der Vater der Klägerin, der Sohn des Beklagten, verurteilt worden, an diese einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 341 DM zu zahlen. Von einer weiteren Vollstreckung sah die Klägerin im Hinblick auf das unzureichende Einkommen des Vaters aus Arbeitslosengeld und später aus Arbeitslosenhilfe (im Jahre 2000 1.000 DM/Monat) ab. Die Mutter der Klägerin, deren Kinder verstorben sind, bezieht Sozialhilfe. Der Beklagte bezog bis zum 30.6.2000 eine monatliche Rente i.H.v. 2.092,55 DM, seine Ehefrau erhielt Rentenzahlungen i.H.v. 1.284,20 DM. Ab dem 1.7.2000 erhielt der Beklagte 2.109,86 DM, die Ehefrau 1.314,14 DM Rente/Monat. Bis zum 31.7.2000 lebten der Beklagte und seine Ehefrau im eigenen Haus in … . Für zwei Darlehen zur Modernisierung des Hauses zahlten sie monatlich 69,50 DM und 48,13 DM. Seit dem 1.8.2000 leben sie in …; im Jahre 2000 betrug dort der Mietzins nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin insgesamt 810 DM.

Das AG hat den Beklagten verurteilt, für den Zeitraum 1.2.2000 bis 31.7.2000 monatlich 161,02 Euro Unterhalt an die Klägerin zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dem Beklagten sei für diesen Zeitraum lediglich ein angemessener Selbstbehalt von 1.645 DM zuzugestehen. Zwar seien grundsätzlich die Selbstbehaltssätze heranzuziehen, die in Anspruch genommene volljährige Kinder ggü. ihren Eltern abziehen dürften. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn – wie hier – minderjährige Kinder einen Anspruch ggü. ihren Großeltern erhöben. Dem Schutzbedürfnis der Großeltern werde in einem solchen Falle hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass diese keiner verschärften Erwerbspflicht unterlägen und vorrangige Unterhaltsverpflichtungen vorweg abziehen könnten. Für den Zeitraum bis zum 31.7.2000 sei mithin der Unterhaltsbedarf der Klägerin (465 DM Regelbedarf abzgl. hälftiges Kindergeld) durch den Beklagten sicherzustellen. Zu seinem Einkommen aus Altersrente sei zwar ein Wohnwert i.H.v. 217,50 DM hinzuzusetzen. Abzuziehen sei jedoch der Anspruch der Ehefrau auf Familienunterhalt nach § 1360 i.V.m. § 1360a BGB, der unter Berücksichtigung der eigenen Rente der Ehefrau noch 143,30 DM betrage. Unter Beachtung dessen sei der Beklagte lediglich bis zu seinem Umzug nach … leistungsfähig, da ab diesem Zeitpunkt sowohl für den angemessenen Selbstbehalt als auch für den Unterhaltsanspruch der Ehefrau die höheren Beträge der Düsseldorfer Tabelle anzusetzen seien.

Gegen das ihnen am 14.10. und 17.10.2002 zugestellte Urteil haben die Klägerin und der Beklagte jeweils selbstständig am 12.11 und 6.11.2002 Berufung eingelegt. Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Ehefrau des Beklagten sei in der Lage, ihr Existenzminimum aus eigenen Mitteln sicherzustellen; ein Abzug vom Einkommen des Beklagten sei daher nicht vorzunehmen. Für den Zeitraum ab dem 1.8.2000 könne sich der Beklagte allenfalls auf den notwendigen Selbstbehalt für einen Nichterwerbstätigen i.H.v. 1.300 DM berufen, keinesfalls jedoch auf den vom AG angesetzten Betrag von 1.800 DM. Dieser sei insb. deshalb nicht passend, weil der Beklagte nicht erwerbstätig sei.

Sie beantragt, das Urteil des AG Freiberg vom 27.9.2002 aufzuheben und den Beklagte zu verurteilen an die Klägerin zu Händen der gesetzlichen Vertreterin monatlichen Kindesunterhalt i.H.v.

  • 238 Euro abzgl. Kindergeld i.H.v. 69 Euro für den Zeitraum 1.2.2000 bis 31.12.2000,
  • 238 Euro ohne Anrechnung staatlichen Kindergeldes für den Zeitraum 1.1.2001 bis 30.6.2001,
  • 249 Euro ohne Anrechnung staatlichen Kindergeldes für den Zeitraum 1.7.2001 bis 31.12.2001 sowie ab dem 1.1.2002

zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des AG Freiberg vom 27.9.2002 dahin gehend abzuändern, dass die Klage auch für der Zeitraum 1.2.2000 bis 31.7.2000 abgewiesen wird.

Er vertritt die Auffassung, das AG sei von grundsätzlich zutreffenden Erwägungen ausgegangen, habe aber den Selbstbehalt des Beklagten zu niedrig angesetzt. Der Beklagte habe sich berechtigterweise darauf verlassen dürfen, seine Rente für seinen Lebensunterhalt aufwenden zu dürfen. Die vom AG herangezogene familiäre Solidarität greife vorliegend überdies nich...

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