Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wettbewerbsverbot, das dem Mieter von zum Betrieb einer Apotheke in einem Einkaufszentrum angemieteten Räumen auferlegt wird, verstößt gegen § 305c Abs. 1 BGB, wenn es in einem vom Vermieter gestellten 25-Seiten Formularmietvertrag auf der vorletzten Seite unter "Sonstiges" geregelt ist.

2. Ein solches Wettbewerbsverbot, das ausschließlich dem Mieter den Betrieb eines Konkurrenzgeschäfts im räumlichen Umkreis von drei Kilometern um das in der Innenstadt gelegene Einkaufszentrum herum für die gesamte Vertragslaufzeit von 10 Jahren untersagt, benachteiligt den Mieter gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB unangemessen.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Urteil vom 15.07.2005; Aktenzeichen 10 O 1378/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Dresden vom 15.7.2005 - 10 O 1378/05, wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Klausel in Ziff. 22.1, Teil B des von den Parteien geschlossenen Mietvertrages vom 2.04/3.4.2002 unwirksam ist.

2. Widerklage und Hilfswiderklage werden abgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 6/5 des jeweils von der Klägerin vollstreckbaren Betrages abwenden, falls die Klägerin nicht zuvor Sicherheit i.H.v. 6/5 des zu vollstreckenden Betrages erbringt.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 145.350,05 EUR.

 

Tatbestand

Die Beklagte nimmt die Klägerin auf Räumung eines gewerblich genutzten Mietobjekts in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte wegen Verstoßes gegen eine vertragliche Wettbewerbsklausel zur außerordentlichen Kündigung berechtigt war.

Die Klägerin ist Apothekerin und mietete von dem Beklagten mit Vertrag vom 2.4./3.4.2002 in der "A.-Galerie", einem in der Innenstadt von Dresden gelegenen Einkaufszentrum, eine Ladenfläche im Erdgeschoss zum Betrieb einer Apotheke; die monatliche Miete betrug anfänglich 23.690 DM netto kalt. Das Mietverhältnis sollte auf die Dauer von 10 Jahren geschlossen werden. Vermieterin des Beklagten, der selbst kein Apotheker ist, ist die Firma A.-Galerie Dresden KG, vertreten durch die Firma E. Projektmanagement GmbH & Co. KG. Diese schloss mit dem Beklagten am 23.4./10.5.2002 über die streitgegenständliche Ladenfläche einen Mietvertrag für eine Laufzeit von 15 Jahren.

Beide Mietverträge sind in vier Teile (Teil A, B, C, D) aufgegliedert. Ziff. 2.2 in Teil B der Verträge mit der Überschrift "Mietzweck/Ausschluss Konkurrenzschutz" lautet jeweils: "Die Vertragschließenden sind sich darüber einig, dass der Mieter für die Dauer des Mietverhältnisses keinen Konkurrenz- oder Sortimentsschutz irgendwelcher Art für sich in Anspruch nehmen kann.". Nr. 22 enthält unter der Überschrift "Sonstiges" jeweils folgende Bestimmung: "Vom Zeitpunkt der Abgabe des Mietangebotes bis zur Beendigung des Mietverhältnisses ist es dem Mieter untersagt, in einem Umkreis von drei Kilometern um das Einkaufszentrum herum ein gleichartiges oder ähnliches Geschäft neu zu betreiben, wie er es im Einkaufszentrum unterhält, und zwar weder direkt noch indirekt. Entsprechendes gilt für die Beteiligung an solchen Unternehmen oder eine irgendwie geartete Mitwirkung an ihrem Betrieb."

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war es Apothekern nicht gestattet, Filialapotheken zu betreiben. Dagegen ermöglichen die seit dem 1.1.2004 geltenden §§ 1 Abs. 2, Abs. 2 ApoG einem Apotheker grundsätzlich die Unterhaltung von bis zu drei Filialapotheken, die innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder innerhalb einander benachbarten Kreise oder kreisfreier Städte liegen müssen. Die Klägerin betreibt in den streitgegenständlichen Räumen seit dem 18.9.2002 eine Apotheke. Sie eröffnete am 22.3.2005 in dem außerhalb der "A.-Galerie" gelegenen Gebäude Dr.-K.-Ring 13 in Dresden eine weitere Apotheke, die sie seither betreibt. Diese Apotheke befindet sich im Bereich des Zugangs zum Einkaufszentrum "A.-Galerie".

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 14.4.2005 das Mietverhältnis mit der Klägerin unter Verweis auf den vertragswidrigen Betrieb der zweiten Apotheke außerordentlich gekündigt. Er nimmt die Klägerin (widerklagend) auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts in Anspruch. Das LG hat die Widerklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Ebenso ist ihr im Wege der Widerklage erhobene Feststellungsantrag zulässig. In der Sache hat die Berufung mit diesem Antrag Erfolg.

I.1. Der in der Berufungsinstanz erstmals gestellte Antrag der Klägerin auf Feststellung der Unwirksamkeit der Klausel in Ziff. 22.1, Teil B des Mietvertrages vom 2.4./3.4.2002 ist als Zwischenfeststellungswiderklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig; einer Zulassung nach § 533 ZPO bedarf es insoweit nicht (BGH NJW 1970, 425).

Die Fra...

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