Entscheidungsstichwort (Thema)

Kartellrechtlich zulässige Kündigung von Schülertransportverträgen

 

Leitsatz (amtlich)

Widersetzen sich mit Schülertransporten beauftragte Busunternehmer dem auf zwar umstrittener aber rechtlich vertretbarer rechtlicher Grundlage beruhenden Konzept eines Landkreises zur Neuorganisation des öffentlichen Personennahverkehrs, mit dem die Schülertransporte auf den Linienverkehr verlegt werden sollen, so diskriminiert die landkreiseigene GmbH, die mit der Durchführung des Schülerfreistellungsverkehrs beauftragt ist, diese Unternehmer nicht, wenn sie die mit diesen geschlossenen Transportverträge kündigt.

 

Normenkette

GWB § 20

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 18 O 5/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen KZR 32/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Hannover v. 12.12.2000 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 23.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Parteien wird gestattet, Sicherheit durch schriftliche, selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu leisten.

Beschwer: über 60.000 DM.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren Feststellung, dass die Kündigungen der Verträge über die Schülerbeförderung zwischen ihnen und der Beklagten vom 18.7.1999 aus kartellrechtlichen Gründen unwirksam seien.

Die Kläger betreiben gewerbliche Busverkehre, und zwar sowohl im Rahmen des Linienverkehrs als auch des Schülertransports nach der Freistellungsverordnung zum PBefG. Bis Ende 1999 führten sie in den Bereichen des Landkreises Emsland Mitte und Emsland Nord einen nicht unerheblichen Teil der Schülertransporte durch. Die entsprechenden Jahresverträge der Kläger (vgl. Bl. 13 ff. d.A.) kündigte die Beklagte – eine 100 %ige Tochter des Landkreises Emsland – mit Schreiben vom 18.7.1999 fristgerecht zum Jahresende (Bl. 28 ff.). Hiergegen wenden sich die Kläger.

Der Landkreis Emsland plant in den Bereichen Mitte und Nord eine Umstrukturierung des Busverkehrs. Zur Durchsetzung dieses in einem Nahverkehrsplan festgelegten Zieles bedient sie sich der beklagten GmbH. Anders als im südlichen Bereich des Landkreises werden die Linienverkehre und die Schülertransporte in Emsland Mitte und Nord unabhängig voneinander betrieben. Schüler fahren also auf dem Schulweg nicht mit den Linienbussen, sondern in gesonderten Schulbussen, die für andere Personen und andere Fahrten nicht nutzbar sind. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass eine Veränderung anzustreben ist.

Allein die Art der Veränderung ist umstritten. Die Kläger haben im Jahre 1997 Vorschläge vorgelegt, die der Landkreis nicht akzeptierte. Den vom Landkreis beschlossenen Nahverkehrsplan, den die Beklagte umsetzen will, lehnen die Kläger ab, weil sie danach auch Linien im Auftrag der Beklagten fahren sollen.

Nach diesem Plan sollen die Unternehmen, die im Bereich Emsland Mitte und Nord Linienkonzessionen besitzen, sich zu einer bereits zum Handelsregister angemeldeten Betreibergesellschaft zusammenschließen, der Lokalbus Emsland GmbH. Diese soll dazu dienen, die Kooperation der verschiedenen Unternehmen zu verbessern und zu sichern (Nahverkehrsplan, S. 263 f.). Zudem sollen die Freistellungsverkehre auf die Linien verlagert werden. Die Kläger lehnen die Mitgliedschaft in dieser Gesellschaft ab. Inzwischen hat die Beklagte von der zuständigen Bezirksregierung Weser-Ems die Konzession zum Betreiben verschiedener Linien erhalten, die zuvor beim Landkreis Emsland lagen. Darüber hinaus hat die Bezirksregierung der Beklagten zwei Linien übertragen, die zuvor die Klägerin zu 5) befuhr. Über das hiergegen eingelegte Rechtsmittel ist noch nicht entschieden.

Zur Umsetzung der Neuorganisation des ÖPNV schloss die Beklagte in einem ersten Schritt Kooperationsverträge mit Unternehmen, die – wie die Kläger – über Linienlizenzen verfügen, um erste Freistellungsverkehre auf die Linien zu bringen. Die Parteien streiten verwaltungsgerichtlich über die Vergabe neuer Linienkonzessionen durch die Bezirksregierung.

Schließlich kam es – auch weil zwischen den Parteien eine Einigung nicht zu erzielen war – zu den oben bereits erwähnten Kündigungen vom 18.6.1999. Freistellungsverkehre anderer Busunternehmer – mit denen die Beklagte auch keine Kooperationsverträge geschlossen hat – werden auf vertraglicher Basis unverändert fortgeführt.

Nach der Kündigung der Verträge schrieb die Beklagte die Freistellungsverkehre in einem europaweiten Vergabeverfahren für einen Zeitraum von bis zu gut 1 1/2 Jahren aus. Die Kläger beteiligten sich an diesem Verfahren als Bietergemeinschaft Busverkehr Emsland und erhielten – auf ein ausgesprochen niedriges Angebot – den Zuschlag. Sie befahren je...

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