Normenkette

ZPO §§ 321a, 522 Abs. 2, § 525 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Stade (Beschluss vom 19.06.2003; Aktenzeichen 4 O 163/98)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, den Senatsbeschluss vom 19.6.2003 aufzuheben und das Verfahren fortzusetzen, wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten dieses Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

Gründe

I. Der Antrag, mit dem der Beklagte die Aufhebung des seine Berufung als unbegründet zurückweisenden Beschlusses (§ 522 Abs. 2 ZPO) erstrebt, ist unstatthaft. Der Senat schließt sich der überzeugend begründeten Auffassung des 20. Zivilsenats des OLG Celle in dessen Beschluss vom 30.5.2003 (OLG Celle, Beschl. v. 30.5.2003 – 20 U 76/02, OLGReport Celle 2003, 316) an.

Das Verfahrensrecht sieht einen solchen Rechtsbehelf nicht vor. § 522 Abs. 3 ZPO schreibt vielmehr die Unanfechtbarkeit des Beschlusses und damit die endgültige Beendigung des Instanzenzuges fest. Die Selbstkorrektur einer Entscheidung durch das Gericht, das sie erlassen hat, und wie sie der Beklagte mit seiner Rüge erstrebt, sieht das Gesetz nur in bestimmten Ausnahmefällen vor, etwa die Abhilfemöglichkeit im Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 572 Abs. 1 ZPO), auf eine Gegenvorstellung hin und im Urteilsverfahren in den Fällen des § 321a ZPO. Im Übrigen ist das erkennende Gericht an seine getroffene Entscheidung gebunden und zu einer Abänderung nicht befugt (§ 318 ZPO).

§ 321a ZPO ist weder direkt noch über die Verweisungsnorm des § 525 Satz 1 ZPO auf unanfechtbare Zurückweisungsbeschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO anwendbar.

1. Die analoge Anwendung des § 321a ZPO scheidet aus, weil jede Gesetzesanalogie eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes voraussetzt. Daran fehlt es aber nicht schon dann, wenn für einen Sachverhalt eine Regelung fehlt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Einl. vor § 1 Rz. 47), sondern nur, wenn der Gesetzgeber es übersehen hat, einen regelungsbedürftigen Sachverhalt zu kodifizieren. Dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens lässt sich dieses nicht entnehmen, im Gegenteil. Denn der Gesetzgeber ist dem Votum des Bundesrates, der eine Abhilfemöglichkeit zur Beseitigung von Verfahrensgrundrechtsverletzungen für alle unanfechtbaren Verfahrensentscheidungen einschl. solcher nach § 522 Abs. 2 ZPO befürwortet hat, nach Stellungnahme der Bundesregierung ganz bewusst nicht gefolgt (vgl. zu Entstehungsgeschichte OLG Celle, Beschl. v. 30.5.2003 – 20 U 76/02, OLGReport Celle 2003, 316).

2. Nach der Entstehungsgeschichte scheidet auch der im Gesetz nicht vorgesehene, jedoch ausnahmsweise für statthaft gehaltene Rechtsbehelf der Gegenvorstellung aus. Soweit die Rspr. diesen Rechtsbehelf, der gesetzlich ohnehin nicht vorgesehen ist, entwickelt hat (vgl. etwa Schneider, MDR 2001, 845 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. und 21. Aufl., jew. Einl. Rz. 103; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 567 Rz. 22 ff.), hat der Gesetzgeber diese Rspr. nur in Bezug auf die wegen Nichterreichens der Beschwerdesumme nicht anfechtbaren erstinstanzlichen Urteile aufgegriffen und eine Neuregelung in § 321a ZPO für diese Fallkonstellation geschaffen. Wie schon ausgeführt ist er dabei den ausdrücklich vorgetragenen Bedenken des Bundesrates gegen die Neuregelung des § 321a ZPO und dessen Ansinnen, die Möglichkeit der Beseitigung von Verfahrensgrundrechtsverletzungen auf alle mit einem ordentlichen Rechtsbehelf nicht anfechtbare Entscheidungen einschl. der Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO zu erstrecken (BT-Drucks. 14/4722, 148), nach Stellungnahme der Bundesregierung, die eine „Überprüfung der Überprüfungsentscheidung” im Interesse der Rechtssicherheit und des effektiven Ressourceneinsatzes abgelehnt hat (BT-Drucks. 114/4722, 156), gerade nicht gefolgt. Dass der Gesetzgeber dabei der Meinung war, verfahrensgrundrechtsverletzende Zurückweisungsbeschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO seien – außer mit der Verfassungsbeschwerde – auch noch auf eine allgemeine Gegenvorstellung hin zu korrigieren, lässt sich dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens nicht entnehmen. Dies gilt um so mehr, als die Gegenvorstellung gegen verfahrensbeendende Beschlüsse auch früher schon teilweise abgelehnt wurde (vgl. Baumbach/Albers, ZPO, Grunds. § 567 Rz. 4).

Durch den Beschluss des 9. Zivilsenats des BGH vom 7.3.2002 (BGH v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133 = MDR 2002, 901 = BGHReport 2002, 431) sieht sich der Senat nicht gehindert, wie erkannt zu entscheiden, denn die Entscheidung bezieht sich nicht auf Zurückweisungsbeschlüsse des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO, sondern auf die Beanstandung eines Beschlusses des Beschwerdegerichts im Vollstreckungsverfahren. Er hat ausgeführt, nach der Neuordnung des Rechtsmittelrechts gebe es neben der Rechtsbeschwerde keine außerordentliche Beschwerde zum BGH. Verfassungsverstöße könnten auf eine Gegenvorstellung hin vom iudex a quo korrigiert werden. Selbst wenn man diesen Grundsatz – generelle Abhilfemöglichkeit des iudex a quo bei Grundrechtsverletzungen trotz Fehlens einer gesetzlichen Regelung – grundsätzlich auf alle geri...

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