Leitsatz (amtlich)

1. Schadensersatzansprüche gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wegen Verletzung der Pflicht zur Information und wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung verjähren gem. § 37a WpHG innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt des Erwerbs der Wertpapiere.

2. Die Grundsätze der sog. Sekundärverjährung sind auf Fälle der Anlageberatung durch Kreditinstitute nicht anwendbar.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 24.06.2004; Aktenzeichen 2 O 2948/03a)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Bremen - 2. Zivilkammer - v. 24.6.2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter Verletzung einer Aufklärungs- und Beratungspflicht im Wertpapierhandels- und Bankgeschäft.

Die am 7.8.1932 geborene Klägerin unterhält bei der Beklagten, einem Finanzdienstleistungsunternehmen, ein Wertpapierdepot. Im November 1996 kaufte sie bei der Beklagten 100 Stück Telekom Aktien. Im Zusammenhang mit diesem Aktienkauf fand am 13.11.1996 ein Gespräch zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin der Beklagten statt. Im Rahmen dieses Gespräches wurde von der Klägerin ein sog. Erfassungsbogen (Anl. B1 = Bl. 29 d.A.) unterschrieben. Dort wurden ihre Anlageziele als "mittelfristig" und ihre Risikobereitschaft als "risikobewusst" bezeichnet.

Im Oktober 1997 erwarb die Klägerin bei der Beklagten festverzinsliche Papiere, die mit 5 % jährlich verzinst wurden. Im März 2000 verkaufte sie diese Wertpapiere und erwarb von dem Verkaufserlös über die Beklagte am 7/8.3.2000 (Bl. 9 f., 23 d.A.) Anteile des DEKA Technologie CF Fonds und des Deka Europa Select Fonds für insgesamt Euro 15.635,52 (Anl. 3 und 4, Bl. 9 f.).

Die Klägerin hat behauptet, sie sei in Aktiengeschäften völlig unerfahren gewesen. Sie habe im Jahre 1996 eine kleinere Erbschaft gemacht und diese sicher anlegen wollen. Deswegen habe sie festverzinsliche Wertpapiere bei der Beklagten erworben.

Anfang März 2000 habe ein Mitarbeiter der Beklagten sich an sie gewandt und ihr die Änderung der Anlageform empfohlen. Ohne dass sie (Klägerin) über die Risiken der spekulativen Fonds-Anteile aufgeklärt worden sei, habe die Beklagte diese Anteile für sie erworben, die erhebliche Verluste gebracht hätten.

Da die Aufklärung der Beklagten weder anleger- noch anlagegerecht gewesen sei, müsse sie ihr (Klägerin) Schadensersatz leisten, indem sie ihr den Kaufpreis für die von ihr erworbenen Wertpapiere Zug um Zug gegen Übertragung der entsprechenden Papiere erstatte und den durch die vorzeitige Auflösung der festverzinslichen Wertpapieranlage eingetretenen Zinsverlust ersetze.

Die Klägerin hat mit der am 30.12.2003 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 19.1.2004 zugestellten Klage beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an die Klägerin 15.635,52 Euro Zug um Zug gegen Übereignung der Rechte aus den Wertpapieren in dem Wertpapierdepot zu den Depotkonten 700098119 und 700098199 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. an die Klägerin 1.533,88 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin sei in Aktiengeschäften erfahren gewesen und überdies von den Mitarbeitern der Beklagten über die Risiken der von ihr getätigten Aktiengeschäfte aufgeklärt worden. Da die Klägerin die konservative Anlage ihres Vermögens für zu langweilig gehalten habe, habe sie im März 2000 den Erwerb von Aktien des Neuen Marktes gewünscht. Nach entsprechender Risikobelehrung habe die Beklagte daraufhin die von der Klägerin gewünschten Fonds-Anteile erworben.

Die Beratung der Klägerin sei umfassend gewesen. Sie sei darauf hingewiesen worden, dass Kursschwankungen und Verlustrisiken auftreten könnten. Die Klägerin habe eine risikobewusste Anlage gewünscht. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden deshalb nicht.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit Urt. v. 24.6.2004 (Bl. 97 ff.), auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und hinsichtlich der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass etwaige Ansprüche der Klägerin gem. § 37a WpHG verjährt seien. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 37a WpHG beginne mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin sei entstanden, als die Klägerin der Beklagten aufgrund einer etwaigen Falschberatung den ...

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