Leitsatz (amtlich)

1. Ein Fehler eines gebrauchten Kraftfahrzeugs (§ 459 Abs. 1 BGB a.F.) liegt vor, wenn der Stand des Kilometerzählers mit der wirklichen Fahrleistung nicht übereinstimmt und der Käufer von der Richtigkeit des angezeigten Kilometerstandes im Sinne einer Gesamtfahrleistung ausgehen durfte. Es gehört nämlich zu den Normaleigenschaften eines gebrauch ten Kraftfahrzeuges, nicht wesentlich mehr gefahren zu sein, als der Kilometerzähler anzeigt.

2. Offenbarungspflichtig ist ein gewerbsmäßiger Kraftfahrzeughändler hinsichtlich solcher Umstände, die zur Vereitelung des Vertragszwecks geeignet sind und die für die Entschließung des anderen Teils von wesentlicher Bedeutung sein können, vorausgesetzt, dass der Käufer die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten darf.

3. Der kurzfristige Ankauf durch einen Zwischenhändler, dessen genaue Anschrift in dem Kaufvertrag nicht angegeben ist, und der anschließende, aus den Kraftfahrzeugpapieren nicht ersichtliche Weiterverkauf an den (beklagten) Verkäufer – einen gewerbsmäßigen Kraftfahrzeugverkäufer –, sind Umstände, hinsichtlich derer der Verkäufer ggü. dem (klagenden) Käufer offenbarungspflichtig ist.

 

Normenkette

BGB § 459 Abs. 1 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 03.06.2003; Aktenzeichen 6 O 2455/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Bremen – 6. Zivilkammer, Einzelrichter – vom 3.6.2003 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 11.8.2003 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.051,76 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.6.2002 zu zahlen.

Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 92,84 % und der Kläger 7,16 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger darf die Vollstreckung i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 10.8.2001 kaufte der Kläger von dem Beklagten – einem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler – einen Pkw BMW 525 TDS Touring zu einem Preis von 21.500 DM. Die Gewährleistung wurde formularmäßig ausgeschlossen. In dem Kaufvertrag heißt es: „abgelesener km.-Stand: 123.000”. Unstreitig betrug die tatsächliche Laufleistung des verkauften Pkw jedoch 284.000 km. Der Wagen war im November 1995 erstmals zugelassen worden.

Kurz vor Abschluss des Kaufvertrages der Parteien vom 10.8.2001 war der Pkw von dem damaligen Eigentümer H.P.H. am 16.7.2001 an das Autohaus W. mit einem Kilometerstand von 284.000 zu einem Preis von (netto) 6.644,74 DM in Zahlung gegeben worden. Die entspr. Rechnung des Autohauses W. weist den genannten Kilometerstand ausdrücklich aus. Nach der Behauptung des Beklagten hat er – Beklagter – den an den Kläger verkauften Pkw BMW jedoch nicht von dem Autohaus W. erworben, sondern von einem B.F., und zwar behaupteter Maßen am 6.8.201. In dem von dem Beklagten vorgelegten diesbezüglichen Kaufvertrag zwischen ihm und Herrn F. ist die Adresse des F. nicht vollständig angegeben; als abgelesener Kilometerstand ist in dem Kaufvertrag „123.000” notiert.

Die Tatsache des sehr kurzfristig erfolgten Zwischenerwerbs, die aus den Fahrzeugpapieren nicht ersichtlich ist, sowie die näheren Umstände des von dem Beklagten behaupteten Kaufs am 6.8.2001 teilte der Beklagte dem Kläger nicht mit.

Der Kläger verlangt unter Hinweis auf die tatsächliche Laufleistung des von ihm erworbenen Pkw (284.000 km) von dem Beklagten Schadensersatz, den er wie folgt berechnet: Bei der tatsächlichen Laufleistung von 284.000 km betrage der Wert des Pkw allenfalls 6.644,74 DM. Er habe mithin einen um (21.500 - 6.444,74 DM = 14.855,26 DM =) 7.595,37 Euro zu hohen Kaufpreis gezahlt. Da der Kläger i.E. so zu stellen sei, als habe die Laufleistung des Pkw am 10.8.2001 tatsächlich nur 123.000 km betragen, müsse der Beklagte ihm 7.595,37 Euro als Schadensersatz zahlen.

Der Beklagte verweist insb. darauf, dass er nicht eine tatsächliche Laufleistung des Pkw von 123.000 km zugesichert habe; vielmehr sei lediglich auf den abgelesenen Kilometerstand hingewiesen worden.

2. Mit Urteil vom 3.6.2003 hat das LG Bremen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, eine Anspruchsgrundlage für die Forderung des Klägers sei nicht ersichtlich. Insbesondere habe der Beklagte dem Kläger eine Zusicherung hinsichtlich der Laufleistung des verkauften Pkw nicht gegeben; auch ein arglistiges Verhalten des Beklagten liege nicht vor.

3. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch i.Ü. zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung des Klägers ist überwiegend, nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, begründet.

Der Beklagte haftet dem Kläger unter Zugrundelegung seines eigenen V...

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