Verfahrensgang

LG Braunschweig (Aktenzeichen 11 O 2675/17 (410))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.07.2020; Aktenzeichen VI ZR 367/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 06.07.2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 06.07.2018 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 120% des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Berufungsstreitwert wird auf die Wertstufe bis 19.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Rechtsstreits sind Schadensersatzansprüche, die der Kläger als Erwerber eines bei einem Dritten gebraucht gekauften PKW V. T. gegen die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs geltend macht, weil dessen Motor zum Zeitpunkt des Erwerbs mit einer abgasbeeinflussenden Software ausgestattet war. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Zu ergänzen ist, dass der Kläger am 13.02.2017 und damit vor der erstmaligen Geltendmachung des Schadens mit Schreiben vom 22.09.2017 sowie der am 04.12.2017 erfolgten Klageerhebung ein von der Beklagten entwickeltes und ihm angebotenes Software-Update hat durchführen lassen. Das erstmals 2009 zugelassene Fahrzeug wies bei Erwerb durch den Kläger im April 2013 unstreitig eine Laufleistung von 85.000 Kilometern auf und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ebenso unstreitig eine solche von 170.585 Kilometern.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Denkbare vertragliche Ansprüche aufgrund einer folgenbehafteten Durchführung des Software-Updates schieden aus, weil der Kläger nicht hinreichend vereinzelt dargelegt habe, dass nach Aufspielen des Updates die maßgeblichen Emissionswerte nicht eingehalten würden. Dafür komme es allein auf die Einhaltung der Bedingungen im NEFZ an. Erhöhten Verschleiß könne der Kläger nicht geltend machen, da der Nacherfüllungsanspruch nicht weiter reichen könne als der Erfüllungsanspruch und dies im Verhältnis zum Hersteller erst recht gelten müsse. Er habe nicht dargelegt, welche Haltbarkeitsdauer er üblicherweise habe erwarten dürfen. Die Behauptung weiterer Folgeprobleme sei nicht hinreichend vereinzelt. Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB scheide schon deshalb aus, weil der Kläger keine relevante Täuschung dargelegt habe. Dem Vortrag sei nur zu entnehmen, dass eine solche offenbar auf ein Verschweigen der Software gestützt werden solle. Dafür aber fehle es an einer Garantenstellung. Selbst im Fall eines Kaufvertrages werde eine Aufklärungspflicht erst dann angenommen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von besonderem Gewicht gehe. Dazu passe, dass dem Gesetzgeber bei Schaffung der Regelungen für die Rückabwicklung des Kaufvertrages die Figur des arglistig handelnden Verkäufers bewusst gewesen sei, er aber gleichwohl den Rücktritt nicht ohne vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung gesetzlich zugelassen habe. Der Kläger habe auch nicht vereinzelt dargelegt, dass - was die Aufklärungspflicht eines Verkäufers ausgelöst hätte - die Fehlerhaftigkeit der Software einen wertbildenden Faktor von erheblichem Gewicht darstelle. Eine Garantenpflicht aus Ingerenz scheide aus, weil als verletzte Normen nur diejenigen des europäischen Fahrzeugzulassungsrechts in Betracht kämen, nach denen der Einsatz unzulässiger Abschaltvorrichtungen verboten sei. Diese dienten aber nicht den Vermögensinteressen des Klägers, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen. Der Kläger habe im Übrigen einen Schaden nicht dargelegt. Der Umstand, dass jemand durch Täuschung zum Abschluss eines Vertrages veranlasst worden sei, begründe nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Freistellung von den Verpflichtungen des Vertrages. Voraussetzung sei vielmehr, dass Leistung und Gegenleistung objektiv nicht gleichwertig seien oder aber eine gleichwertige Leistung für den Geschädigten nicht brauchbar sei. Dazu aber müsse der Wert der Leistung feststehen. Konkrete Angaben zum Wert von Leistung und Gegenleistung habe der Kläger nicht gemacht. Ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV scheide aus, weil der Schutzbereich der verletzten Vorschriften der EG-FGV nicht den Individualschutz des Klägers umfasse. Ferner liege auch kein Verstoß gegen die Vorschriften der EG-FGV vor. Ein Anspruch aus § 826 BGB komme nicht in Betracht, weil eine sittenwidrige Schädigung nicht dargelegt sei. Die Kammer gehe davon aus, dass dies allenfalls bei Verschweigen schwerwiegender Mängel der Fall sei, denen der Markt ganz erhebliche Bedeutung beimesse. Das sei nicht der Fall. Dazu passe auch in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber das arglistige Verschweigen...

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