Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Haustürsituation bei Empfehlung einer Kapitalanlage durch den eigenen Steuerberater

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es gehört zu den Aufgaben eines Steuerberaters, seinen Mandanten über eine zu erwartende hohe Steuerlast so rechtzeitig zu informieren, dass diesem eine eventuelle steuersparende Investitionstätigkeit noch möglich ist. Für das insoweit erforderliche Informations- und Beratungsgespräch ist der Steuerberater daher bereits aufgrund des zugrundeliegenden Steuerberatungsvertrages "bestellt" i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (jetzt § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB).

2. Vor diesem Hintergrund ist der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB) auch dann erfüllt, wenn ein Steuerberater einem Auftraggeber mit hohen Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit eine bestimmte Kapitalanlage empfiehlt. Denn jedenfalls bei einem solchen Mandanten lässt sich - objektiv betrachtet - von vornherein das grundsätzliche Interesse und somit die Erwartung voraussetzen, dass ihm auch und gerade im Rahmen des steuerlichen Beratungsverhältnisses Vorschläge für steuersparende Investitionen anhand eines konkreten Anlagemodells unterbreitet werden.

 

Normenkette

HWiG § 1 Abs. 2 Nr. 1 (jetzt BGB § 312 Abs. 3 Nr. 1)

 

Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Urteil vom 08.09.2006; Aktenzeichen 3 O 671/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.06.2008; Aktenzeichen XI ZR 348/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des LG Aschaffenburg vom 8.9.2006 - Az. 3 O 671/04 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die miteinander verheirateten Kläger machen Ansprüche wegen behaupteter Unwirksamkeit eines vom Kläger zu 1) mit der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Beteiligung an einem geschlossen Immobilienfonds geltend.

Die Kläger, die ehemals hohe Einkünfte aus Gewerbe und selbständiger Tätigkeit erzielten, hatten seit 1978 den Steuerberater A. mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Interessen beauftragt.

Dieser erläuterte ihnen bei einem Besuch in deren Privatwohnung im Dezember 1991, dass er festgestellt habe, dass die Einkünfte der Eheleute in jenem Jahr derart hoch seien, dass mit einer Steuerlast von ca 100.000 DM zu rechnen sei. Daher besprach er zugleich die Möglichkeiten steuersparender Geldanlagen noch in 1991.

So schlug er den Kauf einer Eigentumswohnung in M., darüber hinaus aber auch die Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds "S. Straße in D." der Firma X. Bau GmbH, W., vor. Der Vertrieb dieses Fonds erfolgte durch die Firma E. GmbH, für die A. ebenfalls als Steuerberater tätig war.

Der Kläger zu 1) entschloss sich neben dem Wohnungskauf in M. auch zu einer Beteiligung am vorbezeichneten Immobilienfonds und unterzeichnete bei einem gleichfalls noch im Dezember 1991 stattfindenden zweiten Besuch des Steuerberaters in der Wohnung der Eheleute eine Beitrittserklärung mit einer Einlage von 100.000 DM (Anlage K 8).

Gleichzeitig überließen die Eheleute alles weitere, insb. die Suche und Aushandlung der Kreditfinanzierung dieser Beteiligung, ihrem Steuerberater. Dieser trat daraufhin an die Beklagte heran, die wiederum einen Darlehensvertrag über 117.500 DM anbot, der vom Kläger zu 1) schließlich am 19.12.1991 in den Räumen der Beklagten unterzeichnet wurde (Anlage K 9).

Die Rückzahlung der Darlehenssumme sollte über eine gleichzeitig abgeschlossene, zur Sicherheit abgetretene Lebensversicherung erfolgen.

Der Kläger erzielte ab Fertigstellung des Fondsprojekts im Zeitraum 1993 bis 1999 Mietausschüttungen i.H.v. insgesamt 6.326,93 EUR sowie Steuervorteile in nicht bekannter Höhe. Gleichzeitig leistete er Zinszahlungen i.H.v. insgesamt 46.096 EUR.

R., der Geschäftsführer und einzige Gesellschafter der Firma X. Bau GmbH, hatte in dem für den Fonds erstellten Emissionsprospekt bei den Einzelpositionen "Kaufpreis Grundstück" und schlüsselfertige Erstellung" höhere Beträge angegeben, als tatsächlich für den Erwerb des Grundstücks und die schlüsselfertige Erstellung des Fondsobjekts verwendet werden sollten und auch tatsächlich verwandt wurden. Unter anderem deshalb wurde er wegen Untreue und Kapitalanlagebetrug vom LG München II im Strafverfahren W 5 KLs 63 Js 0000/00 durch Urteil vom 7.5.1999 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Kläger sind der Meinung, den abgeschlossenen Verträgen habe eine Haustürsituation zugrunde gelegen, so dass sie der Kläger zu 1) wirksam mit Klageschrift vom 27.12.2004 habe widerrufen können. Die Beklagte müsse sich die Haustürsituation unabhängig von ihrer möglicherweise fehlenden Kenntnis zurechnen lassen. Darlehensvertrag und Fondsbeteiligung bildeten im Übrigen ein verbundenes Geschä...

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