1 Leitsatz

Ein Beschluss "Genehmigung der Jahresabrechnung" ist insgesamt nichtig, wenn sich aus der Jahresabrechnung nicht die angepassten Vor- und Nachschüsse im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG ergeben.

2 Normenkette

§ 28 Abs. 2 Satz 1 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer "genehmigen" die "Nebenkostenabrechnung 2020". Die Abrechnung sieht unter einer Zeile "Gesamtkosten" eine Zeile mit der Überschrift "Nebenkostenvorauszahlungen" vor, darunter befindet sich eine Zeile "Guthaben", die bei sämtlichen Wohnungseigentümern ein Guthaben aufweist, die Zeile "Nachzahlung" ist jeweils leer. K meint, der Beschluss sei nicht von der Beschlusskompetenz des § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG gedeckt.

4 Die Entscheidung

Dies sieht das LG auch so! Der Beschluss sei nichtig. Soweit K rüge, es fehlten, mit Ausnahme der Hausgelder, Angaben zu den Einnahmen, sei dies allerdings unerheblich. K habe – ggf. nach einer Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen – vortragen müssen, welche Einnahmen fehlen. Ebenso könne die Anfechtung nicht auf das Fehlen eines Vermögensberichts gestützt werden. Dieser habe auf die Beschlussfassung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG keine Auswirkungen, sondern stehe isoliert neben der Abrechnung. Es fehle aber an einer Beschlusskompetenz für den Beschluss. Dass mit dem Beschluss die Abrechnung "genehmigt" worden sei, führe zwar wohl nicht zur Nichtigkeit des gesamten Beschlusses. Ein derartiger Beschluss sei nur teilnichtig, soweit er über die Anpassung der Vorschüsse und die Anforderung von Nachschüssen hinausgehe, indem durch die "Genehmigung der Abrechnung" auch das Rechenwerk als solches beschlossen werde. Im Fall könne der Beschluss aber weder als Beschluss über die Abrechnungsspitzen ausgelegt noch entsprechend beschränkt werden.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, wie man die Nachschüsse und die Anpassung der Vorschüsse nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG beschließt.

Nachschuss-Beschluss

Die Verwaltung hatte einen Beschluss vorgesehen, mit dem die Abrechnung "genehmigt" wird. Dieses falsche Vorgehen billigen derzeit viele LG. Man meint, mit einem solchen Beschluss seien jedenfalls die Nachschüsse und die Anpassungen der Vorschüsse bestimmt, nicht aber die Gesamtjahresabrechnung gebilligt worden. Das ist grundsätzlich vertretbar, aber nicht gut. Es ist unvertretbar, wenn sich aus den Einzeljahresabrechnungen nicht nur Nachschüsse ergeben, sondern auch die Notwendigkeit, Vorschüsse anzupassen. Denn dann muss auch bestimmt werden, welche bereits bestimmten Vorschüsse der Höhe nach reduziert werden sollen. Diese Angabe wird die Einzeljahresabrechnung meines Erachtens in aller Regel aber nicht leisten.

Mängel des Nachschuss-Beschlusses

Für die Ordnungsmäßigkeit des Nachschuss-Beschlusses ist es unerheblich, dass die Jahresabrechnung Fehler aufweist. Anders ist es nur, wenn sich diese Fehler auf die Höhe der Nachschüsse oder Anpassung der Vorschüsse auswirken. Dies ist z. B. bei der fehlerhaften Verwendung von Ist-Vorschüssen nicht der Fall, wenn die Soll-Vorschüsse diesen entsprechen. Anders ist es, wenn die Verwaltung einen falschen Umlageschlüssel eingesetzt hat oder die behaupteten Ausgaben oder Einnahmen nicht mit der Realität übereinstimmen.

Anfechtung von Absenkungs-Beschlüssen

Das LG hat sich sehr intensiv auch mit der Frage befasst, ob ein Beschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG anfechtbar ist. Die Frage hat es verneint! Es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis. Die Prüfung des Absenkungs-Beschlusses müsse im Rahmen der Anfechtung des in diesem Verfahren gefassten Beschlusses stattfinden. Hielte man den Absenkungs-Beschluss für anfechtbar, stellten sich komplexe und kaum lösbare Fragen dahingehend, wie die Anfechtung des Absenkungs-Beschlusses und des materiellen Beschlusses praktisch zu verknüpfen seien. Zudem stelle sich die unlösbare Frage, welche Rechtsfolgen eine Ungültigerklärung des Absenkungs-Beschlusses haben solle. Ob etwas Anderes gelten müsse, wenn der Absenkungs-Beschluss die Grenzen des § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG überschreite, bedürfe keiner Entscheidung.

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Ein Nachschuss-Beschluss sollte klarer und transparenter als im Fall gefasst werden. Es sollte am besten anhand einer Tabelle bestimmt werden, auf welches Wohnungseigentum welcher Nachschuss entfällt und welche Vorschüsse aus dem Vorjahr wie angepasst werden – monatsgenau!

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Urteil v. 16.2.2023 – 2-13 S 79/22

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