1 Leitsatz

Ein Mieter kann ein Recht darauf haben, zu erfahren, wer ihn gegenüber der Hausverwaltung angeschwärzt hat.

2 Normenkette

Art. 6, 15 DSGVO

3 Das Problem

Die Hausverwaltung B kündigt Mieter K an, sie wolle dessen Wohnung besichtigen. Anlass für diese Absicht seien Beschwerden über eine starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus, die ihre Ursache in der Wohnung des K hätten. K leugnet dies und möchte wissen, wer sich in dieser Weise diskriminierend beschwert habe. Da B nicht bereit ist, den Namen freiwillig zu verraten, klagt K, gestützt auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO, gegen B auf Auskunft. Das LG weist die Klage ab, das OLG die Berufung zurück. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des K.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Die Offenlegung der Identität des Hinweisgebers durch die Hausverwaltung sei gem. Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchstabe f) DSGVO ggf. rechtmäßig. Sie sei zur Wahrung des berechtigten Interesses des K, nämlich seines Rechts auf Auskunftserteilung gem. Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 Buchstabe g) DSGVO, möglicherweise erforderlich. Die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Hinweisgebers, die den Schutz personenbezogener Daten erforderten, überwögen wohl nicht. Für den BGH sei allerdings der Vortrag des K zu unterstellen, die Behauptungen des Hinweisgebers seien unzutreffend gewesen.

Es handele sich bei der Beschwerde auch nicht nur um eine bloße Meinungsäußerung, die allein persönliches Empfinden zum Gegenstand habe, sondern um einen dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern. Um mögliche Rechte auch gegenüber dem Hinweisgeber geltend zu machen, benötige K die Information, von wem die Angaben stammten. Für ein konkretes Schutzbedürfnis des Hinweisgebers, das ausnahmsweise trotz sachlicher Unrichtigkeit der von ihm herrührenden Daten ein das Auskunftsrecht überwiegendes Geheimhaltungsinteresse begründen könnte, sei nichts ersichtlich.

Die Verweigerung der Auskunft könne nicht auf das Interesse der Hausverwaltung an einer sachgerechten und effektiven Aufgabenerfüllung, insbesondere der Erhaltung der Ordnung und des Friedens in der Hausgemeinschaft, gestützt werden. Das Interesse an einer sachgerechten und effektiven Aufgabenerfüllung überwiege nicht das grundrechtlich verbürgte Auskunftsrecht des K über die Herkunft der Daten, wenn diese sachlich unrichtig seien. Bei Annahme einer Auskunftspflicht über die Identität des Hinweisgebers bestehe auch nicht die Gefahr, dass sich niemand mehr an eine Hausverwaltung wenden würde, um Missstände im Haus anzuzeigen und um Abhilfe zu bitten. Denn auf Missstände könne auch anonym hingewiesen werden.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es um die Frage, ob eine Hausverwaltung den Namen eines "Hinweisgebers" herausgeben muss. Es handelt sich um einen Fall in einem Mietshaus. Dort ist es vorstellbar, die Verwaltung unmittelbar auf Auskunft in Anspruch zu nehmen. In einer Wohnungseigentumsanlage müsste sich die Klage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten, da der Verwalter stets als ihr Organ handelt. Würde ein Wohnungseigentümer dennoch gegen den Verwalter klagen, müsste dessen Klage also abgewiesen werden.

Datenschutz

Die Hausverwaltung war der Ansicht, aus Gründen des Datenschutzes die Auskunft über den Namen des "Hinweisgebers" nicht erteilen zu müssen. Dieser Argumentation zeigt der BGH die rote Karte – teilweise! Er hält die Preisgabe des Namens des Hinweisgebers nach der DSGVO möglicherweise für rechtmäßig. Dies gilt nicht nur in einem Mietshaus, sondern auch in der Wohnungseigentumsanlage. Eine Verwaltung wäre meines Erachtens auch nicht berechtigt, den Anfragenden auf eine Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen zu verweisen. Wie an dieser Stelle in Bezug auf andere Entscheidungen bereits dargelegt, haben bestimmte Personen ein Recht auf Auskunft und nicht nur auf Einsichtnahme. Bereits damals habe ich auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO hingewiesen (dazu im Einzelnen Dörr, MDR 2022, S. 605 ff.). Eben diese Norm nutzt der BGH für das Auskunftsrecht des vermeintlich zu Unrecht angeschwärzten Mieters.

Abwägung

Für die Frage, ob die Auskunft zu erteilen ist, sind allerdings die Interessen des Auskunftsberechtigten (im Fall ist das K) und die des anonymen Hinweisgebers abzuwägen. Für die Abwägung kann die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der von dem Hinweisgeber mitgeteilten personenbezogenen Daten eine maßgebliche, wenn auch nicht die allein entscheidende Rolle spielen.

In die Abwägung sind zugunsten des Auskunftsberechtigten Bedeutung, Gewicht und Zweck des Rechts auf Auskunft über die Herkunft der Daten einzubeziehen. Zugunsten des Hinweisgebers ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass auch dessen Rechte verbürgt sind. Allein der Einwand des auf Auskunft in Anspruch genommenen Verantwortlichen, dem Hinweisgeber – im Ergebnis ohne Rücksicht auf das Auskunftsrecht des Betroffenen – Vertraulichkeit zugesichert zu haben, führt noch nicht zum Recht, dem Auskunftsersuchenden die Information zu verweigern, ebenso wenig ein pauschaler Verweis auf das Schutzbedürfnis des Hinweisgebers und darauf, d...

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