Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftsverhältnis beim Vorkaufsrecht. Voraussetzungen u. Wirkungen von § 472 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Anwendung des § 47 Abs. 1 GBO, d.h. für die Bezeichnung von Inhalt und Art des Gemeinschaftsverhältnisses hinsichtlich eines mehreren Personen bestellten Vorkaufsrechtes ist zu berücksichtigen, dass § 472 S. 1 BGB bestimmt, dass das Vorkaufsrecht, das mehreren gemeinschaftlich zusteht, nur im Ganzen ausgeübt werden kann.

2. Diese Vorschrift regelt nicht nur die Ausübung des Vorkaufsrechts, sie bestimmt vielmehr sowohl das Verhältnis der Vorkaufsberechtigten untereinander – das Innenverhältnis – als auch zum Vorkaufsverpflichteten – das Außenverhältnis.

3. Durch § 472 BGB ist klargestellt, dass im Innenverhältnis der Vorkaufsberechtigten keine Bruchteilsgemeinschaft besteht, sondern – wie sich aus der gesetzlichen Vorgabe zur Ausübung des Vorkaufsrechtes ergibt – ein gesamthandsartiges Verhältnis.

4. Eine darüber hinausgehende Angabe zur Konkretisierung des Gemeinschaftsverhältnisses ist nicht erforderlich. Insbesondere kann nicht verlangt werden, bei der Eintragung des Vorkaufsrechts bereits das Gemeinschaftsverhältnis anzugeben, welches zwischen den Berechtigten nach der Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen wird.

 

Normenkette

RPflG § 11 Abs. 1; GBO § 18 Abs. 1 S. 1, § 47 Abs. 1, § 71; BGB § 472 S. 1, § 741

 

Tenor

Das Amtsgerichts Saarbrücken/Saarländisches Grundbuchamt wird unter Aufhebung seiner Zwischenverfügung vom 11.08.2009 angewiesen, erneut über den Eintragungsantrag der Beteiligten vom 24.06.2009 unter Berücksichtigung der in diesem Beschluss vertretenen Rechtsauffassung zu entscheiden.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten haben durch Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24.06.2009 beim Saarländischen Grundbuchamt die Eintragung u.a. bewilligter Vorkaufsrechte in das Grundbuch beantragt.

Sie haben Bezug genommen auf die notarielle Urkunde ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25.05.2009 (UR-NR. …), in der die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft vereinbart worden ist und die Beteiligten erklärt haben, sich wechselseitig an dem durch die notarielle Urkunde erworbenen jeweiligen Vertragsgegenstand Vorkaufsrechte bestellen zu wollen. Dazu haben die Beteiligten Folgendes erklärt:

„Wir, die Erwerber, … und … sowie …, sind uns über die Bestellung der folgenden wechselseitigen subjektiv persönlichen Vorkaufsrechte einig:

Der künftige Eigentümer, der einen vorbezeichneten Wohnung bestellt an seinem künftigen Eigentum (Wohnung 1 bzw. Wohnung 2), ein unvererbliches und nicht übertragbares dingliches Vorkaufsrecht gemäß §§ 1094 ff BGB zu Gunsten des jeweils anderen von uns, … und … bzw. …, für denjenigen ersten Verkaufsfall, bei welchem dem jeweils Berechtigten erstmals eine Ausübung des Vorkaufsrechts rechtlich möglich ist. Das Vorkaufsrecht besteht also auch dann, wenn ein solcher Verkaufsfall erst bei einem späteren Eigentümer des belasteten Grundstücks eintritt.

Die Erwerber bewilligen und beantragen, diese Vorkaufsrechte Zug um Zug mit der Eigentumsumschreibung des Vertragsgegenstandes auf den jeweiligen Erbwerber im Grundbuch einzutragen mit dem Vermerk, dass zu seiner jeweiligen Löschung der Nachweis des Todes des Berechtigten genügt.

Schuldrechtlich vereinbaren die Erwerber, dass die Vorkaufsrechte im Rang nach etwaigen zur Finanzierung eingetragenen Grundpfandrechten im Grundbuch eingetragen werden sollen”.

Das Saarländische Grundbuchamt hat dem Notar durch Schreiben vom 10.07.2009 mitgeteilt, bei einem Vorkaufsrecht sei die Angabe eines besonderen Berechtigungsverhältnisses erforderlich.

Durch die angefochtene Zwischenverfügung vom 11.08.2009 hat das Saarländische Grundbuchamt an dieser Auffassung festgehalten und darüber hinaus ausgeführt, selbst wenn man der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 136, 327) – trotz kritischer Stimmen in der Literatur – folge, bedürfe es einer schuldrechtlichen Vereinbarung der Beteiligten über die Anwendung des § 472 BGB, die eine weitergehende Angabe des nach Ausübung des Rechts zwischen den Vorkaufsberechtigten zu Stande kommenden Beteiligungsverhältnisses entbehrlich machen könnte.

Ein solcher Hinweis oder ein Beteiligungsverhältnis sei in der notariellen Urkunde nicht enthalten.

Der Notar werde gebeten, seine notarielle Urkunde innerhalb einer Frist von einem Monat entsprechend zu ergänzen.

Dagegen haben die Beteiligten durch Schreiben des Notars vom 26.08.2009 Beschwerde eingelegt. Sie beziehen sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und führen aus, § 472 BGB gelte unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung. Das Vorkaufsrecht sei als gemeinschaftliches Vorkaufsrecht im Grundbuch einzutragen. Der Hinweis auf § 472 BGB habe nur klarstellenden Charakter.

Das Saarländische Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

B.

I.

Die Beschwerde der Beteiligten gegen die von dem Saarländischen Grundbuchamt gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 GBO erlassene...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge