Leitsatz (amtlich)

1. Eine Berufung des Anfechtungsklägers, die nur gegen einen Teil der nach § 46 I WEG zu verklagenden übrigen Miteigentümer gerichtet wird, ist unzulässig.

2. Eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist kann nicht damit begründet werden, dass das Ausgangsgericht in einer zweifelhaften Rechtsfrage eine andere Meinung als das Berufungsgericht vertreten hat.

3. Ist in einer Gemeinschaftsordnung § 23 I WEG nicht dahingehend abgeändert, dass Untergemeinschaften in eigenen Versammlungen Beschlüsse aufgrund der eingeräumten Beschlusskompetenz fassen können, muss sich die Anfechtungsklage gegen alle übrigen Eigentümer der Gesamtgemeinschaft richten. Das gilt auch dann, wenn bei einer Mehrhausanlage in der Gemeinschaftsordnung eine grundsätzliche Kostentrennung nach Häusern vorgesehen ist und in der Gesamtversammlung nur die Eigentümer des betroffenen Hauses abgestimmt haben; ohne Bedeutung ist dabei, ob die Teilabstimmung von den Grundsätzen des so genannten Blockstimmrechts gedeckt war (Fortführung von LG München I, Urteil vom 20.12.2010, Az.: 1 S 8346/10).

 

Verfahrensgang

AG Landshut (Urteil vom 19.07.2010; Aktenzeichen 3 C 637/10 WEG)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.11.2011; Aktenzeichen V ZR 45/11)

 

Tenor

I. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 27.01.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Die Revision wird bezüglich der Frage zugelassen, ob die Anfechtungsklage gegen sämtliche übrigen Miteigentümer zu richten war.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.353,40 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 19.07.2010.

1. Die Parteien bilden die im Rubrum näher bezeichnete WEG, die von der Beigeladenen verwaltet wird.

Die WEG besteht aus den Häusern D. 1, 2 (= Haus A) sowie D. 7, 8 (= Haus B) und einer Tiefgarage.

§ 3 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung lautet auszugsweise:

„Die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums tragen die Eigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, soweit nicht nachfolgend etwas anderes bestimmt ist.

Vorweg wird festgehalten und bestimmt, dass die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglich der Gebäude einschließlich Zubehör jeweils getrennt für Haus A, für Haus B und für die Tiefgarage gemäß den nachfolgenden Bestimmungen von den jeweiligen Miteigentümern im Verhältnis ihres Anteils am Haus A, an Haus B oder an der Tiefgarage zu tragen sind und getrennt abgerechnet werden.

Es sind auch getrennte Instandhaltungsrücklagen zu bilden. (…)”

In der Eigentümerversammlung vom 09.03.2010 wurde unter TOP 11, Antrag „B” beschlossen, dass die Zähler für Heizung, Warm- und Kaltwasser für die Häuser D. 7,8 auf Funkmodule umgerüstet werden. Wegen des genauen Wortlauts wird auf das Beschlussprotokoll (Anlage K 1) Bezug genommen. Über den Beschlussantrag stimmten nur die auf der Eigentümerversammlung anwesenden Miteigentümer des Hauses B (D. 7,8) ab. Die anwesenden Miteigentümer des Hauses A stimmten nicht mit ab.

2. Mit ihrer gegen sämtliche übrigen Miteigentümer der WEG gerichteten Klage vom 08.04.2010, eingegangen beim Amtsgericht Landshut am selben Tag, hat die Klägerin diesen Beschluss angefochten und beantragt, dass der Beschluss für ungültig erklärt werde. Sie trägt vor, dass die neu beschlossene Funktechnik gegenüber der bisherigen nachteilig sei und für sie mit Gesundheitsgefahren verbunden sei. Sie ist der Meinung, dass der Beschluss daher ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche und im übrigen eine bauliche Veränderung beinhalte, die für die Klägerin gemäß § 14 Nr. 1 WEG nachteilig sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters in der ersten Instanz verwiesen.

3. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und beantragten Klageabweisung. Sie sind der Meinung, dass bezüglich der ebenfalls verklagten Miteigentümer des Hauses A die Klage schon unschlüssig sei, weil diese an der Beschlussfassung gar nicht beteiligt gewesen seien. Im übrigen entspreche der Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung und beinhalte keine mit Nachteilen gemäß § 14 Nr. 1 WEG verbundene bauliche Veränderung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Beklagtenvertreters in der ersten Instanz verwiesen.

4. Das Amtsgericht hat am 05.07.2010 mündlich verhandelt. Ferner hat es Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Z.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll Bezug genommen (Bl. 32/42).

5. Mit Urteil vom 19.07.2010, dem Klägervertreter zugestellt am 21.07.2010, hat das Amtsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte das Amtsgericht insbesondere aus, dass die Miteigentümer des Hauses A schon nicht passivlegitimiert seien. Im übrigen werde durch den angefochtenen Beschluss kein Nachteil gemäß § 14 Nr. 1 WEG verursacht. Auf das Urteil wird ver...

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