Leitsatz (amtlich)

1. Ein Miteigentümer hat einen Anspruch gegen den Verwalter auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes in die Einladung für die nächste Eigentümerversammlung, wenn dessen Behandlung ordnungsgemäßer Verhandlung entspricht, weil sachliche Gründe für eine Erörterung und Beschlussfassung sprechen.

Der Anspruch entfällt, wenn die Ladungsfrist des § 24 IV 2 WEG nicht mehr gewahrt werden kann und auf diese Frist auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden kann.

2. Verletzt die Hausverwaltung den Anspruch auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes in zu vertretender Weise, kann sich ein Schadensersatzanspruch des Miteigentümers gegen die Hausverwaltung auf Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung auf deren Kosten ergeben.

3. Im Wege der einstweiligen Leistungsverfügung kann der Verwalter jedoch nur ausnahmsweise dann verpflichtet werden, eine solche außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn die Behandlung eines bestimmten Punktes so dringend ist, dass ein Eigentümer, der bei seinem Einberufungsverlangen ein ordentliches Hauptsacheverfahren abwartet, unverhältnismäßig großen, gar irreparablen Schaden erleidet.

Die besondere Dringlichkeit ergibt sich nicht allein schon daraus, dass die Hausverwaltung die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes für eine geplante Versammlung so knapp vor dieser Versammlung abgelehnt hatte, dass der Miteigentümer die Aufnahme des Tagesordnungspunktes innerhalb der Frist des § 24 IV 2 WEG nicht mehr erzwingen konnte.

Das Urteil wurde am 16.05.2011 verkündet und ist rechtskräftig.

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 17.01.2011; Aktenzeichen 485 C 29978/10 WEG)

 

Tenor

I. Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 17.01.2011 wird zurückgewiesen.

II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Verfügungskläger ist Miteigentümer der WEG, die von der Verfügungsbeklagten verwaltet wird.

Bereits Anfang des Jahres 2010 hatte der Verfügungskläger sich über zu hohe Temperaturen in seiner Wohnung beklagt und von der Verfügungsbeklagten verlangt, die zentrale Temperatursteuerung der Heizung derart herunterzuregulieren, dass eine Temperatur von 22 Grad Celsius in den Wohnungen nicht überschritten werde. Mit Schreiben vom 09.10.2010 beantragte der Verfügungskläger, das Problem der Einregelung der Vorlauftemperatur auf die Tagesordnung einer für 02.12.2010 geplanten außerordentlichen Eigentümerversammlung zu setzen. Die Verfügungsbeklagte nahm den TOP jedoch nicht in ihre Einladung vom 16.11.2010 mit auf.

Mit Antrag vom 24.11.2010 begehrte der Verfügungskläger zunächst den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die die Verfügungsbeklagte verpflichtet werden sollte, den gewünschten TOP noch bei der Eigentümerversammlung am 02.12.2010 mit auf die Tagesordnung zu setzen. Mit Schriftsatz vom 02.12.2010 erklärte der Verfügungskläger diesen Antrag für erledigt und beantragte darüber hinaus, die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, auf eigene Kosten unverzüglich eine außerordentliche Eigentümerversammlung mit dem von ihm gewünschten TOP einzuberufen.

Die Verfügungsbeklagte stimmte der Erledigterklärung nicht zu und beantragte Antragsabweisung. Sie trägt vor, dass eine Herabsetzung der Vorlauftemperatur namentlich deswegen nicht in Betracht komme, weil es dann aufgrund des speziellen Heizungssystems in anderen Wohnungen zu kalt würde.

Das Amtsgericht hat die Anträge nach mündlicher Verhandlung durch Urteil vom 17.01.2011 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Verfügungskläger mit seiner Berufung, mit der er seine in erster Instanz gestellten Anträge weiter verfolgt. Die Verfügungsbeklagte hat die Zurückweisung der Berufung beantragt. Die Kammer hat am 16.05.2011 mündlich verhandelt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter, das amtsgerichtliche Urteil sowie das Verhandlungsprotokoll vom 16.05.2011 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers ist unbegründet.

1. Das Amtsgericht hat zu Recht den in der einseitigen Erledigterklärung des Antrags vom 24.11.2011 liegenden Antrag des Verfügungsklägers auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in diesem Punkt zurückgewiesen.

a) Die in der einseitigen Erledigungserklärung liegende Änderung des ursprünglichen Verpflichtungsantrags in einen Feststellungsantrag ist gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.

b) Der Feststellungsantrag ist indes unbegründet. Eine Erledigung des Rechtsstreits ist hinsichtlich des Antrags vom 24.11.2011 nicht eingetreten, weil dieser Antrag schon von Anfang an unbegründet war. Es fehlte nämlich bereits im Moment der Antragserhebung am 24.11.2011 ein Verfügungsanspruch auf Berücksichtigung des vom Verfügungskläger gewünschten Tagesordnungspunktes bei der Versammlung am 02.12.2010.

(1) Grundsätzlich hat ein Miteigentümer zwar einen Anspruch auf Aufnahme einer Tagesordnungspunktes gemäß § 21 IV WEG, wenn dessen Behandlung ordnungsgemäßer Verhandlung ...

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