Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Insolvenzeröffnungsbeschlusses. Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Verletzung rechtlichen Gehörs. Nachholung einer versäumten Anhörung. Möglichkeit der Rücknahme eines einmal gestellten zulässigen Eröffnungsantrags nur bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Abbruch des Verfahrens wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes oder mit Zustimmung der Gläubiger nur durch Einstellung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Voraussetzungen für den Erlass eines Eröffnungsbeschlusses

 

Normenkette

InsO § 14 Abs. 2, § 13 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Beschluss vom 08.01.2002; Aktenzeichen 2 IN 8/02)

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.12.1976; Aktenzeichen 25 T 927/76)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 08.01.2002 – 2 IN 8/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 4.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 2 betrieb die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin aus einem rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts … vom 02.05.2001, Az. …, über eine Hauptforderung in Höhe von DM 19.416,73 (= EUR 9.927,62) zuzüglich Zinsen und Kosten (vor AS 1). Auf die Fruchtlosigkeitsbescheinigung des Obergerichtsvollziehers … vom 01.09.2001 wird Bezug genommen (vor AS 1). Mit am 02.01.2002 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 28.12.2001 beantragte sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin (AS 1).

Mit Beschluss vom 03.01.2002 ordnete das Amtsgericht Karlsruhe ein allgemeines Verfügungsverbot an und bestellte Rechtsanwalt … zum vorläufigen Insolvenzverwalter (AS 5). Zugleich wurde Rechtsanwalt … beauftragt, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt. Dieser Beschluss wurde den Vorständen der Schuldnerin am 04.01.2002 durch Aufgabe zur Post zugestellt (AS 31-35). Ebenfalls mit Beschluss vom 03.01.2002 ordnete das Amtsgericht eine Postsperre nach § 99 InsO an (AS 13).

Bereits am 08.01.2002 legte der vorläufige Insolvenzverwalter sein Sachverständigengutachten vom 07.01.2002 – per Fax – vor. Auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen (AS 101-125).

Am 08.01.2002 um 09.30 Uhr eröffnete das Amtsgericht Karlsruhe das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung und ernannte Rechtsanwalt … zum – endgültigen – Insolvenzverwalter (AS 63-67). Diesen Eröffnungsbeschluss teilte der Richter des Amtsgerichts dem Insolvenzverwalter am 08.01.2002 um 10.10 Uhr telefonisch mit (AS 69). Am 14.01.2002 wurde er dem Insolvenzverwalter zugestellt (AS 149). Die öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 11.01.2002 in der Tageszeitung …, am 21.01.2002 im … und in der Ausgabe … im Bundesanzeiger (AS 135, 143-147, 131).

Am 08.01.2002 um 11.35 Uhr teilte ein Vorstandsmitglied der Schuldnerin, Herr …, dem Amtsgericht per Fax mit, dass die Forderung der antragstellenden Gläubigerin beglichen sowie der Insolvenzantrag zurückgenommen sei und beantragte,

"die eingeleiteten Maßnahmen unverzüglich zu stoppen" und die Postsperre wieder aufzuheben (AS 71).

Die Zurücknahme des Eröffnungsantrages seitens der Antragstellerin, nachdem diese von der Schuldnerin eine Zahlung in Höhe von EUR 3.067,76 (DM 6.000,00) erhalten hatte (AS 407), ging – zunächst per Fax – am 08.01.2002 um 17.19 Uhr beim Insolvenzgericht ein (AS 73).

Zuvor waren bereits seit August 2001 zwei weitere Insolvenzanträge von Gläubigern der Schuldnerin bei Gericht eingegangen, die beim Amtsgericht Karlsruhe unter den Aktenzeichen IN 371/01 und IN 447/01 geführt wurden und in denen ebenfalls Rechtsanwalt … als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt war. Beide Anträge wurden nach Begleichung der Forderung der Antragsteller sowie der Verweigerung der Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses gegenüber der Antragstellerin des einen Verfahrens vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgenommen. Weitere Insolvenzverfahren unter Beteiligung von Rechtsanwalt … als Treuhänder liefen bzw. laufen betreffend das Vermögen des ehemaligen Tochterunternehmens der Schuldnerin …, vormals …, sowie weiterer ehemaliger Tochterunternehmen der Schuldnerin.

Im Zusammenhang mit diesen Insolvenzverfahren hatte Rechtsanwalt bereits eigene Ermittlungen angestellt, insbesondere auch die Vorstandsmitglieder der Schuldnerin – im Ergebnis erfolglos – zur Überlassung von Unternehmensunterlagen aufgefordert. Mangels Kooperationsbereitschaft ordnete das Insolvenzgericht im dortigen Verfahren auf Anregung des Insolvenzverwalters die Postsperre an. Auf der Grundlage der Rechtsanwalt … in den dortigen wie auch im vorliegenden Verfahren bekannt gewordenen Tatsachen erstattete er sein Sachverständigengutachten vom 07.01.2002. Auf den Inhalt dieses Gutachtens (AS 101-125) sowie der Ste...

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