Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachbarrecht: Nordmannstannenanpflanzung als Schikane

 

Orientierungssatz

Die Anpflanzung einer Nordmannstannenhecke ist nicht als Schikane im Sinne von BGB § 226 zu beurteilen, wenn die Hecke objektiv auch Vorteile, zB den des Frost-, Sicht- oder Windschutzes, für den Anpflanzenden bietet.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 02.12.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gießen wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung haben die Kläger zu tragen.

 

Gründe

Die Berufung der Kläger ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das Amtsgericht hat den geltend gemachten Anspruch auf Beseitigung der unstreitig unter Einhaltung des erforderlichen Grenzabstandes gepflanzten Nordmanntannen auf den Grundstücken der Beklagten zu Recht nicht anerkannt. Die Kammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Zur Berufung bleibt auszuführen: Auch die Kammer beurteilt die Anpflanzung nicht als Schikane i.S. von § 226 BGB. Sie mag durch Rache- und Vergeltungsgefühle motiviert sein. Objektiv kann die Baumreihe jedoch auch einen anderen Zweck haben als den der Schadenszufügung gegenüber den Klägern, z.B. den des Sicht- oder Windschutzes oder den einer zusätzlichen Grundstückseinfriedung. Ob die Baumreihe später einmal auch noch die von der Beklagten behauptete frostschützende Wirkung haben wird, kann angesichts der genannten anderen objektiven Zwecke dahinstehen. Jedenfalls solange die Bäume keine Höhe erreicht haben, deren objektive Unzweckmäßigkeit auf der Hand liegt und die keinerlei Nutzen für die Beklagte erkennen läßt, ist die Rechtsausübung der Beklagten nicht als schikanös i.S. des Gesetzes zu qualifizieren.

Soweit die Kläger geltend machen, durch die Anpflanzung werde ihrem Grundstück in einigen Jahren, wenn die Bäume herangewachsen sind, Licht und Luft entzogen, handelt es sich um eine als solche grundsätzlich nicht abwehrfähige negative Immission (BGHZ 88, 344; OLG Düsseldorf, MDR 1980, 54). Zwar kann sich in zwingenden Ausnahmefällen ein Abwehranspruch auch aus dem Institut des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ergeben, das eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) für das notwendige Zusammenleben von Grundstücksnachbarn darstellt (Palandt -- Bassenge, BGB, 58. Aufl., § 903 Rz. 10). Vorliegend ist ein solcher zwingender Ausnahmefall derzeit aber schon deshalb nicht geben, weil die gepflanzten Setzlinge noch klein sind und dem Grundstück der Kläger keinerlei Licht und Luft entziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1736048

NJW-RR 2000, 1255

JurBüro 2001, 51

NZM 2000, 982

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