Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung eines für unverwertbar gehaltenen und freigegebenen Gegenstands i.R.d. Insolvenzverfahrens sowie Herausgabeansprüche gegen den Dritten bei nachträglich festgestellter Verwertbarkeit des Gegenstandes

 

Normenkette

InsO § 203 Abs. 1 Nr. 3, § 287 Abs. 2, § 295 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Dortmund (Beschluss vom 04.03.2010; Aktenzeichen 257 IN 22/04)

BGH (Beschluss vom 06.12.2007; Aktenzeichen IX ZB 229/06)

BGH (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen IX ZR 161/04)

BGH (Entscheidung vom 01.12.2005; Aktenzeichen IX ZB 17/04)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Schuldners vom 08.03.2010 wird der Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 04.03.2010 aufgehoben.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.200,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Auf einen Eigenantrag des Schuldners wurde mit Beschluss vom 05.03.2004 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet.

Im Ergänzungsblatt II zu Ziff. 25 des Vermögensverzeichnisses hatte der Schuldner bei der Antragstellung angegeben, Eigentümer eines mit einer abgetretenen Grundschuld belasteten Reihenhauses in I, C- Str. …, zu sein. Im Bericht des Treuhänders vom 27.05.2004 wurde das Objekt beschrieben als unbewohntes Reihenhaus, bei dem offensichtlich ein erheblicher Reparaturstau vorhanden sei und das im derzeitigen Zustand entweder überhaupt nicht oder nur zu einem Veräußerungswert deutlich unter 60.000,00 EUR verwertet werden könnte; das freie Vermögen hieraus wurde auf 0,00 EUR beziffert. Auf dem Grundstück lastete eine Eigentümergrundschuld über 65.189,71 EUR, die der Schuldner im Zusammenhang mit einem Schuldanerkenntnis durch Urkunde vom 01.02.2002 an einen Gläubiger abgetreten hatte, dem eine Forderung i.H.v. 114.966,06 EUR gegen den Schuldner zustand. Mit Schreiben vom 18.07.2005 gab der Treuhänder den Grundbesitz aus dem Insolvenzbeschlag frei, da dieser wertausschöpfend belastet sei.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 10.08.2007 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt; mit Beschluss vom 06.09.2007 wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben.

Im Februar 2008 schloss der Schuldner mit seinem Gläubiger, zu dessen Gunsten die abgetretene Grundschuld auf dem freigegebenen Grundstück lastete, einen Vergleich, mit dem er gegen Zahlung von 10.000,00 EUR Forderung und Grundschuld ablösen konnte. Die Zahlung erfolgte am 25.02.2008.

Unter dem 21.12.2009 beantragte der Treuhänder daraufhin, gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO die Nachtragsverteilung hinsichtlich des Grundbesitzes des Schuldners in der C- Str. … in I anzuordnen. Zur Begründung führte er an, dass er jetzt Kenntnis davon erlangt habe, dass die Forderung des Grundpfandrechtsgläubigers durch eine vergleichsweise Zahlung von 10.000,00 EUR erledigt worden sei. Der zum Zeitpunkt der Freigabe wertausschöpfend belastete Vermögensgegenstand sei damit wieder werthaltig geworden, da anderweitige Belastungen nicht bestünden; ein Betrag von 42.000,00 EUR könnte der Masse noch zufließen.

Mit Beschluss vom 04.03.2010 hat das Amtsgericht Dortmund antragsgemäß die Nachtragsverteilung angeordnet.

Gegen diesen Beschluss, der ihm am 04.03.2010 zugestellt worden ist, hat der Schuldner am 08.03.2010 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Freigabe des Grundstücks sei unwiderruflich erfolgt; der einmal freigegebene Vermögenswert könne nicht mehr Gegenstand der Nachtragsverteilung sein. Die Werthaltigkeit des freigegebenen Grundstücks habe sich auch nicht unvorhersehbarer Weise erst nachträglich herausgestellt, sondern sie sei überhaupt erst nachträglich durch geschicktes Verhandeln des Schuldners mit dem Grundschuldgläubiger hergestellt worden. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 11.03. und 20.05.2010 verwiesen.

Der Treuhänder hat zu dem Beschwerdevorbringen Stellung genommen und ausgeführt, dass nicht die Freigabe widerrufen, sondern der wieder werthaltig gewordene Vermögensgegenstand zur Masse gezogen werden solle. Die Freigabe schließe die Nachtragsverteilung nicht per se aus; es widerspreche der Verpflichtung des Schuldners, für die bestmögliche Befriedigung seiner Gläubiger zu sorgen, wenn er den Verwertungserlös behalten könnte.

Das Amtsgericht Dortmund hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist gem. §§ 204 Abs. 2 S. 2, 6 Abs. 1 und Abs. 2, 4 InsO, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Sie ist auch begründet, weil die Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 InsO für die Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht vorliegen.

Gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO kann die Nachtragsverteilung angeordnet werden, wenn nach dem Schlusstermin Gegenstände der Masse ermittelt werden.

Hierunter sind auch Gegenstände zu subsumieren, von deren Existenz oder Aufbewahrungsort der Insolvenzverwalter keine Kenntnis hatte. Ansprüche, die der Insolvenzverwalter bei der Verwer...

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