Verfahrensgang

AG Siegburg (Entscheidung vom 07.06.2011; Aktenzeichen 015 K 093/08)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 31.05.2012; Aktenzeichen V ZB 207/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldner wird der Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 07.06.2011 - 015 K 093/08 - aufgehoben.

Es wird die Unwirksamkeit des Meistgebots der Frau H in Höhe von 37.500,00 € aus dem Versteigerungstermin vom 30.05.2011 festgestellt.

Die Entscheidung ergeht - aufgrund des Erfolgs des Rechtsmittels - gerichtsgebührenfrei.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Es fand am 30.05.2011 ein Versteigerungstermin hinsichtlich des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes vor dem Amtsgericht F statt. Betreibende Gläubiger waren die Gläubigerin zu 1.) und der Gläubiger zu 2.). Das Gericht hatte den Wert des Grundstücks zuvor gemäß § 74a Abs. 5 S. 1 ZVG auf 70.000,00 € festgesetzt.

Die im Rubrum bezeichnete Ersteherin gab ein bares Meistgebot von 37.500,00 € ab. Die Gläubigerin zu 1.) beantragte im Versteigerungstermin durch ihren Vertreter, den Zuschlag wegen Nichterreichung der 7/10-Grenze zu versagen. Mit Schreiben vom 06.06.2011 nahm die Gläubigerin zu 1.) den Antrag auf Zuschlagsversagung zurück; hinsichtlich des genauen Inhalts des Schreibens wird auf Bl. ### GA Bezug genommen. Im Termin zur Verkündung der Entscheidung vor dem Amtsgericht F am 07.06.2011 erschien die Ersteherin und erklärte zu Protokoll des Gerichts, dass ein Betrag von 7.000,00 € außerhalb des Gebots an die Gläubigerin zu 1.) noch vor dem Verkündungstermin von ihr gezahlt worden sei. Die Zahlung sei erfolgt, um von der Gläubigerin die Zusage zur Zuschlagserteilung zu erhalten (Bl. ### GA).

Sodann erließ das Amtsgericht F durch den zuständigen Rechtspfleger am 07.06.2011 einen Zuschlagsbeschluss zugunsten der Ersteherin (Bl. ### - ### GA), der den Schuldnern am 10.06.2011 zugestellt wurde.

Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner vom 24.06.2011, eingegangen mit Fax vom selben Tage, erfolgte eine Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts vom 04.07.2011.

Die Gläubigerin zu 1.) behauptet, dass am 03.06.2011 der Betrag von 7.000,00 € auf einem Irrläuferkonto eingegangen sei, dass der Sachbearbeiter erst am 07.06.2011 hiervon Kenntnis erlangt habe, und dass der Betrag mit Buchungsdatum vom 08.06.2011, Valutadatum 03.06.2011, in das Schuldnerkonto eingestellt worden sei.

Die Schuldner bestreiten den Eingang der Zahlung am 03.06.2011 mit Nichtwissen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die Schuldner machen mit der sofortigen Beschwerde erfolgreich geltend, dass der Zuschlagsbeschluss diese in ihren Rechten gemäß §§ 100 Abs. 1, 83 Nr. 5, 105 ff. ZVG verletzt.

Das Meistgebot der Frau H, welches den Zuschlag erhielt, ist unwirksam.

Dem Amtsgericht F ist darin zu folgen, dass der Zuschlag nicht wegen der Nichterreichung der 7/10-Grenze und entsprechendem Versagungsantrag der die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigerin zu 1.) zu versagen war. Der Antrag nach § 74a ZVG kann bis zur Entscheidung über den Zuschlag (auch noch im Verkündungstermin) wieder zurückgenommen werden, weil es sich dabei um eine Schutzvorschrift für den Gläubiger handelt (Stöber ZVG, 18. Auflage, § 74a, Rn. 4 m.w.N.). Ebenso ist dem Amtsgericht zuzustimmen, dass das Gebot nicht gemäß § 85a ZVG zu versagen war, da die 5/10-Grenze gewahrt wurde. Zutreffenderweise weist das Amtsgericht auch in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 04.07.2011 darauf hin, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs jedenfalls deshalb nicht besteht, weil dieses noch im Beschwerdeverfahren gewährt bzw. nachgeholt werden kann. Dem Amtsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass nicht ersichtlich ist, inwieweit die von den Schuldnern in Bezug genommene Entscheidung des BGH (NJW-RR 2006, 215) Fallrelevanz haben sollte. Es liegt keine Umgehung der Bieterstunde, sondern eine Umgehung der Vorschriften zur Ermittlung der Teilungsmasse vor, s.u. Entsprechend liegt auch keine Umgehung der §§ 70, 71 ZVG vor.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts liegt in der außergerichtlichen Annahme von 7.000,00 € durch die Gläubigerin jedoch kein "allenfalls mit der Beschwerde verbundener Antrag auf Versagung des Zuschlags gemäß § 765a ZPO", sondern vielmehr eine Umgehung der Vorschriften des Verteilungsverfahrens (§§ 105 ff. ZVG) vor, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der Teilungsmasse, welche in die Rechte der Schuldner eingreift. Insbesondere die Regelung des § 107 ZVG wird verletzt, weil die außergerichtlich geflossenen 7.000,00 € bei der Bestimmung der Teilungsmasse zu berücksichtigen wären, wenn die Ersteherin und die Gläubigerin zu 1.) sich ordnungsgemäß verhalten hätten, also wenn die Ersteherin den "tatsächlichen Erwerbspreis" von 44.500,00 statt 37.500,00 € geboten hätte und nicht außergerichtlich einen "Kauf" des Versagungsantragsrechts mit der Gläubigerin zu 1.) vereinbart hätte. Nicht anders kann das Verhalten der Gläubigerin zu 1.) und der Ersteherin bewertet werden. Die Ersteherin bezahlte die ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge