Nach der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen.

 

"Wichtiger Grund"

Gem. § 543 Abs. 1 BGB liegt ein wichtiger Grund vor, "wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann".

Störung des Hausfriedens

§ 569 Abs. 2 BGB konkretisiert für den Bereich der Wohnraummiete, dass ein derartiger wichtiger Grund insbesondere dann vorliegt, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört. Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens setzt voraus, dass der Mieter die gem. § 241 Abs. 2 BGB aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme folgende Pflicht, sich bei der Nutzung der Mietsache so zu verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr als unvermeidlich gestört werden, in schwerwiegender Weise verletzt.[1] Nachhaltig ist die Störung dann, wenn das Mieterverhältnis schwer belastet ist und von ihr eine Wiederholungsgefahr ausgeht.[2]

Zahlungsverzug

Für den Fall des Zahlungsverzugs liegt ein wichtiger Grund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 BGB dann vor, wenn der Mieter

  • für 2 aufeinande folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als 2 Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags in Verzug ist, der die Miete für 2 Monate erreicht.

Für den Fall des Verzugs mit Kautionszahlungen liegt ein wichtiger Grund nach § 569 Abs. 2a BGB dann vor, wenn der Mieter mit der Kautionszahlung in Höhe eines Betrags in Verzug ist, der der zwei-fachen Monatsmiete entspricht.

Außerhalb der fristlosen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs ist immer zu berücksichtigen, ob dem Vermieter angesichts des Vertragsverstoßes oder des Verhaltens des Mieters eine Fortführung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Frist einer ordentlichen Kündigung zuzumuten ist.

[2] AG Münster, Urteil v. 28.8.2006, 48 C 1739/06, BeckRS 2007, 5054.

3.1 Altersbedingte Hausfriedensstörung

Insbesondere von hochbetagten Mietern können Hausfriedensstörungen ausgehen. Grundsätzlich schützt auch hohes Alter nicht vor einer Kündigung. Werden allerdings Störungen von einem Mieter verursacht, der schon lange im Haus wohnt und nun infolge Alters, Krankheit oder seelischer Beeinträchtigung verhaltensauffällig geworden ist, ist vom Vermieter und den Hausbewohnern ein erhöhtes Maß an Verständnis und Rücksichtnahme zu erwarten.[1]

 

Sozial adäquates Verhalten ist hinzunehmen

Beispiel: Hilferufe aus der Wohnung

Eine 90 Jahre alte Mieterin lebt seit 30 Jahren in der Wohnung und ruft vereinzelt nachts oder in den frühen Morgenstunden in ihrer Wohnung um Hilfe.

In einem solchen Fall fällt die Notwendigkeit und Bedeutung der sozialen Bindung des Mieters an sein häusliches Umfeld erheblich ins Gewicht. Von den übrigen Hausbewohnern ist daher ein erhöhtes Maß an Toleranzbereitschaft gefordert.[2]

Berücksichtigung des Grundgesetzes

Mitglieder einer Hausgemeinschaft müssen Belästigungen durch altersbedingt geistig verwirrte Mitbewohner als sozial adäquat hinnehmen, wenn sich die Belästigungen bei zutreffender, an den Wertentscheidungen des Grundgesetzes orientierter Betrachtung lediglich als harmlose Störungen darstellen. Bei der Wertung, ob es sich um hinzunehmende Störungen handelt, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bundesrepublik ein sozialer Rechtsstaat ist[3], in dem die Würde des Menschen unantastbar ist[4] und in dem niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.[5] Daher ist die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Störungen durch einen altersbedingt verwirrten Mitbewohner unwirksam, wenn diese Störungen bei grundgesetzorientierter Wertung als hinnehmbar angesehen werden müssen.[6]

Weitere Beispiele

  • Die bereits hochbetagte geistig verwirrte Mieterin verschließt öfter die Hauseingangstür, weshalb es zu Störungen des im Haus befindlichen Gewerbebetriebs kommt.
  • Der ebenfalls bereits hochbetagte und geistig verwirrte Mieter verwechselt vereinzelt seine Wohnungstür mit anderen und versucht diese mit seinem Schlüssel zu öffnen.
  • Der 86-jährige Mieter stellt unberechtigt Strafanzeige wegen Anlagebetrugs gegen einen Verwandten, der ebenfalls Mieter im Haus ist.[7]
 

Tipp: Betreuung anregen

Stellt der Vermieter Verhaltensauffälligkeiten insbesondere bei hochbetagten Mietern fest, kann ihre Betreuung beim Amtsgericht angeregt werden.

Gemäß § 1896 Abs. 1 BGB bestellt das Betreuungsgericht entweder von Amts wegen oder auf Antrag des zu Betreuenden für ihn einen Betreuer, wenn er aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann. Da die...

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