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Voraussetzung des Anspruchs ist ein berechtigtes Interesse des Mieters an der behindertengerechten Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr haben. Seine berechtigterweise in der Wohnung lebenden Mitbewohner haben keinen eigenen Anspruch auf Zustimmung zur Duldung. Das Interesse des Mieters kann sich daraus ergeben, dass er selbst behindert ist. Der Mieter hat aber auch dann einen Anspruch auf Zustimmung zu der Einrichtung, wenn sein Lebenspartner, mit dem er einen auf Dauer angelegten Haushalt in der Wohnung führt oder seine mit ihm berechtigterweise in der Wohnung lebenden Angehörigen behindert sind. Das Gleiche gilt für alle Personen, die berechtigten Mitbesitz an der Wohnung haben, also Haushaltsangehörige, Angestellte, Pflegepersonal. Dazu gehören auch Untermieter bei einer gestatteten Untervermietung nach § 549 oder § 553 BGB (Schmidt-Futterer/Flatow, § 554 Rn. 9), wobei der Erlaubnisanspruch (für den Gebrauch durch den Untermieter) vom Mieter als dem Vertragspartner geltend gemacht werden muss. Insoweit dürfte der Kreis derjenigen Personen, für die er den Anspruch geltend machen kann, ähnlich zu begrenzen sein wie der Kreis der Bedarfspersonen, für die der Vermieter Eigenbedarf gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 geltend machen kann. Der Kreis der Haushaltsangehörigen ist identisch mit dem der Haushaltsangehörigen in § 549 Abs. 2 Nr. 2. Bei mehreren Mietern reicht die Behinderung eines Mieters. Auch regelmäßige Besucher sind zu diesem Personenkreis zu rechnen (Schmidt-Futterer/Flatow, § 554 Rn. 9). Menschen mit Behinderungen sind die in § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes legal definierten Personen. Der Gesetzgeber meint "Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können."

Die Art und der Grad der Behinderung sind nicht ausschlaggebend, ebenso wenig der Entstehungsgrund. Neben Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit kommen auch Seh-, Hörbeeinträchtigungen und geistige Behinderungen in Betracht, auch Erkrankungen wie Demenz oder Multiple Sklerose (Schmidt-Futterer/Flatow, § 554 Rn. 8). Entscheidend ist allein, ob die Behinderung eine bauliche Veränderung oder sonstige Einrichtungen erfordert. Dabei sind Art, Dauer und Schwere der Behinderung zu berücksichtigen. Die Behinderung muss langfristig, bestehen, also nach § 3 Satz 2 BGG ein Zeitraum, der mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauert (Schmidt-Futterer/Flatow, § 554 Rn. 8); vorübergehende Behinderungen mit Heilungschancen reichen nicht aus.

Unerheblich ist, ob die Behinderung bereits vor Vertragsschluss bestand. Allerdings kann im Rahmen der Interessenabwägung zu Lasten des Mieters berücksichtigt werden, dass er den Vermieter vor Vertragsschluss nicht über seine Behinderung aufgeklärt hat; dagegen ist der Anspruch nicht allein deswegen ausgeschlossen, weil der Mieter seinen Anspruch nicht sofort nach Einzug geltend macht.

Die angestrebte bauliche Veränderung oder Einrichtung muss ferner objektiv geeignet sein, die Einschränkungen in der Wohnungsnutzung durch die Behinderung auszugleichen.

 
Hinweis

Umfang bauliche Veränderungen

Die baulichen Veränderungen, zu denen der Mieter – für sich oder den behinderten Angehörigen oder regelmäßige Besucher – die Erlaubnis des Vermieters verlangen kann, können sich sowohl auf die Mietsache selbst als auch auf das Gebäude beziehen, in dem sich die Mietsache befindet.

Der Mieter kann also sowohl die Erlaubnis zu Umbauten in der von ihm gemieteten Wohnung verlangen (z.B. Vergrößerung des Bades zum Einbau einer behindertengerechten Badewanne, Veränderung der Toilette zum Einbau einer behindertengerechten Toilette, rollstuhlgerechte Verbreiterung der Türen, Versetzen von Lichtschaltern, spezielle Licht- und Tonanlage für die Wohnungsklingel für schwerhörige Mieter, Installation einer Videokamera usw.) als auch zu baulichen Veränderungen im Gebäude (z.B. Einbau eines Treppenlifts oder einer Auffahrtrampe: AG München, Urteil v. 25.11.2010, 453 C 27330/10, NZM 2011, 206) oder am Gebäude (LG Hamburg, Urteil v. 29.4.2004, 307 S 159/03, ZMR 2004, 914: Drehung eines Waschbeton-Rollstuhl-Containers). Ein behinderter, in seiner Gehfähigkeit eingeschränkter und bettlägeriger Mieter hat aber dann keinen Anspruch auf Erlaubnis zur Anbringung einer Videokameraanlage im Treppenhaus, wenn er an seinem Bett über eine Wechselsprechanlage und an der Wohnungseingangstür über einen Türspion verfügt (KG, Hinweisbeschluss v. 15.6.2009, 8 U 245/08, GE 2009, 1555). Der Mieter kann auch die Zustimmung zu baulichen Veränderungen an den Außenanlagen verlangen (z.B. ebenerdiger Zugang über die Grünanlage und den Mietergarten in die Erdgeschosswohnung, wenn diese durch den Hausflur nur mit Treppen erreichbar ist; Anlage von Fahrrampen). Der Mieter kann aber nicht verlangen, dass der Zugang durch den Garten eines Mitmieters angelegt wird, de...

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