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Die Gewährleistungsansprüche der §§ 536,536a BGB sind ferner dann ausgeschlossen, wenn der Mangel dem Mieter infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Mieter bei Vertragsschluss dasjenige unbeachtet gelassen hat, was jedem verständigen Mieter einleuchtete, also insbesondere offenbare Mängel bei einer Vorbesichtigung nicht erkannt hat (BGHZ 10, 16, 17; BGH, NJW-RR 1994, 1471; KG Berlin, Urteil v. 9.10.2000,12 U 4939/99, GE 2000, 1620; LG Berlin, GE 1996,471; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536b Rn. 17). Während im Strafrecht die Fahrlässigkeit (auch) subjektiv an der Täterpersönlichkeit auszurichten ist, kommt es im Zivilrecht auf einen objektiven Sorgfaltsmaßstab (im Verkehr erforderliche Sorgfalt, § 276) an.

Besichtigte der Mieter daher die Wohnung während der Abendstunden ohne hinreichende Beleuchtung und sind ihm daher offenbare Mängel der Mietsache (z.B. fehlende Türen, fehlender Herd in der Küche, fehlende Badewanne im Bad ohne Dusche) entgangen, schließt er aber dennoch den Mietvertrag ohne Mängelvorbehalt, so ist er wegen grob fahrlässiger Unkenntnis mit seinem Minderungsrecht und etwaigen Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen (LG Berlin, GE 1996, 417; Feuerlein, GE 2002, 1110, 1112).

Der Mieter ist allerdings nicht verpflichtet, die Mietsache auf nicht offenbare Mängel (Defekte der Wasserspülung, tropfender Wasserhahn, unzureichende Leistung der Zentralheizung) zu überprüfen (BGHZ 68, 281, 285; BGH, NJW 1980, 777; LG Köln, WuM 2001, 79; AG Köln, WuM 2001, 78, 79). Ein bei Vertragsschluss überstrichener und mit Acryllack verschmierter Fensterrahmen deutet jedoch auch für den Laien darauf hin , dass sich unter dem schlechten Zustand des Anstrichs eventuelle Mängel der Holzrahmen verbergen können; das Unterbleiben einer Untersuchung in diesem Zusammenhang ist jedenfalls grob fahrlässig mit der Folge, dass ein Minderungsrecht des Mieters entfällt (LG Berlin, Urteil v. 15.9.2006, 63 S 153/06, GE 2007, 55).

Teilt in den Fällen der gewerblichen Zwischenvermietung der Endmieter dem gewerblichen Zwischenvermieter einen Mangel der Mietsache mit und wäre letzterem der Mangel bei Besichtigung ohne weiteres aufgefallen, so beruht seine fehlende Kenntnis vom Mangel zumindest auf grober Fahrlässigkeit (LG Saarbrücken, NZM 1999, 706).

Trotz seiner fahrlässigen Unkenntnis von dem Mangel und der daraus folgenden Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs kann der Mieter dann mindern und Schadensersatz verlangen, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat (a.A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536b Rn. 24). Das wäre der Fall, wenn der Vermieter den Mieter von einer eingehenden Besichtigung abgehalten hat, um die Mängel nicht offenbaren zu müssen, oder bei der Besichtigung den Mieter entsprechend abgelenkt hat (Vermieter stellt sich in den Türrahmen zu demjenigen Zimmer, in dem die Tür fehlt, um das Fehlen der Tür zu verdecken).

Hat der Vermieter bestimmte Eigenschaften der Mietsache zugesichert, so schadet dem Mieter grob fahrlässige Unkenntnis von dem Fehlen der zugesicherten Eigenschaft ebenfalls nicht (Kandelhard, in ZAP-Praxiskommentar Mietrecht, 3.Aufl. 2007, § 536b Rn. 2.; a.A. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536b Rn. 22; Kraemer, in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts - und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, III Rn. 1404).

Bei der groben Fahrlässigkeit spielen allerdings auch individuelle Umstände in der Person des Handelnden, hier bei § 536b also des Mieters, eine Rolle (BGH, Urteil v. 11.5.1953, IV ZR 170/52, BGHZ 10, 14 [16 f.]), so dass es auch darauf ankommt, ob gerade dem Mieter in dem speziellen Fall eine ungewöhnliche Sorgfaltsverletzung vorgeworfen werden kann.

Formularmäßige Verschärfungen der Prüfpflicht sind sowohl in Wohnraummietverträgen (§§ 309 Nr. 12 lit b) als auch in Geschäftsraummietverträgen (§§ 307, 310) unwirksam.

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