Rz. 9

Die Verschuldenshaftung umfasst vorsätzliches und fahrlässiges Handeln, auch von Erfüllungsgehilfen – §§ 276, 278. In diesem Zusammenhang trifft den Vermieter eine Überprüfungspflicht. Diese ist individuell je nach Mietsache bzw. Teil der Mietsache einzugrenzen und kann z. B. bei bestimmten elektrischen Installationen dazu führen, dass sie regelmäßig im Rahmen der anerkannten Regeln der Technik, der VDE-Bestimmungen (OLG Saarbrücken, Urteil v. 4.6.1993, 4 U 109/92, NJW 1993, 3077) und nach Unfallverhütungsvorschriften überprüft werden müssen (vgl. dazu LG Berlin, Urteil v. 20.10.1995, 64 S 200/95, GE 1996, 322).

Problemtisch ist die Überprüfungspflicht bei Rohrleitungen, die in den Wänden verlegt sind und nicht ohne weiteres einer Prüfung unterzogen werden können. Platzt ein Frischwasserrohr (z. B. Bleirohr) in einem Altbau, wird kaum zu beweisen sein, dass es sich um einen anfänglichen Mangel handelt. Verneint man eine Überprüfungspflicht, kann es zum Schadensersatzanspruch nur nach § 536a Abs. 1 3. Alt. (Verzugshaftung) kommen. Dennoch kann eine Überprüfungspflicht nur im Ausnahmefall angenommen werden, wenn es z. B. bei bestimmten Frischwasserleitungssträngen schon des Öfteren zu Aufbrüchen gekommen ist oder etwa wenn bei älteren Abflussleitungen schon öfters Verstopfungen vorgekommen sind (im Laufe der Zeit zugewachsene Abflussleitungen). Eine ganz allgemeine Pflicht, alle Teile des Hauses notfalls unter Hinzuziehung eines fachkundigen Handwerkers in Abständen darauf zu überprüfen, ob von der Mietsache Gefahren für den Mieter ausgehen, kann nicht angenommen werden (zu weitgehend: LG Berlin, Urteil v. 20.10.1995, 64 S 200/95, GE 1996, 322). Die Überwachungspflicht findet aber nach Treu und Glauben dort ihre Grenze, wo die Kontrolle einen unzumutbaren Aufwand erfordert und keine Gewähr für eine dauerhafte Funktionstauglichkeit bietet (BGH, Urteil v. 4. 12.1992, LwZR 10/91, WuM 1993, 123).

 
Hinweis

Schadensrisiken

Für nur abstrakt denkbare Schadensrisiken muss der Vermieter keine Vorkehrungen treffen.

Der Vermieter ist daher nicht verpflichtet, ohne besondere Anhaltspunkte die elektrotechnische Anlage des vermieteten Gebäudes, die Gebäudesubstanz, in den Wänden verlegte Wasserrohre oder ordnungsgemäß installierte Öfen (BGH, Beschluss v. 1.6.2011, VIII ZR 310/10, GE 2011,1013) regelmäßigen Überprüfungen zu unterziehen oder mittels einer Rohrfräse oder einer Kanalkamera Prüfungen dazu vorzunehmen, ob in Rohrleitungen Wurzeln eingedrungen sind (LG Hamburg, Urteil v. 28.11.2006, 311 O 411/05 , ZMR 2007,120). Den Vermieter trifft keine generelle Pflicht, die Dachrinne und Abflussrohre regelmäßig zu überprüfen, sofern keine konkreten Anzeichen für eine drohende Verstopfung vorliegen oder wenn aufgrund der Örtlichkeiten nicht mit Laubverstopfungen zu rechnen (LG Berlin, Urteil v. 6.12.1999, 67 S 225/99, GE 2000, 283; a. A. AG Dortmund, Grundurteil v. 23.12.2008, 425 C 5300/07, WuM 2009,36).

Die Verschuldenshaftung bezieht sich nicht nur auf die gemieteten Räume, sondern auf alle vom Mieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs nutzbaren Gebäudeteile, so dass z. B. die Haftung auch für das unsachgemäße Bohnern der Treppe durch den Hauswart oder bei Verletzung von Streupflichten für Zugangswege zum Haus eintritt (vgl. BGH, Urteil v. 19.10.1966, VIII ZR 93/64, NJW 1967, 154).

 

Rz. 10

Zur Beweislast gelten grundsätzlich erst die allgemeinen Grundsätze. Beruft sich der Mieter auf die Garantiehaftung für anfängliche Mängel, so muss er deren Vorhandensein bei Vertragsschluss beweisen (so zutreffend Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl. 1995, Rn. 417, S. 292). Allerdings zieht die Rechtsprechung auch hier § 280 Abs. 1 Satz 2 analog heran mit der Folge, dass der Vermieter sich zum Verschulden entlasten muss, wenn der Schaden in seiner Sphäre entstanden ist (vgl. BGH, Urteil v. 16.10.1963, VIII ZR 228/62, NJW 1964, 33 [35]).

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