Leitsatz (amtlich)

Bei Verträgen mit Versorgungsunternehmen mit Anschluss- und Benutzungszwang steht der gesamtschuldnerischen Haftung der Wohnungseigentümer nicht der Beschluss des BGH v. 2.6.2005 - V ZB 32/05 - (BGH v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = NotBZ 2005, 327 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen = NJW 2005, 2061) entgegen, nach dem Gläubiger einer teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich nur auf das Verwaltungsvermögen zugreifen können und daneben eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht kommt, wenn diese sich neben der Gemeinschaft klar und eindeutig persönlich verpflichtet haben. Die persönliche Haftung ergibt sich hier aus den gesetzlichen Regelungen über den Anschluss- und Benutzungszwang und die an die Eigentümerstellung anknüpfende Verpflichtung zur Entgeltzahlung. Sieht eine gesetzliche Regelung ausdrücklich eine gesamtschuldnerische Haftung der Eigentümer vor, so sind Schuldner nach wie vor die Grundstückseigentümer, also die einzelnen Wohnungseigentümer und nicht der gemeinschaftsrechtliche Wohnungseigentümerverbund.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 9 O 172/04)

 

Tenor

uf die Berufung der Klägerin werden das am 10.2.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 172/04 - und das durch Zustellung am 27.12.2004 verkündete Versäumnisurteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 212/04 - teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.483,49 EUR seit dem 16.8.2002 und aus weiteren 8.562,08 EUR seit dem 16.11.2002 bis jeweils zum 15.5.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 8/11 und die Klägerin zu 3/11 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin hat die Beklagten für die Jahre 2000-2002 auf Zahlung von Gebühren für Abfallentsorgung und Straßenreinigung in Anspruch genommen und Zinsen auf der Grundlage der Rechnungen vom 1.8.2002 verlangt. Die Straßenreinigungsgebühren hat die Klägerin den Beklagten unter dem 23.4.2003 für die Jahre 2000-2002 neu berechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort von den Parteien gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf das am 23.12.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 9 des LG Berlin - 9 O 59/04 - Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagten in der Hauptsache jeweils antragsgemäß verurteilt, Zinsen aber erst aufgrund der geänderten Rechnungen ab dem 16.5.2003 zugesprochen. Gegen das der Klägerin am 23.2.2005 zugestellte Urteil gegen die Beklagten zu 1) und 2) hat sie am 16.3.2005 Berufung eingelegt und diese am 19.4.2005 begründet. Gegen das der Klägerin am 27.12.2004 zugestellte Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu 3) hat sie am 27.1.2005 Berufung eingelegt und diese am 28.2.2005 begründet. Mit den Berufungen verfolgt die Klägerin den Zinsanspruch, der sich aufgrund der Rechnung zum Hausmüll und der Straßenreinigung vom 1.8.2002 ab dem 16.8.2002 ergibt. Sie trägt vor, die Beklagten seien zu den durch die Leistungsbestimmungen der Klägerin kalendermäßig bestimmten Leistungszeitpunkten in Verzug geraten. Die Festsetzung eines neuen Fälligkeitstermins in den geänderten Rechnungen der Klägerin enthalte keinen Verzicht auf vorhergehend eingetretene Verzugsfolgen einschließlich entstandener Schadenszeitpunkte.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Urteile die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.483,49 EUR seit dem 16.8.2002 und aus weiteren 8.562,08 EUR seit dem 16.11.2002 bis jeweils zum 15.5.2003 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtenen Urteile, soweit die Klage wegen des von der Klägerin geltend gemachten Zinsanspruchs abgewiesen worden ist, und tragen vor, die Beklagten zu 2) und 3) seien nicht mehr Eigentümer der Wohnanlage und deshalb nicht passivlegitimiert. Die Beklagten seien mit ihren Einwendungen nicht auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

Die materielle Rechtslage richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts geltenden Fassung, denn das den Rechtsbeziehungen der Parteien zugrunde liegende Schuldverhältnis ist vor dem 1.1.2002 entstanden (Art. 229 § 5 EGBGB). Die zitierten Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beziehen sich daher auf diese Fassung des Gesetzes.

Di...

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