Leitsatz (amtlich)

1. Bei Leistungen im Sinne von GmbHG § 30 Abs. 1 ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gesellschaftereigenschaft des Zahlungsempfängers derjenige, an dem die Verpflichtung der Gesellschaft zur Auszahlung begründet wird.

2. Auch die Bestellung einer Sicherheit aus dem Vermögen der Gesellschaft ist eine Leistung der Gesellschaft an den Gesellschafter im Sinne von GmbHG § 30 Abs. 1, und zwar sowohl dann, wenn sie zur Besicherung für Forderungen von Dritten gegen den Gesellschafter erfolgt, als auch dann, wenn sie zur Besicherung von Forderungen des Gesellschafters gegen Dritte erfolgt.

3. Wenn die Sicherheit nicht unmittelbar zur Absicherung des Anspruchs des Gesellschafters gegen einen Dritten gegeben wird, ist für die Anwendbarkeit des GmbHG § 30 Abs. 1 maßgeblich, dass die Eingehung der Verbindlichkeit lediglich im Interesse des Gesellschafters erfolgt, die er der Gesellschaft nur auf Grund seiner beherrschenden Stellung ohne Gegenleistung hat auferlegen können.

4. Beurteilungszeitpunkt für das Vorliegen einer Unterbilanz ist der Zeitpunkt, in dem die dem Gesellschafter mittelbar gewährte Sicherheit tatsächlich in Anspruch genommen wird.

5. Nach DMBilG § 27 Abs. 2 S. 3 darf eine gebildete Sonderrücklage zwar zum Ausgleich von Verlusten verwendet werden; darunter fallen nach dem Sinn und Zweck der Regelung jedoch nicht Verluste, die gerade durch verbotswidrige Verfügungen im Sinne der GmbHG §§ 30, 31 entstanden sind.

 

Normenkette

GmbHG § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1; DMBilG § 27 Abs. 2 S. 3; HGB §§ 249, 251

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 659/96)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.09.2002; Aktenzeichen I ZR 44/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.8.1997 verkündete Urteil des LG Berlin – 9 O 659/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 90.000 DM abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer übersteigt für beide Parteien 60.000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger, der mit Beschluss des AG Chemnitz vom 16.11.1993 zum Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der F. mbH Z. (fortan: Gemeinschuldnerin) bestellt worden ist, macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Erstattung verbotener Auszahlungen i.S.d. §§ 30, 31 GmbHG geltend.

Die Gemeinschuldnerin entstand aus dem ehemaligen V.G.O., G. und S.Z. Diese Gesellschaft wandelte sich am 1.7.1990 kraft Gesetzes in eine „GmbH im Aufbau” um und wurde am 19.7.1990 in das Handelsregister beim AG Chemnitz mit einem Stammkapital von 50.000 DM eingetragen. Die Satzung der Gemeinschuldnerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 28.6.1990 festgestellt. Die Beklagte, die Rechtsnachfolgerin der ehemaligen T., setzte als alleinige Gesellschafterin das Stammkapital auf 150.000 DM fest. Der Zusatz „im Aufbau” wurde am 26.11.1992 im Handelsregister gelöscht.

Mit Geschäftsanteilskauf und -abtretungsvertrag vom 22.4.1993, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf die Anl. K 2 (Bd. I Bl. 20–47 d.A.) Bezug genommen wird, veräußerte die Beklagte den von ihr gehaltenen Geschäftsanteil an der Gemeinschuldnerin an die K.Z. e.G. (fortan: Käuferin), und zwar zu einem Kaufpreis von 4.328.440 DM, von dem nach Ziff. 4.2a) ein Teilbetrag von 1.023.977 DM unmittelbar auf ein Konto der D.R. zu zahlen war. Ferner heißt es in diesen Vertrag u.a.:

㤠3 Abtretung

3.1. Der Verkäufer tritt den in Ziff. 2 dieses Vertrages verkauften Geschäftsanteil unter den kumulativ aufschiebenden Bedingungen

– der Hinterlegung einer Bürgschaftsurkunde bei dem amtierenden Notar, die den Anforderungen der f. Ziff. 3.3 entspricht,

– …

an den Käufer ab.

3.3. In der Bürgschaftsurkunde hat sich die S.C. für den Kaufpreis zzgl. hierauf entfallender Zinsen gem. Ziff. 4 des Vertrages … bis zu einem Höchstbetrag von 4.400.000 DM zu verbürgen. …

5.4 Bestellung von Grundbuchschulden zugunsten des Käufers

Der Käufer finanziert den Kauf der Geschäftsanteile durch ein Darlehen der S.C. Diese verlangt zur Sicherung Grundsicherheiten. Dem Käufer sind mögliche steuer- und haftungsrechtliche Konsequenzen einer Finanzierung des Kaufpreises für die Geschäftsanteile aus dem Vermögen der Gesellschaft bekannt. Er stellt den Verkäufer von derartigen Konsequenzen frei. Gleichwohl besteht er auf Gewährung der von der S.C. gewünschten Sicherheit durch die Gesellschaft.

Dies vorausgeschickt erklärt die Gesellschaft:

Ich bewillige und beantrage hiermit, an meinem Grundstück „C.-H.-S.”, eingetragen im Grundbuch von Z., …, zugunsten der S.C. eine fällige Grundschuld ohne Brief über 4.400.000 DM verzinslich vom Tag der Eintragung der Grundschuld in das Grundbuch an mit jährlich 12 % einzutragen.”

Der Zahlung eines Teils des Kaufpreises an die D.R. lag zugrunde, dass diese einen Rückübertragungsanspruch auf das vorgenannte Grundstück (heute: S.) angemeldet hatte. Die Beklagte und die D.R. hatten sich ausweislich der dem Vertrag als Anl. 4 beigefü...

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