Leitsatz (amtlich)

Zu den unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben bei einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 StGB und einer Aussetzung des Strafrestes bei einer zeitigen Freiheitsstrafe nach § 57 StGB

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 11.09.2008; Aktenzeichen (502) 81 Js 2057/07 Ls Ns (4/08))

 

Tenor

  • 1.

    Die Revisionen der Angeklagten Z. und W. werden auf deren Kosten nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

  • 2.

    Auf die Revisionen der Angeklagten B. und J. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. September 2008, soweit es diese Angeklagten betrifft, im Ausspruch über die Strafaussetzung zur Bewährung mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben.

  • 3.

    Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B. und J. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

  • 4.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Angeklagten B. und J., an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das erweiterte Schöffengericht Tiergarten hat die Angeklagten am 14. August 2007 der gefährlichen, weil gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung schuldig gesprochen und wie folgt verurteilt:

den Angeklagten B. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr;

den Angeklagten Z. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde;

den Angeklagten J. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr;

den Angeklagten W. zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Berufungen der Angeklagten hat das Landgericht Berlin durch das angefochtene Urteil verworfen. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts.

II.

1.

Die Revisionen der Angeklagten Z. und W. sind nach der zutreffenden Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Berlin offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Der Senat bemerkt zu den Gegenerklärungen der Revisionsführer Folgendes:

a)

Die Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten W. verkennen, dass es nicht darum geht, ob "die Feststellungen zur Strafzumessung ... den angegriffenen Schuldspruch (...) begründen". Ungeachtet dessen, dass solches kaum jemals der Fall sein wird, stand der Schuldspruch für das Landgericht angesichts der wirksamen (§ 318 StPO) Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch nicht mehr in Rede. Die weiteren Ausführungen sind entweder urteilsfremd und deshalb unbeachtlich, oder aber unverständlich. Soweit die Revision das Fehlen der Feststellung genauer Tatbeiträge der einzelnen Mittäter und daraus resultierender konkreter Verletzungen einzelner Geschädigter bemängelt, übersieht sie, dass das arbeitsteilige Vorgehen aufgrund gemeinsamen Tatentschlusses die wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge und der auf diesen beruhenden Verletzungen zur Folge hat. Im Übrigen fehlte es insoweit an einer entsprechenden Verfahrensrüge.

b)

Die Kritik des Verteidigers des Angeklagten Z. an der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Berlin kann dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Der Verteidiger unterliegt einem Irrtum, wenn er meint, dass die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft umfangreich sein müsse, weil die Revisionsbegründung "seitenlang" ist. Die Generalstaatsanwaltschaft hat die für die rechtliche Bewertung maßgeblichen Aspekte aufgegriffen und darüber hinaus auch dargelegt, dass die Anrechnung von Untersuchungshaft kraft Gesetzes erfolgt (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB) und ein Urteil nicht etwa fehlerhaft und aufzuheben ist, weil "eine Anrechnung ... im angegriffenen Urteil nicht erfolgte". Selbstverständlich genügt es auch, wenn die Generalstaatsanwaltschaft einen Rechtssatz mit einem Zitat der veröffentlichten höchstrichterlichen Rechtsprechung belegt; sie ist nicht verpflichtet, der Verteidigung zu erklären, warum der dort entschiedene mit dem hier gegebenen Fall vergleichbar ist. Ebenfalls unzutreffend ist die Annahme, die Generalstaatsanwaltschaft müsse "darlegen", weshalb bestimmtes Revisionsvorbringen urteilsfremd ist; denn dies ergibt sich ohne weiteres daraus, dass die entsprechenden Umstände nicht in der Urteilsurkunde - die allein die Grundlage der Prüfung darstellt (vgl. nur Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl., § 337 Rdn. 22 m.w.N.) - enthalten sind. Die in die Sachrüge eingestreute Beanstandung des Verfahrens erfüllt die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht.

2.

Die Revisionen der Angeklagten B. und J. haben demgegenüber einen vorläufigen Teilerfolg.

a)

Gegen die Bemessung der jeweils verhängten Freiheitsstrafen ist aus Rechtsgründen allerdings nichts zu erinnern. Die unbeschränkt eingelegten Revisionen waren deshalb insoweit als offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

b)

Dagegen ist zu besorgen, dass die Strafkammer ihren Entscheidungen über die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung - unter Heranziehung einer zur Frage der Reststrafaussetzung gemäß § 57 Abs. 1 StGB ergang...

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