Leitsatz (amtlich)

1. Hat nach Aufnahme des gem. § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits in der 2. Instanz durch den Insolvenzverwalter das Berufungsgericht über die gesamten Kosten des Rechtsstreits entschieden und diese dem Insolvenzverwalter (als Kläger) auferlegt, so ist der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren hieran gebunden. Gegen den Insolvenzverwalter sind die Kosten beider Instanzen festzusetzen, eine Aufteilung nach den Instanzen entsprechend § 105 InsO kann nur in der Kostengrundentscheidung vorgenommen werden (a.A. BFH v. 10.7.2002 - I R 69/00, ZIP 2002, 2225).

2. Die (erneute) Anzeige der Masseunzulänglichkeit hindert die Kostenfestsetzung nicht, wenn lediglich dargelegt wird, dass der Gläubiger der Erstattungsforderung als einziger Neumassegläubiger nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO aus der noch vorhandenen Masse unter Berücksichtigung der vorrangigen, noch nicht abschließend feststehenden Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO) keine Befriedigung wird erlangen können. Dieser - bestrittene - Einwand ist ggf. der Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss gem. § 767 ZPO entgegenzuhalten.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 15.08.2006; Aktenzeichen 11 O 316/98)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 09.10.2008; Aktenzeichen IX ZB 129/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat den Beklagten die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten nach einem Wert von bis zu 15.000 EUR zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die frühere Klägerin S.W. hat die Beklagten auf Zahlung von 1.048.873,21 DM in Anspruch genommen. Mit dem am 18.6.2001 verkündeten Urteil des LG Berlin ist der Klage zu einem geringen Teil stattgegeben worden. Hiergegen haben beide Seiten Berufung eingelegt. Der Rechtsstreit ist dann mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Klägerin am 11.3.2002 unterbrochen worden. Nachdem der zunächst gestellte Prozesskostenhilfeantrag des Insolvenzverwalters und jetzigen Klägers erfolglos geblieben ist, hat dieser mit Schriftsatz vom 27.8.2003 die Aufnahme des Rechtsstreits unter seinem Eintritt als Partei erklärt. Aufgrund entsprechender Erklärungen des Klägers im Termin vom 1.6.2006 hat das KG am gleichen Tag ein Verzichtsurteil verkündet und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit Anträgen vom 16.6.2006 haben die Beklagten die Festsetzung der Kosten ihres Prozessbevollmächtigten für die erste und zweite Instanz beantragt. Gegen den diese Kosten antragsgemäß festsetzenden Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.8.2006 hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, der das LG nicht abgeholfen hat. Mit Schreiben vom 3.1.2007 hat der Kläger die Unzulänglichkeit der Masse zur Erfüllung der Altmasseverbindlichkeiten beim Insolvenzgericht angezeigt. Die Beklagten haben daraufhin ihren Antrag hilfsweise auf die Feststellung der Erstattungspflicht der geltend gemachten Kosten umgestellt.

B.I. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.8.2006 ist nach den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, insbesondere ist sie innerhalb der Frist von zwei Wochen nach § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden. Über das Rechtsmittel hat aufgrund des Übertragungsbeschlusses vom 21.2.2007 der Senat in der nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung zu entscheiden.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die Rechtspflegerin hat zu Recht nicht nur die nach der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Kläger mit dem Schriftsatz vom 27.8.2003 entstandenen Kosten, sondern auch die Kosten der ersten Instanz und die aufgrund der noch durch die Gemeinschuldnerin erfolgten Berufungseinlegung vom 2.8.2001 und der Begründung der Berufung durch den Schriftsatz vom 16.10.2001 bei den Beklagten entstandenen Kosten, wie die Prozessgebühr ihres Prozessbevollmächtigten, als im Kostenfestsetzungsverfahren festsetzungsfähig angesehen.

Dem steht weder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Klägerin entgegen noch die Tatsache, dass der Kläger als bestellter Insolvenzverwalter am 14.4.2003 ggü. dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte.

a) Allerdings führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nur dazu, dass das Prozessverfahren unterbrochen wird (§ 240 ZPO), sondern auch dazu, dass eine Vollstreckung aus bereits vorhandenen Vollstreckungstiteln, wie hier aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erster Instanz vom 11.9.2001 unzulässig wird, § 89 InsO. In der Folge kommt lediglich noch eine Festsetzung der Kosten zur Insolvenztabelle in Betracht. Entsprechendes gilt dann, wenn der Insolvenzverwalter nach § 208 InsO die Masseunzulänglichkeit anzeigt. Erfolgt die Anzeige der Masseunzulänglichkeit, so besteht nach § 210 InsO ein Vollstreckungsverbot selbst für die Forderungen, die als Masseverbindlichkeiten anzusehen sind, die also aus Handlungen des Insolvenzverwalters herrühren, die dieser nach ...

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