Als erstes ist die Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Haftpflichtgesetz (HaftPflG) in den Blick zu nehmen, weil sie keinen Verschuldensnachweis erfordert. Dieser Haftungstatbestand wird auch Wirkungshaftung genannt, weil die durch die öffentliche Kanalisation verursachten Überschwemmungen auf den Wirkungen des in den Kanalrohren transportierten Wassers beruhen.

Obwohl die Abwasserbeseitigung eine öffentliche Aufgabe der Kommunen ist, gehört nach ständiger Rechtsprechung des BGH die kommunale Abwasserkanalisation zu den in § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG genannten Rohrleitungsanlagen, an die das Gesetz eine Gefährdungshaftung ihres Inhabers knüpft.[1]

 
Wichtig

Gefährdungshaftung erfasst nur verrohrte Anlagen

Ganz entscheidend ist, dass die Gefährdungshaftung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG ausschließlich verrohrte Anlagen erfasst, während es hinsichtlich nicht verrohrter offener Gräben und Kanäle bei den allgemeinen Risiken und Haftungsnormen verbleibt. Ist deshalb etwa eine Regenwasserkanalisation streckenweise verrohrt und streckenweise als offener Graben geführt, kommt es maßgeblich darauf an, an welcher Stelle das schadensstiftende Wasser ausgetreten ist. Nur wenn es im verrohrten Streckenabschnitt ausgetreten ist, gilt die Gefährdungshaftung.[2]

 
Hinweis

Gefährdungshaftung umfasst nicht Rückstauschäden

Die Gefährdungshaftung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG erstreckt sich nicht auf Rückstauschäden, die im Haus eines an eine gemeindliche Kanalisationsanlage angeschlossenen Benutzers dadurch entstehen, dass Wasser durch die Kanalisationsanlage in das Gebäude eindringt. Jeder Grundstückseigentümer ist selbst verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um sein Anwesen gegen Rückstauungen bis zur Rückstauebene zu sichern. Ein durch eine Verengung der Abwasserleitung verursachter Rückstauschaden, der durch eine Rückstaueinrichtung hätte verhindert werden können, liegt dann außerhalb des Schutzbereichs einer verletzten Pflicht, wenn der Anlieger nach der einschlägigen Satzung zum Einbau einer solchen Sicherung verpflichtet ist. Auf den Grund, weshalb es zu einem Rückstau im Leitungssystem gekommen ist, kommt es dann regelmäßig nicht an.[3]

Höhere Gewalt

Führt ein ganz ungewöhnlicher und seltener Starkregen etwa mit einer Wiederkehr von mehr als 100 Jahren zu einem Rückstau in der Abwasserkanalisation und zu einem Wiederaustritt des Regenwassers aus den Gullys, kann sich die Gemeinde gegenüber der Gefährdungshaftung auf höhere Gewalt nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 HaftPflG berufen.[4]

 
Achtung

Haftungsbegrenzung

Die Gefährdungshaftung für Überschwemmungsschäden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG ist nicht unbegrenzt. Vielmehr muss nach § 10 Abs. 1 HaftPflG für Sachschäden nur bis zu einem Betrag von 300.000 EUR gehaftet werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge