In den Landesvorschriften ist das Hammerschlags- und Leiterrecht als gesetzliche Verpflichtung des Eigentümers und der Nutzungsberechtigten eines Grundstücks geregelt, unter bestimmten Voraussetzungen das Betreten und Benutzen des Grundstücks durch den Nachbarn zu dulden. Dabei unterscheiden sich die Landesregelungen sowohl hinsichtlich des Anlasses als auch des Umfangs der Inanspruchnahme des Grundstücks. Im Einzelfall ist daher ein Blick in die einschlägigen Landesvorschriften unverzichtbar.

4.2.1 Anlass für die Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts

Die Unterschiede beginnen bereits beim Anlass für die Rechtsausübung. Hier lassen sich zwei Ländergruppen unterscheiden, wovon die eine Gruppe

  • nur Arbeiten an baulichen Anlagen und die andere
  • am Grundstück allgemein

zulässt.

4.2.1.1 Hammerschlags- und Leiterrecht nur für Arbeiten an baulichen Anlagen

Die einschlägigen Landesvorschriften der nachfolgenden Bundesländer räumen die Befugnis zur Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts nur für Arbeiten ein, die sich auf bauliche Anlagen beziehen:

 
Bundesland Rechtsvorschriften Wortlaut
Baden-Württemberg § 7d NRG BW "eine nach den baurechtlichen Vorschriften zulässige bauliche Anlage"
Bayern Art. 46b AGBGB BY "zwecks Errichtung, Veränderung, Instandhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage"
Hamburg § 74 HBauO "zur Errichtung, Änderung oder Unterhaltung von Anlagen"
Hessen §§ 28, 29 NachbG HE "zwecks Errichtung, Veränderung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage"
Rheinland-Pfalz §§ 21-25 LNRG "zwecks Errichtung, Veränderung, Reinigung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage"
Sachsen § 24 SächsNRG "zur Errichtung, Veränderung, Reinigung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage"
Thüringen §§ 21-25 ThürNRG "zwecks Errichtung, Veränderung, Reinigung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage"

Darunter fallen

  • Wohngebäude,
  • Grenzgaragen,
  • Einfriedungsmauern und
  • andere mit dem Erdboden fest verbundene, aus Baustoffen und Bauteilen hergestellte Anlagen.

Erfasst sind damit Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung, Veränderung, Unterhaltung oder Beseitigung derartiger baulicher Anlagen. Teilweise wird in den Landesvorschriften ausdrücklich auch die Reinigung einer baulichen Anlage als Unterfall der Bauunterhaltung genannt. Praktischer Hauptanwendungsfall der Landesvorschriften dürften Verputz-, Ausbesserungs- oder Malerarbeiten an einer Grenzwand sein.[1]

Andere Arbeiten, die nicht bauliche Arbeiten betreffen, berechtigen in diesen Bundesländern nicht zur Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts. Sind derartige Arbeiten, wie etwa ein grenzseitiger Heckenschnitt, vom eigenen Grundstück aus ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks nicht durchführbar, kommt nur ein Rückgriff auf die Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Betracht.[2]

[1] Vgl. LG Duisburg, Urteil v. 28.2.1958, 7 S 295/57, MDR 1958, 514; LG Bonn, Urteil v. 7.11.1961, 2 O 104/61, MDR 1962, 306; LG Berlin, Urteil v. 14.3.1963, 52/62 S 242/62, MDR 1964, 147; OLG Hamm, Urteil v. 2.12.1965, 5 U 132/65, NJW 1966, 599; OLG Hamm, Beschluss v. 4.1.1984, 14 W 238/83, MDR 1984, 847.
[2] So AG Michelstadt/Odenwald, Urteil v. 17.3.1964, C 164/63, MDR 1964, 845.

4.2.1.2 Hammerschlags- und Leiterrecht am Grundstück allgemein

In den nachfolgenden Bundesländern ist nach den dortigen Vorschriften die Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts nicht auf Arbeiten beschränkt, die nur bauliche Anlagen betreffen. Vielmehr ist in diesen Bundesländern eine Befugnis zur Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks bei der Ausführung von Bau-, Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten allgemeiner Art auf dem eigenen Grundstück gesetzlich geregelt:

 
Bundesland Rechtsvorschriften Wortlaut
Berlin §§ 17, 18 NachbG Bln "Grundstück einschließlich der Bauwerke"
Brandenburg §§ 23, 24 BbgNRG "Grundstück einschließlich der Bauwerke"
Niedersachsen §§ 47, 48 NNachbG "das Grundstück (...) vorübergehend betreten und benutzt wird"
Nordrhein-Westfalen §§ 24, 25 NachbG NRW "Grundstück einschließlich der baulichen Anlagen"
Saarland §§ 24-26 NachbarG SL "Grundstück einschließlich der Bauwerke"
Sachsen-Anhalt §§ 18-20 NbG ST "Grundstück einschließlich der Bauwerke"
Schleswig-Holstein §§ 17-19 NachbG SH "Grundstück einschließlich der Bauwerke"

In erster Linie sind damit auch in diesen Bundesländern Arbeiten an baulichen Anlagen angesprochen. Darüber hinaus kann aber das Hammerschlags- und Leiterrecht auch für andere Arbeiten auf dem eigenen Grundstück in Anspruch genommen werden, die keine baulichen Anlagen betreffen, wie etwa einen grenzseitigen Heckenschnitt oder das Fällen von Bäumen.

4.2.2 Umfang der Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts

Auch was den Umfang der Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks in Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts betrifft, sind die Landesvorschriften durchaus unterschiedlich ausgestaltet.

4.2.2.1 Recht zum Betreten nur des unbebauten Teils des Nachbargrundstücks

Soweit die Landesvorschriften keine weitergehenden Regelungen beinhalten, wird man davon ausgehen müssen, dass bei Ausübung des Hammerschlags- und Leiterrechts nur der unbebaute Teil des Nachbargrundstücks betreten werden darf. Dies gilt für

  • Baden-Württemberg,
  • Bayern,
  • Hamburg,
  • Hessen,
  • Niedersachsen,
  • Rheinland-Pfalz,
  • Sachsen und
  • Thüringen.

4.2.2.2 Recht zum Betreten auch des bebauten Teils des Nachbargrundstücks

In

  • Berlin,
  • Brandenburg,
  • No...

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