Die weltweiten Tierbestände haben sich seit 1970 um 69 % reduziert (Abb. 13).[1] Die Gründe hierfür sind unter anderem der Klimawandel sowie der vermehrte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Düngern. Die Rückgänge der Artenvielfalt sind regional und artenspezifisch verschieden, jedoch sind auch innerhalb der Europäischen Union deutliche Rückschritte zu erkennen. Innerhalb der letzten 40 Jahre ist der Anteil der wild lebenden Arten dort um mehr als 60 % zurückgegangen.[2] Gründe hierfür sind unter anderem die Zerstörung natürlicher Lebensräume und die Umwandlung von Landflächen in Nutzflächen (beispielsweise durch die Ausbreitung städtischer Gebiete), der Einsatz von Pestiziden und anderen Chemikalien, die Belastung der Meere, Wilderei sowie die sich erhöhenden Schadstoffbelastungen. Hinzu kommt, dass die Erderwärmung die Reduktion der Artenvielfalt beispielsweise durch zunehmende Naturkatastrophen vorantreibt. Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass 41 % der Säugetiere ihren natürlichen Lebensraum verlieren könnten, sollte sich die Erde bis 2050 um 3 °C erwärmen.

Abb. 13: Globaler Living Planet Index. Rückgang der Artenvielfalt von 1970 bis 2018. In Anlehnung an: WWF, 2022.[3]

UN-Weltnaturkonferenz

Der Erhalt der Biodiversität ist daher ein zentraler Bestandteil der Klimastrategie vieler Staaten. Im Dezember 2022 fand die 15. UN-Weltnaturkonferenz statt (Convention on Biological Diversity Conference of the Parties – CBD COP), bei der neue globale Vereinbarungen zur Erhaltung und Wiederherstellung der Biodiversität getroffen wurden. Die 15 an der CBD COP beteiligten Staaten haben sich darauf verständigt, dass der Verlust der Biodiversität bis 2030 gestoppt werden soll. Die Zielsetzungen umfassen unter anderem, mindestens 30 % der weltweiten Landes- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen, den Einsatz von umweltschädlichen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu halbieren sowie 30 % der biologischen Vielfalt wiederherzustellen. Der Finanzsektor soll verpflichtet werden, die durch Investitionen getätigten negativen Auswirkungen zur biologischen Vielfalt offenzulegen.

EU-Biodiversitätsstrategie

Die Europäische Kommission hat im Jahr 2020 die EU-Biodiversitätsstrategie publiziert, die bis 2030 den Erhalt, den Schutz und die Wiederherstellung der Ökosysteme in der Europäischen Union sicherstellen soll. Die Strategie baut auf der "Natura 2000 Charta" sowie auf der "EU Birds and Habitat Directive" von 1979 auf. Konkretes Ziel ist unter anderem die Förderung von biologisch bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen, die partielle Umwandlung von Land- und Meeresfläche in Schutzgebiete, die Wiederherstellung von Ökosystemen sowie die Aufforstung, die Schaffung von artgerechten Lebensräumen an Flüssen sowie die Bewahrung von Meeresboden. Um diese Ziele zu erreichen, hält die Europäische Kommission pro Jahr etwa 20 Milliarden Euro bereit.

 
Praxis-Tipp

Online-Tracker

Über einen Online-Tracker der Europäischen Kommission können die Fortschritte beim Erreichen der in der Biodiversitätsstrategie festgelegten Ziele verfolgt werden.[4]

Gebäudesektor

Für den Gebäudesektor formuliert die EU-Biodiversitätsstrategie bisher vage Ziele und fokussiert sich hierbei auf die generelle ökologische Stadtplanung, auf öffentliche Räume sowie Infrastrukturen, um den Verlust von städtischen Ökosystemen zu vermeiden. Jedoch werden im Rahmen der erweiterten EU Taxonomy Vorgaben zur Biodiversität für Neubauten formuliert. Vorgegeben wird, dass Gebäude nicht auf Ackerlandflächen mit mäßiger bis hoher Bodenfruchtbarkeit gebaut werden dürfen. Ferner dürfen Gebäude nicht auf Grünland mit hohem Biodiversitätswert errichtet werden, das als "Lebensraum gefährdeter Arten (Flora und Fauna)" dient,[5] sowie nicht in als Wald markierten Gebieten. Darüber hinaus ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor Baubeginn durchzuführen. Sollte sich der Neubau in unmittelbarer Nähe zu einem Gebiet mit hoher Biodiversität befinden, sind eine geeignete Prüfung sowie Mitigationsmaßnahmen durchzuführen.[6] Für Bestandsgebäude und Renovierungen gibt es aktuell keine konkreten Vorgaben im Rahmen der EU Taxonomy, die den Mietenden oder die Mietfläche betreffen.

 
Praxis-Tipp

Biodiversitätsplan erstellen

Biodiversitätsklauseln in Green Leases helfen vor allem dabei, die Biodiversität am Standort zu stärken und die (zukünftigen) regulatorischen Risiken im Gebäude zu minimieren. Gemeinsam mit den Mietenden kann ein Biodiversitätsplan ausgearbeitet werden, der die Artenvielfalt am Standort stärkt und zugleich einen positiven Beitrag zum nachhaltigen Mieterengagement bringt. Neben den regulatorischen Vorgaben gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Biodiversität im Gebäude zu fördern. Gemeinsam mit den Mietenden können Biodiversitätsziele und konkrete Umsetzungsmaßnahmen formuliert werden. Dies kann die Anlage einer Streuobstwiese, das Aufhängen von Nistkästen, das Anlegen von (Hoch-)Beeten bzw. von Gemeinschaftsgärten, die Errichtung von Gewächshäusern oder die Ansiedlung von Bienenvö...

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