Zusammenfassung

 
Überblick

Streit um die Pflege oder das Fällen von Grenzbäumen und -hecken gibt es unter Nachbarn immer wieder. Dabei entbrennt häufig ein Streit darüber, ob sich das Gewächs tatsächlich auf der Grenzlinie befindet oder wegen des Wuchses und der Wurzeln nicht zum Grundstück eines der Nachbarn gehört.

1 Grenzbäume und Grenzsträucher

1.1 Definition

Um einen Grenzbaum (§ 923 Abs. 1 BGB) und einen Grenzstrauch (§ 923 Abs. 3 BGB) handelt es sich dann, wenn das Gehölz an der Stelle, an der es aus dem Boden heraustritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird. Dabei ist es nicht nötig, dass die Grenzlinie mitten durch das Gehölz hindurch geht, es genügt vielmehr, wenn sie den Baum oder Strauch nur anteilig schneidet. Auf die Verwurzelung kommt es dabei nicht an.

Mit der Definition des Grenzbaums hat sich eingehend das OLG München[1] befasst. Es definiert den Grenzbaum wie folgt: "Nach der in der Literatur ganz überwiegend vertretenen Auffassung ist ein Baum dann ein Grenzbaum, wenn er da, wo er aus der Erde tritt, von der Grenze durchschnitten wird. Auf die Wurzelung kommt es dabei nicht an. Es ist also weder nach Stamm, Stammfuß und Wurzelanläufen zu unterscheiden, noch zu erwägen, an welcher Stelle aus forstwirtschaftlicher Sicht am sinnvollsten zu fällen ist (sog. Hiebstelle). Vielmehr kommt es bei einer natürlichen Betrachtungsweise allein darauf an, wo der Stamm, ggf. auch mit Stammfuß und Wurzelanlauf, aus der Erde tritt, und ob an dieser Stelle die Grundstücksgrenze durchschnitten wird. Diese oberirdischen, in der Regel auch mit Rinde versehenen, sichtbaren Teile des Baums sind hiernach zum Stamm zu rechnen."

Wichtig ist, worauf Laiblin in seiner Anmerkung zu dem Urteil hinweist, dass es sich um Teile des "gesamten" Baums handelt, die von der Grenze durchschnitten werden und zwar Teile, auf denen der Baum steht. Die Verwurzelung unter der Erdoberfläche und das Hinüberragen der oberirdischen Teile des Baums über die Grenzlinie sind ohne Bedeutung für die Feststellung, ob ein Grenzbaum vorliegt oder nicht.

1.2 Eigentumslage

Wird der Baum bzw. der Strauch von der Grenze durchschnitten, gehört nach der neuesten Rechtsprechung des BGH jedem benachbarten Grundstückseigentümer derjenige Teil des Grenzbaums bzw. -strauchs, der sich auf seinem Grundstück befindet (vertikal geteiltes Eigentum).[1]

 
Hinweis

Kein Schadensersatzanspruch bei Beschädigung eines Grenzbaums

Ein Grundstückseigentümer hat keinen Schadensersatzanspruch wegen Eigentumsverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks (oder dessen Mieter), wenn dieser Beeinträchtigungen durch eingedrungene Wurzeln auf seinem Grundstück hat, die Wurzeln deshalb beseitigt (Selbsthilfe nach § 910 BGB) und der Grenzbaum in der Folge abstirbt.[2]

1.3 Beseitigungsanspruch

Jeder der Grundstückseigentümer kann die Zustimmung des Nachbarn zur Beseitigung eines Grenzbaums bzw. -strauchs verlangen.[1] Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn der Grenzbaum bzw. -strauch nach § 923 Abs. 2 Satz 4 BGB als Grenzzeichen dient und nicht durch ein anderes Zeichen ersetzt werden kann. Einen anderen Grund, die Zustimmung zu verweigern, kennt das Gesetz nicht.

1.4 Klage auf Zustimmung

Die Beseitigung eines Grenzbaums oder -strauchs darf nicht eigenmächtig, d. h. ohne Zustimmung des Nachbarn erfolgen. Notfalls muss der Nachbar auf Zustimmung verklagt werden.[1]

 
Hinweis

Zustimmung wird nicht eingeholt

Fällt ein Nachbar den Grenzbaum eigenmächtig, so ist dies rechtswidrig. § 923 Abs. 2 Satz 1 BGB gewährt kein Selbsthilferecht. Ein Schadensersatzanspruch besteht jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten entstanden wäre. Dies kann vorliegen, wenn ein Grundstückseigentümer verpflichtet ist, auf Verlangen des Nachbarn dem Fällen des Grenzbaums zuzustimmen. Besteht eine solche Verpflichtung, kann sich der ohne Zustimmung handelnde Nachbar auf rechtmäßiges Alternativverhalten berufen.[2] Dies gilt aber nur dann, wenn ausgeschlossen ist, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften (z. B. Baumschutzverordnung) einem Fällen hätten entgegenstehen können.[3]

Gemäß § 924 BGB unterliegt der Anspruch nicht der Verjährung.

Erfolgt die Beseitigung mit Zustimmung des Nachbarn, gehören den Grundstückseigentümern der gefällte Baum oder Strauch zu gleichen Teilen.[4] Sie haben auch die Beseitigungskosten zu gleichen Teilen zu tragen.[5]

1.5 Kostentragung

Da jedoch die Beseitigung häufig mehr Kosten veru...

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