Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen eines Unionsbürgers. Ehe zwischen einem Unionsbürger und einem Drittstaatsangehörigen. Gewalttaten in der Ehe. Scheidung nach dem Wegzug des Unionsbürgers. Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts des das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder, die Unionsbürger sind, wahrnehmenden Drittstaatsangehörigen

 

Normenkette

AEUV Art. 20-21; Richtlinie 2004/38/EG - Art. 13 Abs. 2; Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 – Art. 12

 

Beteiligte

NA

Secretary of State for the Home Department

NA

 

Tenor

1. Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ist dahin auszulegen, dass ein Drittstaatsangehöriger, der von einem Unionsbürger geschieden wurde, dessen Gewalttaten im häuslichen Bereich er während der Ehe ausgesetzt war, auf der Grundlage dieser Bestimmung keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung seines Aufenthaltsrechts im Aufnahmemitgliedstaat hat, wenn das gerichtliche Scheidungsverfahren erst nach dem Wegzug des Ehegatten mit Unionsbürgerschaft aus diesem Mitgliedstaat eingeleitet wurde.

2. Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass ein Kind und dessen das alleinige Sorgerecht wahrnehmender, einem Drittstaat angehörender Elternteil aufgrund dieser Bestimmung ein Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat haben, wenn der andere Elternteil wie im Ausgangsverfahren Unionsbürger ist und im Aufnahmemitgliedstaat erwerbstätig war, diesen aber verlassen hat, bevor das Kind dort eingeschult wurde.

3. Art. 20 AEUV ist dahin auszulegen, dass er weder einem minderjährigen Unionsbürger, der sich seit seiner Geburt im Aufnahmemitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, noch dem einem Drittstaat angehörenden Elternteil, der das alleinige Sorgerecht für diesen Minderjährigen hat, ein Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat verleiht, wenn ihnen nach einer Bestimmung des abgeleiteten Unionsrechts ein Aufenthaltsrecht in diesem Mitgliedstaat zusteht.

Art. 21 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einem minderjährigen Unionsbürger ein Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat verleiht, sofern er die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt; dies zu klären ist Sache des vorlegenden Gerichts. Ist das der Fall, erlaubt es diese Bestimmung dem die elterliche Sorge für den Unionsbürger tatsächlich wahrnehmenden Elternteil, sich mit ihm im Aufnahmemitgliedstaat aufzuhalten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Rechtsmittelgerichtshof [England & Wales] [Zivilabteilung], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 25. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 6. März 2015, in dem Verfahren

Secretary of State for the Home Department

gegen

NA,

Beteiligter:

Aire Centre,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter A. Arabadjiev, J.-C. Bonichot, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von NA, vertreten durch A. Gonzalez, Solicitor, B. Asanovic, Barrister, und T. de la Mare, QC,
  • des Aire Centre, vertreten durch T. Buley, Barrister, und R. Drabble, QC, beauftragt von L. Barratt, Solicitor,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Kaye und M. Holt als Bevollmächtigte im Beistand von B. Kennelly und B. Lask, Barristers,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning und M. S. Wolff als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und C. Schillemans als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer, M. Wilderspin, E. Montaguti und C. Tufvesson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. April 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 20 und 21 AEUV, von Art. 13 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung...

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