Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. An eine Fremdwährung gekoppelter Hypothekendarlehensvertrag. Vertragsklausel über den An- und Verkaufskurs einer Fremdwährung. Gebot der Verständlichkeit und der Transparenz. Befugnisse des nationalen Gerichts

 

Normenkette

Richtlinie 93/13/EWG

 

Beteiligte

A. S.A

M.P

B.P

„A.” prowadzący działalność za pośrednictwem „A.” S.A

 

Tenor

1. Art. 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass der Inhalt einer Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Darlehensvertrags, die die Ein- und Verkaufskurse einer Fremdwährung, an die das Darlehen gekoppelt ist, festlegt, es einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher ermöglichen muss, auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien zu verstehen, wie der zur Berechnung der Höhe der Tilgungsraten verwendete Fremdwährungswechselkurs festgelegt wird, damit dieser Verbraucher die Möglichkeit hat, den von dem Gewerbetreibenden angewandten Wechselkurs jederzeit selbst zu bestimmen.

2. Art. 5 und Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG sind dahin auszulegen, dass sie dem nationalen Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Klausel eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags im Sinne von Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie festgestellt hat, nicht gestatten, eine Auslegung dieser Klausel vorzunehmen, um ihrer Missbräuchlichkeit abzuhelfen, auch wenn diese Auslegung dem gemeinsamen Willen der Vertragsparteien entsprechen sollte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy dla Warszawy-Woli w Warszawie II Wydział Cywilny (Rayongericht Warschau-Wola, 2. Abteilung für Zivilsachen, Polen) mit Entscheidung vom 22. Januar 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Mai 2020, in dem Verfahren

M.P.,

B.P.

gegen

”A.” prowadzący działalność za pośrednictwem „A.” S.A.,

Beteiligter:

Rzecznik Praw Obywatelskich,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Sechsten Kammer I. Ziemele (Berichterstatterin) in Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin der Siebten Kammer sowie der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von M.P. und B.P., vertreten durch J. Mikołajek, Radca prawny, und M. Szymański, Adwokat,
  • der „A.” prowadzący działalność za pośrednictwem „A.” S.A., vertreten durch M. Bakuła, Radca prawny,
  • des Rzecznik Praw Obywatelskich, vertreten durch M. Taborowski,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Queiroz Ribeiro, A. Rodrigues und P. Barros da Costa als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. L. Kalėda und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

Rz. 2

Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen M.P. und B.P. auf der einen Seite und der Bank „A.” prowadzący działalność za pośrednictwem” (tätig über die) „A.” S.A., (im Folgenden: A) auf der anderen Seite über die Modalitäten für die Rückzahlung eines Darlehens im Rahmen eines Hypothekendarlehensvertrags, der an eine Fremdwährung gekoppelt ist und angeblich missbräuchliche Klauseln enthält.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 8 und 20 der Richtlinie 93/13 lauten:

„In den beiden Programmen der Gemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher … wird die Bedeutung des Verbraucherschutzes auf dem Gebiet missbräuchlicher Vertragsklauseln hervorgehoben. Dieser Schutz sollte durch Rechtsvorschriften gewährleistet werden, die gemeinschaftsweit harmonisiert sind oder unmittelbar auf dieser Ebene erlassen werden.

Die Verträge müssen in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein. Der Verbraucher muss tatsächlich die Möglichkeit haben, von allen Vertragsklauseln Kenntnis zu nehmen. Im Zweifelsfall ist die für den Verbraucher günstigste Auslegung anzuwenden.”

Rz. 4

Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.”

Rz. 5

Art. 4 der Richtlinie lautet:

„(1) Die Missbräuchli...

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