Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Unternehmen und Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren. Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind. Begriffe. Einrichtungen, die damit betraut sind, zu überprüfen und zu zertifizieren, ob die Unternehmen, die öffentliche Arbeiten ausführen, die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen beachten. Niederlassungsfreiheit. Beschränkung. Rechtfertigung. Schutz der Dienstleistungsempfänger. Qualität der Zertifizierungsdienstleistungen

 

Normenkette

AEUV Art. 49, 101-102, 106

 

Beteiligte

SOA Nazionale Costruttori

Ministero dello Sviluppo economico

Autorità per la vigilanza sui contratti pubblici di lavori, servizi e forniture

SOA Nazionale Costruttori – Organismo di Attestazione SpA

 

Tenor

Die Art. 101 AEUV, 102 AEUV und 106 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, die für die Gesellschaften, die Zertifizierungseinrichtungen (Società Organismi di Attestazione) sind, eine Regelung über die Erhebung von Mindestgebühren für die Zertifizierungsdienste vorschreibt, die sie Unternehmen erbringen, die an Ausschreibungen über öffentliche Bauaufträge teilnehmen wollen.

Eine solche nationale Regelung stellt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 49 AEUV dar, ist jedoch geeignet, die Verwirklichung des Ziels des Schutzes der Empfänger dieser Dienste sicherzustellen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob diese nationale Regelung unter Berücksichtigung insbesondere der Art der Berechnung der Mindestgebühren, u. a. in Abhängigkeit von der Anzahl der Kategorien von Arbeiten, für die die Bescheinigung erteilt wird, nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Italien) mit Entscheidung vom 6. März 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Juli 2012, in dem Verfahren

Ministero dello Sviluppo economico,

Autorità per la vigilanza sui contratti pubblici di lavori, servizi e forniture

gegen

SOA Nazionale Costruttori – Organismo di Attestazione SpA,

Beteiligte:

Associazione nazionale Società Organismi di Attestazione (Unionsoa),

SOA CQOP SpA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter M. Safjan (Berichterstatter), C. G. Fernlund und J. Malenovský sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der SOA Nazionale Costruttori – Organismo di Attestazione SpA, vertreten durch S. Cammareri und M. Condinanzi, avvocati,
  • der Associazione nazionale Società Organismi di Attestazione (Unionsoa), vertreten durch A. Cancrini, G. M. Di Paolo und A. Clarizia, avvocati,
  • der SOA CQOP SpA, vertreten durch C. De Portu, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. D'Ascia, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Malferrari, I. Rogalski und R. Striani als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 101 AEUV, 102 AEUV und 106 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ministero dello Sviluppo economico (Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, im Folgenden: Ministero) und der Autorità per la vigilanza sui contratti pubblici di lavori, servizi e forniture (Aufsichtsbehörde für öffentliche Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge, im Folgenden: Autorità) einerseits und der SOA Nazionale Costruttori – Organismo di Attestazione SpA (im Folgenden: SOA Nazionale Costruttori) andererseits über die Erklärung des Ministero und der Autorità, dass die gesetzliche Abschaffung der obligatorischen Mindestgebühren bezüglich der Ausübung beruflicher Tätigkeiten nicht für Dienstleistungen gilt, die von Gesellschaften angeboten werden, die Zertifizierungseinrichtungen (Società Organismi di Attestazione, im Folgenden: SOA) sind.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 52 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114) sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten können entweder amtliche Verzeichnisse zugelassener Bauunternehmer, Lieferanten oder Dienstleistungserbringer oder eine Zertifizierung durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Stellen einführen.”

Italienisches Recht

Rz. 4

Das Decreto legislativo Nr. 163 vom 12. April 2006 betreffend das Gesetzbuch über öffentl...

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