Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Verbraucherschutz. Richtlinie 93/13/EWG. Missbräuchliche Klauseln. Richtlinie 2008/48/EG. Richtlinie 87/102/EWG. Verbraucherkreditverträge. Effektiver Jahreszins. Schiedsverfahren. Schiedsspruch. Möglichkeit für das nationale Gericht, von Amts wegen einen möglichen missbräuchlichen Charakter bestimmter Klauseln zu beurteilen

 

Beteiligte

Pohotovosť

Pohotovosť s.r.o

Iveta Korčkovská

 

Tenor

1. Ein nationales Gericht, das über einen Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch entscheidet, ist nach der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen verpflichtet, von Amts wegen die Unverhältnismäßigkeit einer Sanktion zu prüfen, die in dem vom Kreditgeber mit dem Verbraucher geschlossenen Kreditvertrag enthalten ist und in dem Schiedsspruch angewandt wurde, wenn es über die hierzu erforderlichen Informationen über die rechtliche und tatsächliche Lage verfügt und wenn nach den Bestimmungen seines nationalen Verfahrensrechts eine solche Beurteilung im Rahmen vergleichbarer Verfahren nach nationalem Recht vorgenommen werden kann.

2. Es ist Sache des befassten nationalen Gerichts, festzustellen, ob eine Kreditvertragsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die nach den Feststellungen dieses Gerichts eine unverhältnismäßig hohe Sanktion für den Verbraucher vorsieht, in Anbetracht aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände als missbräuchlich im Sinne der Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 zu betrachten ist. Bejahendenfalls obliegt es diesem Gericht, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus nach nationalem Recht ergeben, um sich zu vergewissern, dass diese Klausel für den Verbraucher unverbindlich ist.

3. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann das Unterbleiben einer Angabe des effektiven Jahreszinses in einem Verbraucherkreditvertrag, die im Kontext der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit in der durch die Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 geänderten Fassung von besonderer Bedeutung ist, ein maßgeblicher Faktor im Rahmen der von einem nationalen Gericht vorzunehmenden Prüfung der Frage sein, ob eine Klausel in einem Verbraucherkreditvertrag, die dessen Kosten betrifft und in der eine solche Angabe nicht enthalten ist, im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 93/13 klar und verständlich abgefasst ist. Ist dies nicht der Fall, kann dieses Gericht auch von Amts wegen beurteilen, ob in Anbetracht aller den Abschluss dieses Vertrags begleitenden Umstände das Unterbleiben der Angabe des effektiven Jahreszinses in der Vertragsklausel, die die Kosten dieses Kredits betrifft, zur Missbräuchlichkeit dieser Klausel im Sinne der Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 führen kann. Unbeschadet der Möglichkeit, den Vertrag anhand der Richtlinie 93/13 zu beurteilen, ist jedoch die Richtlinie 87/102 dahin auszulegen, dass sie es dem nationalen Gericht erlaubt, von Amts wegen die Bestimmungen, mit denen Art. 4 der Richtlinie 87/102 in das nationale Recht umgesetzt wird, anzuwenden, wonach das Unterbleiben einer Angabe des effektiven Jahreszinses in einem Verbraucherkreditvertrag zur Folge hat, dass der gewährte Kredit als zins- und kostenfrei gilt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Krajský súd v Prešove (Slowakei) mit Entscheidung vom 19. Januar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Februar 2010, in dem Verfahren

Pohotovosť s. r. o.

gegen

Iveta Korčkovská

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Achten Kammer sowie der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) in Verbindung mit der anwendbaren Unionsregelung für Verbraucherkreditverträge.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Pohotovosť s. r. o. (im Folgenden: Pohotovosť) und Frau Korčkovská über die Vollstreckung eines Schiedsspruchs, mit dem Frau Korčkovská verurteilt worden ist, an diese Gesellschaft gemäß den Bestimmungen eines zwischen den Parteien geschlossenen Kreditvertrags über 20 000 SKK (663,88 Euro) einen Betrag von 48 820 SKK (1 620,53 Euro) nebst Verzugszinsen und Kosten zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 87/102/EWG

Rz. 3

Der 25. Erwägungsgrund der Richtlinie ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge