1 Leitsatz

Ist in der Eigenbedarfskündigung einer Personengesellschaft angegeben, die als Bedarfsperson benannte Gesellschafterin wolle künftig nicht mehr von ihrem 2 Fahrstunden entfernten Familienheim pendeln und deswegen unter der Woche in der Wohnung übernachten; stellt das Gericht aber fest, dass die Bedarfsperson die Wohnung allenfalls in Ausnahmefällen als Zweitwohnung nutzen will, ist die Kündigung unwirksam und die Räumungsklage abzuweisen.

2 Normenkette

§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB

3 Das Problem

Der Vermieter ist zur Kündigung wegen Eigenbedarfs grundsätzlich auch dann berechtigt, wenn er die vermietete Wohnung lediglich als Zweitwohnung nutzen will. Insofern sind nach der Rechtsprechung des BGH allerdings allgemeinverbindliche Aussagen etwa über eine konkrete Mindestnutzungsdauer der Zweitwohnung nicht möglich. Maßgeblich sind die konkreten Umstände des Einzelfalles. Ein Eigenbedarf kann jedenfalls dann angenommen werden, wenn der Vermieter die Absicht hat, sich regelmäßig und mehrfach im Jahr aus beruflichen Gründen in der Wohnung aufzuhalten und nicht mehr auf eine Unterkunft im Hotel oder bei privaten Bekannten angewiesen sein möchte. Die Begründung des Lebensmittelpunkts in der Mietwohnung ist dabei nicht erforderlich (BGH, Beschluss v. 22.8.2017, VIII ZR 19/17).

Kündigt der Vermieter eine Wohnung wegen Eigenbedarfs, um sie künftig als Zweitwohnung zu nutzen, muss das Kündigungsschreiben Angaben zum Grund sowie zur Dauer und Intensität der beabsichtigten Nutzung enthalten. Die schlichte Mitteilung, die Wohnung "für notwendige Aufenthalte als Zweitwohnung" nutzen zu wollen, ist unzureichend (so bereits LG Berlin, Beschluss v. 7.1.2020, 67 S 249/19).

4 Die Entscheidung

An einer solchen unzureichenden Begründung scheiterte die vor dem LG Berlin verhandelte Kündigung. Eine Personengesellschaft hatte das Mietverhältnis über eine 1-Zimmerwohnung wegen Eigenbedarfs für eine ihrer Gesellschafterinnen gekündigt, weil diese "unter der Woche in Berlin bleiben" und die Wohnung als Schlafmöglichkeit nutzen wolle. Nach persönlicher Anhörung und Zeugenvernehmung stellte das Gericht jedoch fest, dass die Wohnung nicht annähernd in dem Umfang genutzt werden sollte, wie es in der Kündigung und dem Räumungsverfahren vorgetragen wurde. Die beabsichtigte Nutzung sei nicht werktäglich (unter der Woche) geplant, sondern nur an einigen Tagen. Das Gericht sah daher keine ernsthaften vernünftigen und nachvollziehbaren Gründe, weswegen die Wohnung i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB benötigt werde.

5 Entscheidung

LG Berlin, Urteil v. 22.6.2022, 64 S 340/21

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