Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Markenrechtsverletzung, wenn in einer angegriffenen Marke eine beschreibende Angabe besonders herausgestellt wird.

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 23 Nr. 2

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Urteil vom 02.11.2001; Aktenzeichen 6 U 42/01)

LG Köln

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Köln v. 2.11.2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klageansprüche auch abgewiesen hat, soweit sie auf die Marke "Regiopost" gestützt sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber bei der Beförderung von Briefsendungen. Der Beklagte ist Inhaber der nachfolgend im Klageantrag wiedergegebenen, in blau und weiß gehaltenen Wort-/Bildmarke Nr. 399 70 994.0 ("Regional Post") für die Dienstleistungsklasse "Transportwesen".

Die Klägerin, die Deutsche Post AG, hat geltend gemacht, zwischen dieser Marke und einer Reihe näher bezeichneter, für sie eingetragener Marken bestehe Verwechslungsgefahr. Sie hat sich dabei u.a. auf die Wortmarke Nr. 396 36 412 "Deutsche Post" gestützt sowie auf die Wortmarke Nr. 399 28 272 "Regiopost", die insb. für folgende Waren eingetragen ist: "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten". Durch die Benutzung der Marke "Regional Post" verletze der Beklagte zudem Namens- und Firmenrechte der Klägerin.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Kennzeichnung "Regional Post", wie nachfolgend eingeblendet, für Waren und Dienstleistungen im Bereich Transportwesen und/oder zur Kennzeichnung eines Unternehmens und/oder Geschäftsbetriebes zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, d.h. insbes. die Kennzeichnung "Regional Post" auf Waren und/oder Dienstleistungen der vorgenannten Art und/oder ihrer Aufmachung und Verpackung anzubringen und/oder in Geschäftspapieren und/oder in der Werbung zu benutzen und/oder unter der Kennzeichnung "Regional Post" Waren und/oder Dienstleistungen der vorgenannten Art anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen:

2. in die Löschung der Deutschen Marke Nr. 399 70 994.0/39 gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen;

3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ggü. wem und in welchem Umfang er die unter Ziff. 1 aufgeführten Handlungen vorgenommen hat;

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziff. 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Der Beklagte hat eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Kennzeichen in Abrede gestellt.

Das LG hat der Klage mit Einschränkungen bei den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht stattgegeben.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil hat der Senat nur hinsichtlich der Ansprüche aus der Klagemarke "Regiopost" angenommen. Der Beklagte beantragt, die Revision in dem noch anhängigen Umfang zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat den auf die Klagemarken gestützten Unterlassungsantrag als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben, weil es an der erforderlichen Verwechslungsgefahr zwischen der am ehesten in Betracht kommenden Wortmarke der Klägerin "Deutsche Post" und der angegriffenen Wort-/Bildmarke "Regional Post" fehle. Das Zeichen "Deutsche Post" besitze nur in der Kombination seiner beiden Bestandteile Unterscheidungskraft, weil das Wort "Post" ein beschreibender Begriff sei, u.a. für auf bestimmte Art und Weise versandte und zugegangene Brief- und Paketsendungen sowie für Beförderungsleistungen. Die geringe Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken schließe auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens aus. Das gelte trotz des Umstands, dass für die Klägerin eine Reihe von Wort- und Wort-/Bildmarken eingetragen sei, in denen das Wort "Post" mit anderen überwiegend beschreibenden Begriffen verwendet werde. Denn die Marken der Klägerin würden, soweit sie Farben aufwiesen, sämtlich von der Farbe "gelb" geprägt, während das angegriffene Zeichen in blauer Grundfarbe gehalten sei.

Auch eine Verwechslungsgefahr zwischen der in schwarz/gelb gehaltenen Wort-/Bildmarke der Klägerin Nr. 395 40 404, die das beschreibende Wort "Post" mit der Darstellung eines Posthorns auf gelbem Grund verbinde, und der angegriffenen Marke bestehe nicht. Im Ergebnis gelte dasselbe, soweit die Klägerin ihren Unterlassungsantrag auf Firmen- und Namensrechte stütze.

Die weiteren Anträge seien aus denselben Gründen wie der Unterlassungsantrag unbegründet.

II. Die Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

1. Die Revision rügt zu Recht, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht mit Gründen versehen ist, soweit die Klage auf die Wortmarke "Regiopost" gestützt ist (§ 551 Nr. 7 ZPO a.F.; vgl. jetzt § 547 Nr. 6 ZPO).

a) Ein Urteil ist i.S.d. § 551 Nr. 7 ZPO a.F. ohne Entscheidungsgründe abgefasst, wenn nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (BGHZ 39, 333 [337]). Auch das vollständige Übergehen einzelner Ansprüche oder einzelner selbstständiger Angriffs- und Verteidigungsmittel stellt einen Mangel i.S.d. § 551 Nr. 7 ZPO a.F. dar (BGH, Urt. v. 23.6.1999 - VIII ZR 84/98, MDR 1999, 1184 = NJW 1999, 3192). In der Begründung muss zu jedem selbstständigen Angriffs- und Verteidigungsmittel Stellung genommen werden. Dabei muss zu erkennen sein, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren. Dies ist hier nicht der Fall.

b) Die Klägerin hat ihren Unterlassungsantrag in zulässiger Weise auf mehrere Klagemarken und sonstige Zeichenrechte gestützt (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, BGHReport 2001, 607 = MDR 2001, 949 = CR 2001, 678 = GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte). Das Berufungsgericht durfte den Unterlassungsantrag deshalb nur abweisen, wenn er mit keinem der genannten Zeichenrechte begründet werden konnte. Es war demgemäß gehalten, in seinem Urteil die Erwägungen, die nach seiner Ansicht die Antragsabweisung tragen, hinsichtlich aller Zeichenrechte darzulegen. Dies ist nicht geschehen, soweit die Klägerin ihren Unterlassungsantrag auf ihre Marke "Regiopost" gestützt hat.

c) Das Berufungsurteil leidet in entsprechender Weise unter einem Begründungsmangel i.S.d. § 551 Nr. 7 ZPO a.F. hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Löschung der angegriffenen Marke sowie der Anträge auf Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung und auf Feststellung seiner Schadensersatzpflicht, soweit diese Anträge auf die Marke "Regiopost" gestützt sind.

2. Die Revisionsrüge, es liege ein Begründungsmangel vor, kann allerdings dann keinen Erfolg haben, wenn sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als zutreffend erweist (vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2000 - I ZR 214/97, WRP 2000, 730 [731] - Rechtsbetreuende Verwaltungshilfe m.w.N.). Dies kann hier jedoch nicht angenommen werden, weil das Berufungsgericht zur Frage der Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken keine näheren Feststellungen getroffen hat. Den Parteien ist zudem Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen und ggf. weiter vorzutragen.

3. Für die im erneuten Berufungsverfahren vorzunehmende Prüfung der Verwechslungsgefahr wird auf Folgendes hingewiesen:

Die Wortmarke der Klägerin "Regiopost" genießt auf Grund ihrer Eintragung insbes. Schutz für die Waren "Papier" und "Pappe (Karton)" sowie für "Verpackungsmaterial aus Kunststoff" (soweit in Klasse 16 enthalten). Die angegriffene Wort-/Bildmarke des Beklagten "Regional Post" ist für die Dienstleistungsklasse "Transportwesen" eingetragen. Ansprüche aus der Klagemarke gegen die Marke des Beklagten kommen nicht in Betracht, wenn das Markenwort "Regiopost" im Bereich des Transportwesens als beschreibend anzusehen ist (BGH, Urt. v. 20.3.2003 - I ZR 60/01, BGHReport 2003, 1358 = CR 2003, 890 = GRUR 2003, 963 [965] = WRP 2003, 1353 - AntiVir/AntiVirus).

Sollte dies nicht der Fall sein, ist zu würdigen, ob der Wortbestandteil der angegriffenen Marke "Regional Post" für die Dienstleistungsklasse "Transportwesen" beschreibend ist. Einer beschreibenden Angabe kann ein bestimmender Einfluss auf den Gesamteindruck einer aus mehreren Bestandteilen gebildeten Marke fehlen, weil der Verkehr beschreibende Angaben nach der Lebenserfahrung nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich als Sachhinweis versteht (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.2004 - I ZR 130/01, Umdr. S. 8 - EURO 2000). Kommt das Berufungsgericht dagegen zu der Auffassung, der Verkehr verstehe in Anbetracht der konkreten Gestaltung der angegriffenen Marke den Wortbestandteil "Regional Post" als einen das Zeichen prägenden Herkunftshinweis, wird es zu prüfen haben, ob die Kennzeichnungskraft der Klagemarke, zu welcher bislang keine Feststellungen getroffen sind, die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr rechtfertigt (BGH v. 20.3.2003 - I ZR 60/01, BGHReport 2003, 1358 = CR 2003, 890 = GRUR 2003, 963 [965] - AntiVir/AntiVirus). Ungeachtet dessen kann eine Markenrechtsverletzung ausgeschlossen sein, falls die Vorschrift des § 23 MarkenG eingreift (vgl. dazu auch Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rz. 350; Hacker ebd. § 14 Rz. 69). Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Senats (BGH, Beschl. v. 7.2.2002 - I ZR 258/98, GRUR 2002, 613 = WRP 2002, 547 - GERRI/KERRY Spring) entschieden hat, ist Art. 6 Abs. 1 lit. b der Markenrechtsrichtlinie, der durch § 23 Nr. 2 MarkenG umgesetzt worden ist, auch in Fällen anzuwenden, in denen eine markenmäßige Benutzung des Zeichens nicht verneint werden kann (EuGH, Urt. v. 7.1.2004 - Rs. C-100/02, GRUR 2004, 234 [235], Tz. 14 f. und 197 - Gerolsteiner Brunnen; Urt. v. 4.5.1999 - Rs. C-108/97 und 109/97, Slg. 1999, I-2779, Tz. 28 = GRUR 1999, 723 [726] = WRP 1999, 629 - Chiemsee; BGH, Urt. v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, BGHReport 2004, 1042 = GRUR 2004, 600 [602] = WRP 2004, 763 - d-c-fix/CD-FIX). Danach kommt es ggf. darauf an, ob die Benutzung des Wortes "Regional Post" in der angegriffenen Marke i.S.d. § 23 MarkenG gegen die guten Sitten verstößt (vgl. dazu auch BGH v. 15.1.2004 - I ZR 121/01, BGHReport 2004, 1042 = GRUR 2004, 600 [602] - d-c-fix/CD-FIX; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rz. 350).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1213404

BGHR 2004, 1636

GRUR 2004, 949

WRP 2004, 1285

IIC 2005, 983

MarkenR 2004, 359

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