Entscheidungsstichwort (Thema)

Konflikt zweier Mieter desselben Grundstücks. Beeinträchtigung durch Immissionen. Grenzen der Duldungspflicht § 906 Abs. 1 BGB analog. Ausschluss verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Beeinträchtigungen, die von einer Mietwohnung innerhalb desselben Grundstückseigentums auf eine andere Mietwohnung einwirken, berechtigen den Mieter der von den Beeinträchtigungen betroffenen Wohnung nicht zu einem verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gegen den Mieter der anderen Wohnung.

 

Normenkette

BGB § 906 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 22.05.2003)

LG Stuttgart

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des OLG Stuttgart v. 22.5.2003 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Beklagte betreibt als Mieter im zweiten Obergeschoss eines Ärztehauses eine Arztpraxis. Über die Osterfeiertage 1999 platzte in dieser Praxis ein Zuleitungsschlauch zu einem Waschbecken. Infolgedessen kam es in den darunter liegenden Räumen, in denen die bei der Klägerin versicherten Ärzte, ebenfalls als Mieter, eine Gemeinschaftspraxis für Oralchirurgie betreiben, zu einem Wassereinbruch. Hierbei entstanden Schäden an den Räumlichkeiten und am Inventar, derentwegen die Klägerin Versicherungsleistungen i. H. v. 190.915,46 DM erbracht hat. Aus übergegangenem Recht verlangt sie diesen Betrag von dem Beklagten erstattet.

Das LG hat der Klage durch Grundurteil stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist bis auf einen Betrag von 2.900 DM, der für die Erstellung eines Untersuchungsberichts zur Frage der Schadensursache und der Verantwortlichkeit ausgegeben wurde, ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem OLG zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe aus übergegangenem Recht (§ 67 Abs. 1 VVG) ihrer Versicherungsnehmer in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten zu. Dieser von der Rechtsprechung entwickelte verschuldensunabhängige Anspruch sei wegen vergleichbarer Interessenlage auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, in dem die Störung des Besitzes der Versicherungsnehmer der Klägerin aus einer Quelle herrühre, die sich in einer anderen Einheit des Gebäudes auf demselben Grundstück befinde.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, insbesondere des Senats, ist ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschreiten, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen nach § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden (BGH v. 11.6.1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66 [67 f.] = MDR 1999, 1132 m. w. N.; Urt. v. 21.3.2003 - V ZR 319/02, MDR 2003, 802 = BGHReport 2003, 718 = NJW 2003, 1732 [1733]). Wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, ist dieser Anspruch über den Wortlaut des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB hinaus nicht auf die Folgen der Zuführung unwägbarer Stoffe beschränkt, sondern erfasst u. a. auch die Störung durch sog. Grobimmissionen, wie etwa Wasser (vgl. BGH v. 11.6.1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66 [67 f.] = MDR 1999, 1132 m. w. N.). Er steht außerdem nicht nur dem Eigentümer eines Grundstücks zu, sondern auch dem Besitzer, dessen Abwehranspruch aus § 862 Abs. 1 BGB aus tatsächlichen Gründen nicht geltend gemacht werden konnte (BGH, Urt. v. 23.2.2001 - V ZR 389/99, MDR 2001, 802 = BGHReport 2001, 364 = NJW 2001, 1865 [1866] m. w. N.). Schließlich kann auch der Benutzer des Grundstücks, von dem die Emissionen ausgehen, zum Ausgleich verpflichtet sein; die Eigentumsverhältnisse sind für die Störereigenschaft nicht entscheidend (vgl. Senat, BGHZ 113, 384, 392 m. w. N.). Der Umstand, dass weder die Versicherungsnehmer der Klägerin noch der Beklagte Grundstückseigentümer sind, steht daher einem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch prinzipiell nicht entgegen.

2. Das Berufungsgericht verkennt nicht, dass der vorliegende Fall eine weitere Besonderheit aufweist. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung kann zwar auch ein Besitzer eines Grundstücks einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch haben, und ein solcher Anspruch kann auch gegen den Besitzer eines Grundstücks gerichtet werden. Doch ist nicht darauf verzichtet worden, dass die Störung - wie es dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB entspricht - von einem anderen Grundstück herrührt. Denkbar ist danach, dass der Besitzer eines Grundstücks gegen den Besitzer eines anderen Grundstücks den Anspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB geltend machen kann. Hier ist das Wasser hingegen nicht von einem anderen Grundstück in den befriedeten Bereich der Versicherungsnehmer der Klägerin eingedrungen, sondern lediglich von einem anderen Teil desselben Grundstücks. Voraussetzung für die Zubilligung eines Ausgleichsanspruchs auch in diesem Fall ist daher, dass dessen Grundsätze auf Beeinträchtigungen entsprechend angewendet werden können, die von einer Wohnung innerhalb desselben Grundstückseigentums auf eine andere Wohnung einwirken. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu verneinen.

a) Sein Ergebnis kann insbesondere nicht auf die von ihm zitierten Entscheidungen des BGH (BGH v. 21.12.1989 - III ZR 26/88, BGHZ 110, 17 = MDR 1990, 418; Urt. v. 14.4.1954 - VI ZR 35/53, VersR 1954, 288) gestützt werden.

aa) In dem der Entscheidung BGHZ 110, 17 (BGH v. 21.12.1989 - III ZR 26/88, BGHZ 110, 17 = MDR 1990, 418) zu Grunde liegenden Fall hat der BGH einem Grundstückseigentümer einen bürgerlich-rechtlichen Ausgleichsanspruch zugesprochen, der aus übergeordneten Interessen zur Duldung einer unterirdischen behälterlosen Speicherung von Gas durch ein Energieversorgungsunternehmen gehalten war und dadurch in der Nutzung seines Grundstücks zum Tonabbau beeinträchtigt wurde. Dem Umstand, dass es hier an einer von einem anderen Grundstück herrührenden Beeinträchtigung fehlt, hat der BGH keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Maßgeblich war für ihn der besondere Charakter des unterirdischen Eingriffs, der auch eine Enteignung gegen angemessene Entschädigung ermöglicht gehabt hätte (BGH v. 21.12.1989 - III ZR 26/88, BGHZ 110, 17 [19 ff.] = MDR 1990, 418), sowie die Tatsache, dass der Unterschied zu einer Beeinträchtigung von einem benachbarten Grundstück aus lediglich darin lag, dass statt horizontal vertikal eingegriffen wurde (BGH v. 21.12.1989 - III ZR 26/88, BGHZ 110, 17 [24] = MDR 1990, 418).

Aus dieser besonderen Konstellation kann nicht allgemein darauf geschlossen werden, dass jede Beeinträchtigung verschiedener Nutzer eines Grundstücks untereinander zum Ausgleich nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB führen kann. In dem Fall BGHZ 110, 17 (BGH v. 21.12.1989 - III ZR 26/88, BGHZ 110, 17 = MDR 1990, 418) geht es, wie in § 906 Abs. 2 grundsätzlich geregelt, um einen von außen kommenden Eingriff in ein fremdes Grundstück. Hier mag ein Ausgleichsanspruch schon mit Rücksicht auf den enteigungsähnlichen Charakter des Eingriffs nahe liegen, der sich zudem jeder sonst möglichen schadensersatzrechtlichen Lösung entzieht, da die unterirdische Speicherung zulässig war. Im Übrigen wird das Gas von außen unter Druck eingespeist, wobei es wertungsmäßig keinen Unterschied macht, ob dies direkt geschieht oder von einem Nachbargrundstück aus.

Im konkreten Fall ist es strukturell anders. Es geht nicht um die Beeinträchtigung eines Grundstückseigentümers (oder -benutzers) von außen, sondern um einen Konflikt zweier Nutzer desselben Grundstücks, um die Beeinträchtigung des einen durch den anderen, durch Immissionen, die von dem einen Nutzungsbereich auf den anderen einwirken. Mit dem der Entscheidung BGHZ 110, 17 (BGH v. 21.12.1989 - III ZR 26/88, BGHZ 110, 17 = MDR 1990, 418) zu Grunde liegenden Konflikt hat das nichts zu tun.

bb) In der Entscheidung aus dem Jahre 1954 (BGH, Urt. v. 14.4.1954 - VI ZR 35/53, VersR 1954, 288) hat der VI. Zivilsenat allerdings die Grundsätze des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB auf das Verhältnis von Mietern eines Hauses untereinander für anwendbar erklärt, soweit es um die Bestimmung der Grenzen dessen geht, was ein Mieter an Geräuschen hinnehmen muss, die von den Räumen eines anderen Mieters ausgehen. Eine nähere Begründung dazu fehlt. Die Entscheidungen des Reichsgerichts, auf die der BGH verweist, stellen bei genauerer Sicht nur eine in verschiedenen Zeitschriften veröffentlichte Entscheidung dar (RG HRR 1931 Nr. 1219 = JW 1932, 2984 Nr. 11, dort nur LS), in der die entsprechende Anwendung ebenfalls nicht begründet wird. Unabhängig davon wird aber auch nur deutlich, dass nach Auffassung des BGH die Grenzen der Duldungspflicht nach den in § 906 Abs. 1 S. 1 BGB festgelegten Kriterien ermittelt werden können. Ob zwischen Mietern desselben Hauses auch ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch in Betracht kommen kann, erörtert der BGH nicht und stützt den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf § 823 Abs. 1 BGB, freilich auch schon in Ermangelung einer Regelung des verschuldensunabhängigen Anspruchs überhaupt. Diese wurde erst später als Abs. 2 S. 2 in die Vorschrift eingefügt.

b) Eine entsprechende Anwendung der von der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze zum verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist auch nicht aus anderen Gründen gerechtfertigt.

aa) Soweit eine entsprechende Anwendung des § 906 BGB auf das Verhältnis von Mietern eines Hauses untereinander für möglich erachtet wird, geschieht dies zumeist pauschal, ohne näheres Eingehen auf die Voraussetzungen einer Analogie (vgl. BGH, Urt. v. 14.4.1954 - VI ZR 35/53, VersR 1954, 288; OLG München v. 21.1.1992 - 13 U 2289/91, MDR 1992, 670 = OLGReport München 1992, 3 = OLGReport München 1996, 160 = NJW-RR 1992, 1097; ohnehin nur als Hilfserwägung; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rz. 107). Außerdem steht im Vordergrund die Überlegung, die in § 906 Abs. 1 S. 1 BGB niedergelegten Kriterien zur Bestimmung von Grenzen der nachbarlichen Duldungspflicht auf eine Mietergemeinschaft entsprechend anzuwenden. Die Gewährung eines Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB bejaht - soweit ersichtlich - nur das OLG Düsseldorf in der von dem Berufungsgericht angeführten Entscheidung.

bb) Solche Erwägungen lassen außer Betracht, dass es an einer die Analogie rechtfertigenden ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke fehlt.

§ 906 BGB ist Teil des bürgerlich-rechtlichen Nachbarrechts der §§ 905 bis 924 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rz. 3; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rz. 1; weiter demgegenüber Säcker in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 906 Rz. 1, 138: nicht auf das Nachbarverhältnis beschränkt). Der von Abs. 2 S. 2 der Norm gewährte Ausgleichsanspruch und seine Fortentwicklung durch die Rechtsprechung hat seine Grundlage im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis (BGH BGHZ 38, 61 [64]; v. 22.2.1991 - V ZR 308/89, BGHZ 113, 384 [391] = MDR 1991, 765). Er ist Teil des Interessenausgleichs, der für eine sachgerechte Nutzung von Grundstücken im nachbarlichen Raum unerlässlich ist (vgl. Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rz. 1; vgl. auch BGH BGHZ 38, 61 [63 f.]; Säcker in MünchKomm/BGB, § 906 Rz. 1). In einem solchen grundstücksbezogenen Regelungszusammenhang sind Normen, die das Verhältnis von Mietern untereinander regeln, nicht zu erwarten. Sie könnten auch nicht an dem Gedanken der Beschränkung der Eigentümerrechte nach § 903 BGB anknüpfen, um den es bei § 906 BGB, allgemein gefasst, geht (vgl. Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rz. 1), sondern müsste im Mietrecht angesiedelt werden. Dass das Verhältnis der Mieter untereinander keine Berücksichtigung in § 906 BGB gefunden hat, kann daher nicht als planwidrige Lücke angesehen werden. Dass es auch im Mietrecht keine Normen gibt, die einen Interessenausgleich bezwecken, stellt ebenfalls kein Regelungsdefizit dar, das durch eine analoge Anwendung nachbarrechtlicher Vorschriften, insbesondere durch § 906 Abs. 2 S. 2 BGB, behoben werden könnte. Dem Gesetzgeber kann nicht verborgen geblieben sein, dass es zwischen Mietern Streit um beeinträchtigende Immissionen geben kann und in der Praxis auch gibt. Wenn er gleichwohl zur Regelung dieses Konflikts keine dem Charakter des § 906 BGB entsprechende Vorschriften geschaffen hat, so kann daraus nur gefolgert werden, dass er eine Regelung für entbehrlich, möglicherweise auch für sachlich fragwürdig, gehalten hat, nicht aber, dass ihm ein dem Regelungskonzept zuwiderlaufender Fehler in Form einer Gesetzeslücke anzulasten ist.

Dagegen spricht auch, dass es einer spezifischen Regelung nicht bedarf. Die Grenzen, die ein Mieter bei der Nutzung der gemieteten Räume einzuhalten hat, ergeben sich aus dem Vertragsverhältnis zum Vermieter, das häufig näher ausgestaltete Verhaltensregeln in Hausordnungen, die Bestandteil des Mietvertrages sind, bereithält. Solche Regelungen werden zu Gunsten der jeweiligen Mitmieter getroffen und geben ihnen ein eigenes Recht, von den anderen Mietern die Einhaltung der Bestimmungen der Hausordnung zu verlangen, § 328 BGB (OLG München v. 21.1.1992 - 13 U 2289/91, MDR 1992, 670 = OLGReport München 1992, 3 = OLGReport München 1996, 160 = NJW-RR 1992, 1097 m. w. N.). Im Übrigen kann der Mieter vom Vermieter eine von Dritten, insbesondere von Mitmietern, ungestörte Gebrauchsgewährung verlangen, § 535 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 535 Rz. 28 m. w. N.).

cc) Daraus wird zugleich deutlich, dass es auch an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt. Das Verhältnis von Mietern untereinander hat, anders als das Verhältnis benachbarter Grundstückseigentümer, keine rechtliche Ausgestaltung erfahren. Soweit Ansprüche untereinander bestehen, gründen diese auf das Vertragsverhältnis zum Vermieter oder beruhen auf besitzschutz- oder deliktsrechtlichen Normen (vgl. OLG München v. 21.1.1992 - 13 U 2289/91, MDR 1992, 670 = OLGReport München 1992, 3 = OLGReport München 1996, 160 = NJW-RR 1992, 1097 m. w. N.; s.a. Staudinger/Emmerich, BGB [2003], § 535 Rz. 134 f.). Unmittelbare Schutzpflichten der Mieter untereinander bestehen nicht (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl., § 535 Rz. 146 m. w. N.). Eine nähere Bindung, die strukturell dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis gliche, fehlt. Für eine entsprechende Lösung besteht, wie dargelegt, auch kein zwingendes Bedürfnis. Allein der Umstand, dass ein Mieter einen ihm an sich zustehenden Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 BGB wegen der faktischen Gegebenheiten nicht rechtzeitig geltend machen kann, rechtfertigt keine Übertragung der Grundsätze des verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB auf Beeinträchtigungen durch Mitmieter. Analogiefähig wäre dieses Rechtsinstitut nur bei struktureller Vergleichbarkeit und anders nicht zu befriedigender Schutzbedürftigkeit. Dass jemand in seinen Rechten oder Rechtsgütern von Dritten beeinträchtigt wird und er diese Beeinträchtigung nicht rechtzeitig abwehren kann und daher auf verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche beschränkt ist, ist keine Unzuträglichkeit und hat die Rechtsprechung nur unter den besonderen Voraussetzungen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zu einer weiter gehenden Lösung, angelehnt an § 906 Abs. 2 S. 2 BGB, berechtigt (vgl. auch BGH, Urt. v. 29.6.1973 - V ZR 71/71, MDR 1973, 1013).

III.

Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). In Betracht kommt eine Haftung des Beklagten, wie vom LG angenommen, nach § 823 Abs. 1 BGB. Insofern bedarf die Sache hinsichtlich der Verschuldensfrage nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weiterer Aufklärung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1101269

BGHZ 2004, 188

DB 2004, 757

NWB 2004, 821

BGHR 2004, 428

DWW 2004, 88

EBE/BGH 2004, 50

EWiR 2004, 697

NZM 2004, 193

ZAP 2004, 398

ZMR 2004, 335

ZfIR 2004, 536

JZ 2004, 916

JuS 2004, 440

MDR 2004, 681

VersR 2004, 519

WuM 2004, 215

GuT 2004, 65

IVH 2004, 44

MietRB 2004, 149

RdW 2004, 317

AIM 2004, 55

BBB 2004, 50

IWR 2004, 67

JT 2004, 232

JWO-MietR 2004, 68

LMK 2004, 82

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