Leitsatz (amtlich)

Verauslagte Gerichtskosten können nicht nach § 19 BRAGO festgesetzt werden.

 

Normenkette

BRAGO § 19

 

Verfahrensgang

OLG Köln (Beschluss vom 09.10.2002; Aktenzeichen 27 WF 187/02)

LG Köln

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des OLG Köln v. 9.10.2002 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 98,42 Euro.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller haben den Antragsgegner in einem Mahnverfahren vertreten. Mit Beschl. v. 8.5.2002 hat das LG gem. § 19 BRAGO die vom Antragsgegner an die Antragsteller zu zahlende Vergütung festgesetzt. Die Festsetzung verauslagter Gerichtsgebühren i. H. v. 192,50 DM hat es mit der Begründung abgelehnt, Gerichtskosten gehörten nicht zur gesetzlichen Vergütung i. S. v. § 19 BRAGO. Das OLG hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Gegen die Zurückweisung wenden sich die Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

Die Frage, ob im Kostenfestsetzungsverfahren die vom Rechtsanwalt für seine Partei verauslagten Gerichtskostenvorschüsse festgesetzt werden können, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Ein Teil der Rechtsprechung und Literatur verweist den Rechtsanwalt zur Durchsetzung der ihm gem. §§ 675, 670 BGB entstandenen Aufwendungsersatzansprüche, zu denen auch die von ihm verauslagten Gerichtskostenvorschüsse zählen, auf den Klageweg bzw. das Mahnverfahren (OLG Frankfurt JurBüro 1989, 1545; OLG Karlsruhe v. 14.3.1994 - 11 W 3/94, Rpfleger 1994, 341; OLG Koblenz v. 14.3.1994 - 14 W 161/94, MDR 1995, 104; OLG Hamm v. 15.5.1995 - 23 W 104/95, OLGReport Hamm 1996, 72 = NJW-RR 1996, 763; OLG Naumburg v. 18.12.2001 - 13 W 618/01, Rpfleger 2002, 333; v. Eicken in Gerold/Schmid,t BRAGO, 15. Aufl., § 19 Rz. 16; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 19 Rz. 6). Diese Auffassung stützt sich vor allem auf den Wortlaut des § 19 Abs. 1 BRAGO i.V. mit § 1 Abs. 1 S. 1 BRAGO, wonach neben den Gebühren nur solche Auslagen zur "gesetzlichen Vergütung" i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 BRAGO zu zählen seien, die in § 25 ff. BRAGO ausdrücklich genannt seien. Andere Aufwendungen, die der Rechtsanwalt in Wahrnehmung seines Mandates zu Gunsten seines Mandanten tätige, gehörten nicht zur "gesetzlichen Vergütung" i. S. d. § 19 BRAGO und seien deshalb nicht festsetzungsfähig.

Die Gegenmeinung (OLG München v. 19.12.1986 - 11 W 3106/86, 11 W 3107/86, MDR 1987, 418 = Rpfleger 1987, 176; OLG Frankfurt v. 13.3.1989 - 12 W 23/89, MDR 1989, 751; OLG Köln JurBüro 1991, 1063; OLG Nürnberg v. 15.4.1994 11 WF 749/94, Anw.Bl. 1994, 423; LG Köln v. 18.1.1996 - 19 T 12/96, Anw.Bl. 1997, 46) will auch andere materiell-rechtliche Aufwendungen wie z. B. Gerichtskostenvorschüsse in das Festsetzungsverfahren mit einbeziehen. Sie hält es aus verfahrensökonomischen Gründen für geboten, den Begriff "Auslagen" erweiternd auszulegen und möchte es dem Rechtsanwalt ersparen, den Gerichtskostenvorschuss im Erkenntnisverfahren geltend machen zu müssen. Damit könnten die Gerichte vor überflüssigen Verfahren bewahrt werden, weil der Auftraggeber wegen der Auslagen meist keine Einwendungen habe.

Der Senat schließt sich der ersten Auffassung an. Gegenstand der Festsetzung im Verfahren nach § 19 BRAGO ist die "gesetzliche Vergütung". Sie umfasst nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 BRAGO die "Gebühren und Auslagen" des Rechtsanwalts. Was die BRAGO als Auslagen ansieht, ist in §§ 25 ff. BRAGO abschließend aufgeführt (allgemeine Geschäftsunkosten, Postgebühren, Schreibauslagen, Reisekosten und Abwesenheitsgelder). Verauslagte Gerichtsgebühren sind nicht erwähnt.

§ 19 BRAGO gibt dem Rechtsanwalt ein einfaches, billiges und schnelles Verfahren an die Hand, um seine "gesetzliche Vergütung" gegen seinen Mandanten geltend zu machen; es enthebt ihn der grundsätzlichen Notwendigkeit, seine Rechte in einem ordentlichen Klageverfahren geltend machen zu müssen. Von daher stellt die Vorschrift eine Ausnahmeregelung dar, die ihrem Wesen nach entsprechend eng auszulegen ist und nicht auf sonstige Aufwendungen des Rechtsanwalts für seinen Mandanten ausgedehnt werden kann (OLG Koblenz v. 14.3.1994 - 14 W 161/94, MDR 1995, 104).

Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, die zweifelsohne vorliegen (zweifelnd aber v. Eicken in Gerold/Schmid,t BRAGO, 15. Aufl., § 19 Rz. 16) rechtfertigen es nicht, entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes Sonstige in §§ 25 ff. BRAGO nicht genannte Auslagen in das Festsetzungsverfahren einzubeziehen (OLG Koblenz v. 14.3.1994 - 14 W 161/94, MDR 1995, 104). Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung. Im Festsetzungsverfahren entscheidet der Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszuges. Über nicht nach den Vorschriften der BRAGO zu beurteilende Ansprüche, die dem Rechtsanwalt nach §§ 675, 670 BGB zustehen, ist der Rechtspfleger des ersten Rechtszuges nicht zur Entscheidung berufen (v. Eicken in Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 19 Rz. 16). Der Zuständigkeitsbereich des Rechtspflegers kann daher nicht durch erweiternde Auslegung einer engen Norm oder durch Analogie verändert werden. Es muss dem Gesetzgeber überlassen bleiben, in welchem Umfang er dem Rechtspfleger Aufgaben zuweist. Obwohl er sich mit Gesetzesänderung v. 17.12.1990 (BGBl. I 1990, 2847 [2860]) mit § 19 BRAGO befasst hat, hat der Gesetzgeber trotz der bekannten Problematik davon abgesehen, weitere Ansprüche in das Festsetzungsverfahren einzubeziehen (OLG Hamm v. 15.5.1995 - 23 W 104/95, OLGReport Hamm 1996, 72 = NJW-RR 1996, 763). Das muss hingenommen werden.

 

Fundstellen

BB 2003, 1812

NJW 2003, 2834

BGHR 2003, 1114

FamRZ 2003, 1381

FuR 2003, 415

FuR 2004, 138

JurBüro 2003, 540

ZAP 2003, 1048

EzFamR aktuell 2003, 294

MDR 2003, 1201

Rpfleger 2003, 620

AGS 2003, 391

BRAGOreport 2003, 197

ZFE 2003, 310

BRAK-Mitt. 2003, 283

KammerForum 2003, 406

ProzRB 2003, 285

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