Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungen des Bürgen. Mangelnde Fälligkeit einer durch Bürgschaft gesicherten Forderung. Bürgschaft auf erstes Anfordern

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einwendungen eines Bürgen, die sich aus dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt ohne weiteres als begründet erweisen, sind schon im Erstprozess beachtlich. Dem Gläubiger einer Bürgschaft auf erstes Anfordern steht auch dann kein Anspruch zu, wenn die gesicherte Forderung unstreitig nicht fällig ist.

 

Normenkette

VOB/B § 16 Nr. 3

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Urteil vom 16.03.2000)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. März 2000 wird nicht angenommen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Der Streitwert für die Revisionsinstanz wird auf 813.927,78 EUR (1.591.904,37 DM) festgesetzt.

 

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und ist rechtlich einwandfrei entschieden worden (§ 554b ZPO a.F.).

Nach der neueren Rechtsprechung des Senats sind die Einwendungen des Bürgen schon im Erstprozeß beachtlich, die sich aus dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt ohne weiteres als begründet erweisen; eine eindeutige Rechtslage hat der Richter jederzeit zu beachten (BGHZ 147, 99, 103; vgl. auch BGHZ 143, 381, 383). Daher steht dem Gläubiger aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern auch dann kein Anspruch zu, wenn die gesicherte Forderung unstreitig nicht fällig ist, der materielle Bürgschaftsfall also noch nicht eingetreten sein kann. Soweit sich aus dem Senatsurteil vom 28. Oktober 1993 (IX ZR 141/93, WM 1994, 106, 107) etwas anderes ergibt, ist diese Entscheidung durch die zwischenzeitliche Entwicklung der Rechtsprechung überholt.

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei den Einwand mangelnder Fälligkeit durchgreifen lassen. Der Bauvertrag endete mit Zugang der von der Streithelferin erklärten Kündigung, unabhängig davon, ob ihr ein Recht zustand, den Vertrag fristlos zu beenden (vgl. § 8 VOB/B). Diese Kündigung hat zur Folge, daß die Vergütung erst nach Erteilung einer Schlußrechnung gemäß § 16 Nr. 3 VOB/B fällig wird (vgl. BGH, Urt. v. 9. Oktober 1986 – VII ZR 249/85, NJW 1987, 382, 383). Im Streitfall hat die Klägerin die Schlußrechnung nicht erteilt, obwohl der Vertrag im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz schon seit mehr als einem Jahr beendet war.

 

Unterschriften

Kreft, Kirchhof, Fischer, Ganter, Kayser

 

Fundstellen

NJW-RR 2003, 14

IBR 2002, 664

WM 2002, 2325

ZfIR 2004, 611

NZBau 2002, 669

ZBB 2002, 500

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