Ist ein Verwalter nicht bestellt, vertreten gemäß § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG die Wohnungseigentümer die Eigentümergemeinschaft. Sie vertreten die Wohnungseigentümergemeinschaft in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als Gesamtvertreter. Sollen Maßnahmen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eingeleitet werden, bedarf es der Mitwirkung eines jeden Wohnungseigentümers. Dies erfordert zwar nicht gleichzeitiges, aber gleichgerichtetes Handeln. Demgegenüber kommt jeder einzelne Wohnungseigentümer als Empfangsvertreter für Willenserklärungen und Zustellungen infrage.[1]

 
Praxis-Beispiel

Beauftragung eines Handwerkers

Die Beauftragung eines Handwerkers kann also nur gemeinschaftlich erfolgen. Hat die Eigentümergemeinschaft Handwerkerleistungen in Auftrag gegeben und zahlt sie den Werklohn nicht, kann die gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtete Klage des Handwerkers an einen beliebigen Wohnungseigentümer zugestellt werden.

Den Wohnungseigentümer trifft dann die Pflicht, die übrigen Wohnungseigentümer über die Klage zu informieren. Probleme entstehen insoweit bereits bezüglich der Einleitung der erforderlichen Schritte zur Verteidigung der Gemeinschaft. Man wird hier aber dem einzelnen Wohnungseigentümer nicht das Recht absprechen können, im Wege der Notgeschäftsführung entsprechend § 18 Abs. 3 WEG einen Rechtsanwalt für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beauftragen zu können. Gesichert ist dies allerdings nicht, da die vorerwähnte Bestimmung den Wohnungseigentümer nur ermächtigt, Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind.

Formbedürftige Rechtsgeschäfte bedürfen der Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer in der vorgesehenen Form.

 
Praxis-Beispiel

Befristetes Mietverhältnis

Eine im Kellergeschoss gelegene Kegelbahn nebst Restaurationsbetrieb steht im Eigentum der Gemeinschaft. Mit einem neuen Pächter soll ein auf 5 Jahre befristeter Pachtvertrag geschlossen werden.

Nach §§ 581 Abs. 2, 550 BGB ist zur Wirksamkeit der Befristung Schriftform erforderlich. Es müssen also sämtliche Wohnungseigentümer den Pachtvertrag unterzeichnen, ansonsten ist die Befristung unwirksam und das Pachtverhältnis im Übrigen aber ohnehin nicht zustande gekommen. Die Wohnungseigentümer müssen zwar nicht gleichzeitig unterschreiben, sie müssen dies aber zeitnah tun. Andernfalls kann sich der Pächter auf § 147 Abs. 2 BGB berufen und ist wegen Zeitablaufs nicht mehr an sein Angebot gebunden.

Anspruch auf Bestellung eines Verwalters

Die Bestellung des Verwalters stellte stets ein (ungeschriebenes) Beispiel ordnungsmäßiger Verwaltung dar. Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 enthält § 19 Abs. 2 WEG in Nr. 6 WEG das Regelbeispiel ordnungsmäßiger Verwaltung mit der Bestellung eines gemäß § 26a WEG zertifizierten Verwalters. Aufgrund der Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 4 WEG ist die Bestimmung ab 1.12.2023 anzuwenden. Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf eine ordnungsmäßige Verwaltung regelt § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Diesen kann er mittels Beschlussersetzungsklage durchsetzen, die gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten ist, was auch in Zweiergemeinschaften gilt.[2]

 
Praxis-Beispiel

Jahrelang verwalterlose Gemeinschaft

Die Wohnungseigentümer waren sich die letzten 30 Jahre lang einig, keinen Verwalter zu bestellen. Ein Wohnungseigentümer möchte nunmehr für geordnete Verhältnisse sorgen und begehrt die Bestellung eines Verwalters. Die übrigen Wohnungseigentümer können diesem Wohnungseigentümer nicht entgegenhalten, sein Anspruch sei verjährt.

 

Beschlussfassung herbeiführen!

Begehrt ein Wohnungseigentümer die Bestellung eines Verwalters, muss er zunächst versuchen, eine entsprechende Beschlussfassung herbeizuführen. Ohne vorherige Befassung der übrigen Wohnungseigentümer mit dem Begehren auf Verwalterbestellung würde einer entsprechenden Klage auf Bestellung eines Verwalters im Wege der Beschlussersetzung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

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