Ohne Erfolg! Denn B habe seine Pflichten nicht verletzt. Ein Versammlungsleiter handele nicht pflichtwidrig, wenn er einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss über die bauliche Veränderung als zustande gekommen verkünde, obwohl nicht alle Wohnungseigentümer zugestimmt haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Verkündung diene nicht der Durchsetzung des Gebots der ordnungsmäßigen Verwaltung. Der Versammlungsleiter müsse eine Abstimmung respektieren. Zwar müsse der Verwalter in Vorbereitung einer Beschlussfassung über die bauliche Veränderung prüfen, ob einzelne Wohnungseigentümer (und ggf. welche) ihre Zustimmung erteilen müssen. Ferner müsse er vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informieren und ggf. auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hinweisen. Handele er anders, handele er pflichtwidrig; einen Rechtsirrtum hat er aber nur dann zu vertreten, wenn seine Einschätzung offenkundig falsch sei. Er habe insoweit einen Beurteilungsspielraum. Es stehe ihm auch offen, in der Versammlung auf aus seiner Sicht verbleibende Rechtsunsicherheiten hinzuweisen. Gelange er nach sorgfältiger Prüfung der Zustimmungserfordernisse zu einem nicht offenkundig falschen Ergebnis, könne es ihm nicht angelastet werden, wenn der Beschluss in einem späteren Anfechtungsverfahren keinen Bestand hat. Sei ein Verwalter der Auffassung, dass die Zustimmung einzelner Wohnungseigentümer fehle, und habe er deshalb Bedenken gegen die Verkündung, so sei er aber nicht berechtigt, ohne Weiteres einen Negativbeschluss zu verkünden. Er könne nämlich eine Weisung der Wohnungseigentümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses einholen. Es sei dann Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu entscheiden, ob sie den Verwalter in Bestätigung der vorangegangenen Willensbildung anweisen, einen positiven Beschluss zu verkünden, oder ob sie wegen des nunmehr manifesten Anfechtungsrisikos die Anweisung erteilen, von der Verkündung Abstand zu nehmen. Der Versammlungsleiter müsse der Weisung im einen wie im anderen Fall nachkommen. Im Fall sei davon auszugehen, dass B die erforderlichen Hinweise gegeben habe.

Hinweis

  1. Der BGH klärt für das bis zum 30.11.2020 geltende Recht, was der Verwalter bei einer Abstimmung über eine bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG a. F. unternehmen muss. Der Verwalter muss danach vor der Abstimmung darauf hinweisen, dass jeder benachteiligte Wohnungseigentümer einer baulichen Veränderung zustimmen muss. Die Informationen sollten in der Niederschrift umfassend festgehalten werden. Die Informationen sollten außerdem bereits mit der Ladung mitgeteilt werden. Der Verwalter muss die Wohnungseigentümer ferner darauf hinweisen, dass der Beschluss anfechtbar ist, wenn es an einer der notwendigen Zustimmungen fehlt. Fehlt es nach einer Abstimmung an einer Zustimmung, hat der Verwalter die Wohnungseigentümer anzugehen, um eine Weisung zu erhalten. Er ist also nicht berechtigt, sofort einen Negativbeschluss zu verkünden. Dies ist erst möglich, wenn ihn die Wohnungseigentümer entsprechend anweisen. Bei der Haftung baut der BGH den Verwaltern – wie zuletzt bei der Zustimmung zu einer Veräußerung – eine "Brücke". Die Verwalter haben nach BGH-Ansicht zwar jedes Verschulden zu vertreten. Sie haben aber auch einen Spielraum und dürfen sich irren. Schwierig wird es jetzt bei der "Offenkundigkeit".
  2. Der BGH musste sich aus Anlass des Falles nicht dazu äußern, was gilt, wenn ein Beschluss bloß ordnungswidrig ist. Meine These: Es kann nichts anderes gelten! Der Verwalter schuldet den Wohnungseigentümern also Informationen zur Ordnungsmäßigkeit und zum Anfechtungsrisiko. Ferner kann er die Wohnungseigentümer um eine Weisung in Bezug auf die Verkündung angehen. Er ist aber wohl weder berechtigt noch verpflichtet, einen Negativbeschluss zu verkünden, wenn er den Beschluss nicht für ordnungsmäßig hält.

Ausblick auf die WEG-Reform

Die WEG-Reform hat die Situation geändert. § 20 Abs. 1 WEG kennt keine Zustimmung. Es ist ein einfacher Mehrheitsbeschluss. Auch das im Fall angesprochene Informationsmanagement des Verwalters hat sich geändert. Denn nicht mehr der Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird künftig für eine ausreichende Information der Wohnungseigentümer verantwortlich sein. Der Verwalter ist allerdings im Innenverhältnis gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verantwortlich, sie mit dem notwendigen Wissen auszustatten. Bei einem Fehler haftet er dann ihr, nicht den Wohnungseigentümern.

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