Eine Person kann für jeden Vertrag individuell mit einer anderen Person im Einzelnen aushandeln, welche Pflichten und Rechte jeweils bestehen sollen (siehe auch § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Im Geschäftsleben wäre ein derartiges Vorgehen nicht nur unzweckmäßig, sondern häufig unmöglich. Es gibt daher seit Langem vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (diese nennt das BGB in § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB "Verwender") für eine Vielzahl von Verträgen bei Abschluss eines Vertrags stellt (vgl. auch § 310 Abs. 3 BGB).

Nur so ist es beispielsweise einem gewerblich tätigen Vermieter möglich, alle Vertragsregelungen, über die nachzudenken ist, auch zu treffen und dabei die Gesetzeslage und die Rechtsprechung zu beachten. Auch die Verwaltungen werden in der Regel einen Vertrag haben, den sie jedenfalls grundsätzlich einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anbieten und auf dessen Grundlage sie bereit sind, für eine Wohnungseigentumsanlage Leistungen zu erbringen. Dies schließt, woran § 305b BGB erinnert, Individualabreden nicht aus.

 

Verwaltung

Liegen, wie eigentlich immer, Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, sind grundsätzlich die §§ 305 bis 310 BGB anwendbar und in Bezug auf einen Vertragsschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von der Verwaltung zu beachten. Früher enthielt das AGB-Gesetz diese Regelungen. Mit der Schuldrechtsmodernisierung wurden sie Teil des BGB. Mittlerweile dienen die §§ 305 bis 310 BGB auch der Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und sind daher jedenfalls zum Teil auch "richtlinienkonform" auszulegen.

9.6.1 Bedeutung der Problematik für die Verwaltung

Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat für eine Verwaltung in mehrfacher Hinsicht eine große Bedeutung:

  • Verwaltervertrag

    Zum einen ist sie selbst in der Regel eine Vertragspartei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und in diesem Fall die "Verwenderin" (dazu Kap. 9.6.2). Die Verwaltung muss also u. a. darauf achten, dass ihr Vertragsangebot einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) standhält, keinem Klauselverbot (§§ 308, 309 BGB) unterliegt und sie keine überraschenden oder mehrdeutigen Klauseln nutzt (§ 305c BGB).

  • Verträge Dritter mit Gemeinschaft

    Zum anderen muss die Verwaltung das Vertragsangebot eines Dritten, der mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Vertrag schließen will, im Hinblick auf die Problematik "Allgemeine Geschäftsbedingungen" untersuchen. Dabei können der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Klauseln, die einer Inhaltskontrolle nicht standhalten, vorteilhaft sein. Denn in diesem Fall richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Bestimmungen (dazu Kap. 9.6.6). Diese Bestimmungen können der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer etwas bieten, wozu der Vertragspartner nicht von sich aus bereit ist. Hierauf sollte die Verwaltung den Vertragspartner nicht "stoßen".

9.6.2 Anwendungsbereich und Bereichsausnahmen

Eine Reihe von Vorschriften zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen nicht anwendbar. Weiteres bestimmt insoweit § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Verbraucherverträge

Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) sind die §§ 305 bis 309 BGB gem. § 310 Abs. 3 BGB mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

  • Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden.
  • § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 BGB sowie Art. 46b EGBGB sind auf vorformulierte Vertragsbedingungen aber auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
  • Bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.
 

Gemeinschaft der Wohnungseigentümer: Verbraucherin?

In diesem Zusammenhang ist die Antwort auf die seit Inkrafttreten des WEMoG[1] besonders umstrittene Frage, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Unternehmerin oder eine Verbraucherin ist, besonders wichtig.

In der Praxis sollte die Verwaltung bis zu einer Klärung die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wohl als Verbraucherin ansehen, soweit es um Verträge mit der Verwaltung geht (= dann hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von Gesetzes wegen besonders viele Rechte und Schutz). Bei Verträgen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit Dritten sollte die Verwaltung hingegen davon ausgehen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Unternehmerin ist, und daher veranlassen, dass der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertraglich Schutzrechte eingeräumt werden.

Inhaltskontrolle nur bei vom Gesetz abweichenden oder ergänzenden Regelungen

§ 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, also Bestimmungen zur Inhaltskontrolle, sowie §§ 308, 309 BGB, also die Klauselverbote, gelten gem. § 307 Abs....

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