Bevor jemand in die Selbstständigkeit startet, ein Gewerbe anmeldet (z. B. angehender WEG-Verwalter als Einzelunternehmen) oder eine eintragungspflichtige Personen-/Kapitalgesellschaft gründet, bedarf es auch der Abklärung, ob die neue Firma bzw. das neu gegründete Gewerbe der Buchführungspflicht unterliegen. Antworten hierzu ergeben sich (neben der steuerrechtlichen Beratung) aus den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB).

Ist der Unternehmer Kaufmann i. S. d. §§ 1ff. HGB?

Das HGB sieht 3 Möglichkeiten in der Einstufung zu einem "Kaufmann" vor:

  • Istkaufmann nach § 1 HGB (Kaufmann kraft Handelsgewerbebetriebs, d. h. die Kaufmannseigenschaft tritt automatisch und unmittelbar allein durch das Betreiben eines Handelsgewerbes ein),
  • Kannkaufmann nach § 2 HGB (Kaufmann kraft Eintragung; ein gewerbliches Unternehmen, das seiner Art oder dem Umfang nach keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigt, kann sich freiwillig ins Handelsregister eintragen; z. B. Lieselotte Schön Hausverwaltung e. K.),
  • Formkaufmann nach § 6 HGB (Kaufmann kraft Rechtsform; Handelsgesellschaften, die sich aufgrund ihrer Rechtsform in ein Register eintragen lassen müssen, z. B. GmbH, AG, KG, OHG).
 

Freiberufliche Tätigkeit

Selbstständige, die eine freiberufliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 EStG ausüben, z. B. ein Architekt, Energieberater, Steuerberater, Rechtsanwalt, Arzt etc., sind keine Gewerbetreibenden und nehmen somit keine Kaufmannseigenschaft ein; Ausnahme: durch Gründung einer eintragungspflichtigen Rechtsform wie z. B. der GmbH.

Besteht Buchführungspflicht?

Ist die Kaufmannseigenschaft zu bejahen, besteht grundsätzlich nach § 238 HGB die Pflicht, Bücher zu führen und darin die Handelsgeschäfte und die Lage des Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen.

 

§ 238 HGB – Buchführungspflicht

(1) 1Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. 2Die Buchführung muß so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. 3Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

(2) Der Kaufmann ist verpflichtet, eine mit der Urschrift übereinstimmende Wiedergabe der abgesandten Handelsbriefe (Kopie, Abdruck, Abschrift oder sonstige Wiedergabe des Wortlauts auf einem Schrift-, Bild- oder anderen Datenträger) zurückzubehalten.

Weiterführende Vorschriften zur Führung der Handelsbücher, Erstellung eines Inventars und Durchführung einer Inventur werden in den §§ 239-241a HGB geregelt, die Erstellung von Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüssen in den §§ 242 ff. HGB.

 

Doppelte Buchführung

Unter der handelsrechtlichen Buchführungspflicht wird die sog. doppelte Buchführung verstanden. Dazu ist es erforderlich, dass jeder einzelne Geschäftsvorfall zweifach erfasst wird. Dabei beinhaltet ein Buchungssatz eine Buchung in Soll und Haben und die Buchung auf 2 verschiedene Konten (Konto und Gegenkonto). Der Wert, der im Soll und im Haben gebucht wird, muss immer identisch sein. Die doppelte Buchführung gewährleistet die rechnerische Richtigkeit aller Buchungen. Die Summe aller Soll-Buchungen entspricht der Summe aller Habenbuchungen. Die Summe der Aktivseite der Bilanz muss der der Passivseite entsprechen.[1]

Liegt eine Befreiung von der Buchführungspflicht nach § 241a HGB vor?

Nach § 241a HGB ist eine Befreiung von der Buchführungspflicht möglich. Bei einer Befreiung von der Buchführungspflicht ist der Jahresgewinn nicht anhand einer doppelten Buchführung zu ermitteln, sondern im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Einzelkaufleute sind nach der Vorschrift nicht buchführungspflichtig, wenn sie an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren Umsatzerlöse von nicht mehr als 600.000 EUR und Jahresüberschüsse von nicht mehr als 60.000 EUR ausweisen. Bei Neugründungen tritt die Befreiung zur Buchführungspflicht ein, wenn diese Werte bereits nach dem ersten Geschäftsjahr nicht überschritten werden.

Hinweis zur steuerrechtlichen Buchführungspflicht

Die steuerrechtlichen Vorschriften zur Buchführungspflicht sind in der Abgabenordnung (AO) in den §§ 140 und 141 geregelt. Eine Buchführungspflicht nach HGB wird nach § 140 AO abgeleitet, d. h. wer nach dem HGB buchführungspflichtig eingestuft wird, hat steuerrechtlich auch die Buchführungspflicht zu erfüllen. Wer hingegen nach dem HGB als nicht buchführungspflichtig eingestuft wird, könnte steuerrechtlich nach § 141 AO trotzdem buchführungspflichtig werden, wenn es sich um Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte handelt, und einer der nachstehenden Grenzen überschritten wird:

  • jährlicher Umsatz > 600.000 EUR oder
  • selbstbewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Fläche mit einem Wirtschaftswert > 25.000 EUR oder
  • jährlicher Gewinn > 60.000 EUR...

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