Gewerbesteuermessbescheid: Keine spätere Änderung

Ein Gewerbesteuermessbescheid kann im Falle einer späteren Änderung des Einkommensteuerbescheids nicht mehr von Amts wegen aufgehoben bzw. geändert werden, wenn zuvor eine Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid rechtskräftig abgewiesen worden ist. Dies hat aktuell das BVerwG klargestellt.

Gesetz sieht Änderung des Gewerbesteuermessbescheids von Amts wegen vor

Nach den Bestimmungen des Gewerbesteuergesetzes ist ein Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen aufzuheben oder zu ändern, wenn der Einkommensteuerbescheid aufgehoben oder geändert wird und die Aufhebung oder Änderung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt (§ 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG). Fraglich war im Streitfall, ob diese Änderungsnorm auch im Fall einer zuvor ergangenen rechtskräftigen Gerichtsentscheidung zum Gewerbesteuermessbescheid Anwendung findet.

Hintergrund des Verfahrens

Die o.g. Entscheidung erging in einem Verfahren über die Nichtzulassung der Revision. Der Kläger wandte sich gegen einen Zinsbescheid. Zuvor hatte der Kläger erfolglos vor dem Finanzgericht gegen die Einkommensteuerbescheide sowie die diese Jahre betreffenden Gewerbesteuermessbescheide Klage erhoben. Der BFH hatte die Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide zurückgewiesen, so dass insoweit eine rechtskräftige Entscheidung vorlag. Bezüglich der Einkommensteuerbescheide hatte er das Urteil des FG aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen. Daraufhin wurden die zuvor gewährte Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuerbescheids aufgehoben und die Zinsen festgesetzt. Das OVG hat den Zinsbescheid als rechtmäßig angesehen. Eine Zulassung der Revision sah das Urteil des OVG nicht vor.

BVerwG verneint höchstrichterlichen Klärungsbedarf

Die Entscheidung des OVG wurde nun vom BVerwG bestätigt. Zwar liege zu der vom Kläger aufgeworfenen Frage keine Rechtsprechung des BVerwG vor. Jedoch könne ein höchstrichterlicher Klärungsbedarf auch dann zu verneinen sein, wenn die Frage durch die Rechtsprechung eines anderen obersten Bundesgerichts geklärt ist, das sich auf Grund seiner originären Zuständigkeit mit dieser oder einer gleich gelagerten Rechtsfrage bereits befasst hat, und das angerufene Bundesgericht dieser Rechtsprechung folgt. Dies sei hier der Fall.

Verweis auf BFH-Entscheidung zur Vorgängerregelung des § 35b GewStG

Die aufgeworfene Frage ist bereits durch den BFH zu der insoweit wortgleichen Vorgängerregelung des § 35b GewStG geklärt (BFH, Beschluss v. 24.10.1979, I S 8/79). Dieser Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem wie hier gegen Einkommen- und Gewerbesteuermessbescheid in Bezug auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb Klage erhoben und die Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid rechtskräftig abgewiesen worden war. Der BFH ging davon aus, dass eine Aufhebung oder Änderung nach § 35b GewStG wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO ausgeschlossen sei.

Aus rechtskräftiger Abweisung der Klage gegen Gewerbesteuermessbescheid folgt Ausschluss der Änderung

Dieser Auffassung folgt auch das BVerwG. Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Zwar bleiben die Vorschriften der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten und damit auch § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG nach § 110 Abs. 2 Halbs. 1 FGO grundsätzlich unberührt. Dies gilt aber gemäß § 110 Abs. 2 Halbs. 2 FGO ausdrücklich nur, soweit sich aus § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO nichts anderes ergibt, also soweit nicht bereits über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts, um dessen Aufhebung oder Änderung es geht, rechtskräftig entschieden worden ist.

Praxishinweis: Nur gegen Einkommensteuerbescheid vorgehen

Die Problematik des Streitfalls wäre – nach den weiteren Ausführungen des BVerwG – nicht aufgetreten, wenn der Steuerpflichtige entsprechend dem Sinn und Zweck des § 35b GewStG, ihm zu ersparen, wegen derselben, die Höhe des Gewinns betreffenden Streitfragen zwei Prozesse führen zu müssen, lediglich gegen den Einkommensteuerbescheid mit Rechtsbehelfen vorgegangen wäre. Es sei auch nicht ersichtlich, dass insoweit kein effektiver vorläufiger Rechtsschutz bestünde. Insbesondere kommt auch in diesem Fall nicht nur die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids, sondern auch die des Gewerbesteuermessbescheids und des Gewerbesteuerbescheids in Betracht.

Im Übrigen muss es, selbst wenn der Steuerpflichtige von der ihm trotz § 35b GewStG zustehenden Möglichkeit Gebrauch macht, neben dem Einkommensteuerbescheid auch den Gewerbesteuermessbescheid mit Rechtsbehelfen anzufechten nicht dazu kommen, dass vor Rechtskraft einer den Einkommensteuerbescheid betreffenden Entscheidung über den Gewerbesteuermessbescheid rechtskräftig entschieden wird. Denn dem kann sowohl durch die Anordnung des Ruhens des den Gewerbesteuermessbescheid betreffenden gerichtlichen Verfahrens nach § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 251 Satz 1 ZPO als auch durch die Aussetzung dieses Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit des Verfahrens hinsichtlich des Einkommensteuerbescheids nach § 74 FGO entgegengewirkt werden.

BVerwG, Beschluss v. 4.5.2016, 9 B 72.15.

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