Aktuelle Entwicklungen bei BEPS
Am 28.1.2016 hat der zuständige EU-Kommissar die geplanten Maßnahmen der EU-Kommissionen zur Umsetzung des BEPS-Aktionsplans vorgelegt. Dieser Plan bietet Anlass, sich die aktuellen Entwicklungen, aber auch die Grundlagen von BEPS vor Augen zu führen. Dies gilt auch für mittelständisch geprägte Unternehmen. Zwar zielen die von der OECD vorgesehenen Maßnahmen primär auf international handelnde Unternehmen. Kollateralschäden für mittelständische Unternehmen können jedoch nicht ausgeschlossen werden, so dass eine rechtzeitige Befassung mit den zu erwartenden neuen gesetzlichen Regelungen angezeigt ist.
Einführung zu BEPS
Das Kürzel BEPS steht für Base Erosion and Profit Shifting, in der deutschen Übersetzung etwa Aushöhlung der Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung. Dies erfolgt gerade durch international handelnde Großunternehmen durch Verschiebung von Gewinnen über die Ländergrenzen hinweg zur planmäßigen Reduzierung der steuerlichen Belastung. Hierbei werden oftmals planmäßig bestehende DBA ausgenutzt. Ziel ist es, möglichst eine doppelte Nichtbesteuerung oder einen doppelten Betriebsausgabenabzug zu erreichen. Um dem entgegen zu wirken, haben sich insgesamt 62 Staaten an dem sog. BEPS-Aktionsplan beteiligt. In diesem sollen Gegenmaßnahmen gegen missliebige steuerliche Gestaltungen entwickelt werden und darüber hinaus angemessene steuerliche Regelungen für die sich verändernde globale Wirtschaft entwickelt werden. So hat sich gezeigt, dass das aktuelle Steuerrecht kaum auf die digitale Wirtschaft ausgerichtet ist.
Maßnahmenkatalog der OECD
Der Maßnahmenkatalog der OECD zur Umsetzung der vorgenannten Ziele umfasst 15 Punkte. Dieser Plan wurde von den Staats- und Regierungschefs der G-20 auf ihrem Treffen in Antalya am 16.11.2015 gebilligt. Die dabei vorgesehenen Ansatzpunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1 | Besteuerung der digitalen Wirtschaft | Lösung der Besteuerungsprobleme, die sich aus der Digitalisierung ergeben; insbesondere problematisch ist das Fehlen einer Betriebsstätte sowie die Mobilität immaterieller Vermögensgegenstände. |
2 | Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen | Es soll verhindert werden, dass unterschiedliche steuerliche Qualifizierungen von Gesellschaften zu einer Nichtbesteuerung führen. |
3 | Internationale Standards für die Hinzurechnungsbesteuerung | Hinzurechnungsbesteuerung erfolgt in vielen Ländern; es soll hier eine möglichst große Vereinheitlichung erfolgen. |
4 | Verhinderung von Steuerverkürzungen beim Zinsabzug | Die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen soll eingeschränkt werden; Regelungen hierzu gibt es in Deutschland bereits, allerdings wurde § 4h EStG jüngst als verfassungswidrig vom BFH angesehen. |
5 | Arbeiten gegen schädlichen Steuerwettbewerb | Steuerschädliche Gestaltungen sollen allgemein bekämpft werden, insbesondere im Hinblick auf Lizenzgebühren. |
6 | Unrechtmäßige Inanspruchnahme von DBA-Vorteilen | Dem sogenannten treaty-shopping, der missbräuchlichen Inanspruchnahme von DBA soll entgegengewirkt werden. |
7 | Aktualisierung des Betriebsstättenbegriffs | Der Begriff der Betriebsstätte als Anknüpfungspunkt einer Besteuerung soll an die aktuellen Entwicklungen des Wirtschaftslebens angepasst werden. |
8 | Verrechnungspreisleitlinien für immaterielle Wirtschaftsgüter | Die Verrechnungspreise im Bereich von immateriellen Wirtschaftsgütern sollen an die Wertschöpfung gekoppelt werden. |
9 | Verrechnungspreisleitlinien zu Risiko- und Kapitalzuordnungen | Die OECD-Richtlinien für die angemessene Zuordnung von Risiken und Kapital im Konzern sollen präziser gefasst werden. |
10 | Verrechnungspreisleitlinien bei Risiko behafteten Transaktionen | Hintergrund dieser Maßnahme ist die angemessene Besteuerung von Transaktionen, die zwischen fremden Dritten nicht erfolgt wären sowie auch die unangemessene Verteilung von Umlagen. |
11 | Methoden der Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen | Die Methoden zur Erkennung von unangemessenen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen sollen verbessert werden; hierzu soll auch das statistische Material erweitert werden. |
12 | Verbesserung der Transparenz im Hinblick auf aggressive Steuerplanungen | Anzeigepflichten sollen ausgeweitet werden, um die Transparenz zu erhöhen. |
13 | Dokumentation für Verrechnungspreisermittlungen | Verrechnungspreisdokumentationen sollen ausgebaut und transparenter werden. |
14 | Zusammenarbeit in Verständigungs- und Schiedsverfahren | Die Effizienz von Verständigungs- und Schiedsverfahren soll verbessert werden. |
15 | Entwicklung einer multilateralen Vertragsgrundlage für die BEPS-Umsetzung | Da für die meisten vorgenannten Ansätze internationale Verträge erforderlich sind, soll ein Instrument gesucht werden, welches die multinationale Umsetzung ermöglicht. |
Umsetzung durch die EU-Kommission
Am 28.1.2016 hat nunmehr auch die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Umsetzung des BEPS-Maßnahmenkatalogs veröffentlicht. Dieser baut auf den Vorschlägen der OECD auf und soll in eine verbindliche Richtlinie kurzfristig umgesetzt werden, die ab 1.1.2017 bereits von den Mitgliedsstaaten zu beachten sein soll. Allerdings müssten hierfür alle 28 Mitgliedsstaaten zuvor zustimmen, was in der aktuellen Verfassung der EU kaum möglich erscheint. Es ist deshalb allenfalls mit einer teilweisen Umsetzung in 2016 zu rechnen. Der Richtlinienvorschlag enthält dabei insbesondere die folgenden Aspekte:
- Zinsaufwendungen sollen nur bis zu einer bestimmten Grenze abzugsfähig sein, wenn sie die Zinseinnahmen übersteigen; eine solche Regelung kennt das deutsche Recht bereits in Form der Zinsschranke.
- Es sollen einheitliche Regelungen für die Wegzugs- und Entstrickungsbesteuerung getroffen werden; bei einem Transfer innerhalb der EU soll eine Verteilung der Steuer erfolgen; auch solche Regelungen gibt es in Deutschland bereits.
- Es soll eine EU-einheitliche switch-over-Klausel für Einkünfte aus Drittstaaten geben, die eine Besteuerung ermögliche, wenn die Steuerbelastung im Drittland niedrig ist.
- Es soll eine allgemeine Missbrauchsregelung geschaffen werden; hier bleibt abzuwarten, wie diese ausgestaltet werden soll. Darüber hinaus soll dem Missbrauch von DBA und Betriebsstätten entgegengewirkt werden.
- Die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung sollen vereinheitlicht werden; in Deutschland ist diese derzeit im AStG geregelt.
- Qualifikationskonflikte hinsichtlich der Besteuerung von Gesellschaften sollen vermieden werden.
- Das sog. country-by-country-Reporting soll umgesetzt werden; hierzu soll eine Verpflichtung zur staatenbezogenen Veröffentlichung bestimmter Daten geschaffen werden.
Insgesamt ist festzuhalten, dass sich die Vorschläge eng an die Vorgaben der OECD halten. Auch sind einige Maßnahmen bereits zumindest ähnlich in Deutschland umgesetzt.
Praxis-Hinweis
Was die konkrete Umsetzung des OECD-Aktionsplanes betrifft, kann man im Einzelfall durchaus Zweifel haben, da die Erfahrung zeigt, dass der jeweilige nationale Egoismus im Hinblick auf den eigenen Anteil am Steuerkuchen regelmäßig ausgeprägter ist als der Wille zur internationalen Zusammenarbeit.
Viele Gestaltungen wären bereits mit den bestehenden Regelungen zu verhindern, wenn der Wille der beteiligten Staaten zur Zusammenarbeit wirklich vorhanden wäre und die Empörung hinsichtlich der Steuervermeidung von Großkonzernen nicht ein erhebliches Maß an Heuchelei aufweisen würde. Zudem zeigen auch jüngste Entwicklungen in Deutschland wie schwierig die Umsetzung von Maßnahmen im Einzelfall sein kann. So hat der BFH die bestehende Regelung zur Zinsschranke für verfassungswidrig angesehen (BFH v. 14.10.2015, I R 20/15) und das FG Köln hat einen internationalen Austausch von Informationen in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mangels Rechtsgrundlage untersagt (FG Köln v. 7.9.2015, 2 V 1375/15).
Weitergehende Literatur (kleine Auswahl): |
Oppel, Das BEPS-Projekt der OECD/G20 – Kerninhalte der Abschlussberichte und Auswirkungen auf das deutsche internationale Steuerrecht, SteuK 2016, 53. |
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