Rn. 213

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch gemäß § 253 Abs. 3 Satz 6 bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden. Die Ausübung dieses Wahlrechts unterliegt dem Stetigkeitsgebot (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 6; Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 350; zum Stetigkeitsgebot ausführlich HdR-E, HGB § 252, Rn. 119ff.).

Das Tatbestandsmerkmal der "voraussichtlich nicht dauernden" Wertminderung ist gesetzlich nicht kodifiziert. Da es sich allerdings lediglich um die Kontraposition der "voraussichtlich dauernden" Wertminderung handelt, ist die Ermittlungsmethode zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit in beiden Fällen identisch (vgl. HdR-E, HGB § 253, Rn. 204ff.).

 

Rn. 214

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei der Beurteilung der Dauerhaftigkeit sind die Verhältnisse zum BilSt relevant. Wertaufhellende Tatsachen sind zu berücksichtigen. So können etwa Werterholungen bis zum Zeitpunkt der Abschlusserstellung auf eine vorübergehende Wertminderung hindeuten, wenn die Entwicklungen als nachhaltig einzustufen sind. In Zweifelsfällen ist unter Berufung auf den Vorsichtsgedanken von einer dauernden Wertminderung auszugehen, wenn dem keine konkreten Anhaltspunkte entgegenstehen (vgl. IDW RS VFA 2 (2002), Rn. 16).

 

Rn. 215

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Für Wertpapiere des AV hat der VFA des IDW Indizien zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit veröffentlicht, wenn der beizulegende Wert des zu bewertenden VG unter dem Buchwert liegt (vgl. IDW RS VFA 2 (2002), Rn. 19):

(1) Höhe der Differenz zwischen Buchwert und niedrigerem beizulegendem Wert (je größer die Differenz ist, desto eher ist eine voraussichtlich dauernde Wertminderung anzunehmen);
(2) Abweichungen von Kursverlauf des betreffenden VG und der allg. Kursentwicklung (starke Abweichungen indizieren eine voraussichtlich dauernde Wertminderung);
(3) wirtschaftliche Entwicklung des Emittenten (Substanzverluste des Emittenten (z. B. durch betriebliche Verluste, Ausschüttungen), Verschlechterungen der Zukunftsaussichten des UN bzw. der Branche oder erhebliche finanzielle Schwierigkeiten des Emittenten (z. B. hohe Insolvenzwahrscheinlichkeit oder sonstiger Sanierungsbedarf) sprechen für eine dauernde Wertminderung);
(4) bisherige Dauer einer bereits eingetretenen Wertminderung.

Zur weiteren Operationalisierung der o. g. Indizien hat der VFA des IDW zudem Schwellenwerte zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit bekanntgegeben. Danach gelten permanente Wertminderungen in den dem BilSt vorausgehenden sechs Monaten i. H. v. mehr als 20 % unter dem Buchwert oder durchschnittliche Wertminderungen in den dem BilSt vorausgehenden zwölf Monaten i. H. v. mehr als 10 % unter dem Buchwert als dauernd (vgl. IDW, FN-IDW 2002, S. 667 (667f.)). Werden die genannten Schwellenwerte nicht erreicht, kann von einer vorübergehenden Wertminderung ausgegangen werden.

 

Rn. 216

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Die o. g. Indizien dienen der Bestimmung, ob Wertminderungen im Finanz-AV als "dauernd" oder "nicht dauernd" zu klassifizieren sind. Vorübergehende Ergebnisverschlechterungen oder Konjunkturschwankungen deuten generell auf eine nicht dauerhafte Wertminderung hin. Ebenso sind Anlaufverluste im Regelfall nicht von Dauer (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 352). Zudem reicht zum Nachweis einer dauernden Wertminderung ein unter dem Buchwert liegender Börsenkurs am Bilanzstichtag nicht aus, weil der Börsenkurs durch kurzfristige, nicht nachhaltig wertrelevante Schwankungen beeinflusst sein kann.

 

Beispiel:

Die AK eines Wertpapiers des AV betragen zum Kaufzeitpunkt, dem 01.10.t1, 100 EUR. Am BilSt, dem 31.12.t1, liegt der Börsenkurs bei 96 EUR.

Ob diese Notierung von Zufallsfaktoren bestimmt ist oder sich dahinter ein (allg. oder UN-spezifischer) Abwärtstrend verbirgt, lässt sich bei Aufstellung des JA besser beurteilen als am BilSt. Innerhalb dieser Zeitspanne können weitere Informationen über das betreffende UN zugehen. Wenn sachliche Gründe auf Probleme in der UN-Führung oder im Absatzbereich hinweisen, spricht vieles für eine dauernde Wertminderung, da sich derartige strukturelle Probleme meist nicht kurzfristig beheben lassen.

Der Gesetzgeber verpflichtet den Kaufmann, alle wertaufhellenden Erkenntnisse, die er zwischen dem BilSt und dem Aufstellungstag gewinnt, bei der Bewertung zu berücksichtigen (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4; zudem HdR-E, HGB § 252, Rn. 75ff.). Wenn der Kurs in den ersten Monaten nach dem BilSt – abweichend vom allg. Börsentrend – kontinuierlich weiter absinkt, spricht vieles für eine nachhaltige Wertminderung. In diesem Fall bewerten die Anleger das betreffende Wertpapier eher nach UN-spezifischen Faktoren und weniger nach der allg. wirtschaftlichen Entwicklung.

Zum 31.12.t1 liegt keine dauernde Wertminderung vor, und zwar u. a. auch deshalb, da die o. g. Schwellenwerte von 20 % (10 %) in den letzten sechs (zwölf) Monaten nicht greifen, so dass keine außerplanmäßige Abschreibung vorzunehmen ist.

Zum 31.12.t2 beträgt der Börsenkurs 85 EUR (alternativ 75 EU...

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