USt-Sonderprüfung ändert nichts an Offenlegungspflicht des Jahresabschlusses
Aufgrund einer USt-Sonderprüfung hatte ein Steuerberater den handelsrechtlichen Jahresabschluss 2011 nicht rechtzeitig fertig gestellt. Er stellte beim Bundesamt für Justiz nach Aufforderung zur Offenlegung nur einen Fristverlängerungsantrag! Es wurde ein Ordnungsgeld verhängt.
Pflicht zur Offenlegung der Handelsbilanz ist abschließend geregelt!
§ 325 ff. HGB regeln für Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) und die Personengesellschaften, bei denen der Vollhafter keine natürliche Person ist (GmbH & Co. KG), die Pflicht zur Offenlegung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses.
Der Jahresabschluss besteht aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang. Der Begriff „Offenlegung“ beinhaltet die Einreichung beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers (§ 325 Absatz 1 Satz 1 HGB) und die Bekanntmachung (§ 325 Absatz 2 HGB).
Die Einreichungs- und Veröffentlichungsfrist beträgt höchstens zwölf Monate, gerechnet vom Abschlussstichtag. Ein z. B. zum Abschlussstichtag 31.12.2011 aufzustellender Jahresabschluss ist spätestens am 31.12.2012 in elektronischer Form beim Betreiber des Bundesanzeigers einzureichen.
Kleine Unternehmen können von der Erleichterung nach § 326 HGB Gebrauch machen und sich auf die Veröffentlichung von Bilanz und Anhang (ohne Gewinn- und Verlustrechnung) beschränken.
Der Betreiber des Bundesanzeigers prüft, ob die einzureichenden Unterlagen fristgemäß und vollständig eingereicht wurden (§ 329 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ist dies nicht der Fall, unterrichtet er das Bundesamt für Justiz.
Unkenntnis des Steuerberaters schützt vor Strafe nicht... Mandant muss zahlen!
Die Einreichungs- und Veröffentlichungsfrist ist nicht verlängerbar, gleichgültig bei wem ein Fristverlängerungsantrag gestellt wurde oder welcher Grund aus Sicht des Steuerpflichtigen vorliegt!
Die Offenlegungspflicht ist auch zu erfüllen, wenn nach Fertigstellung und Veröffentlichung Änderungen – wie etwa in Form einer nachträglichen Änderung der steuerlichen Veranlagung – zu erwarten sind (LG Bonn, Beschluss v. 01.12.2008, 37 T 288/08).
Steuerrechtliche Beurteilungen haben mit der Offenlegungspflicht nichts zu tun. Insbesondere wird durch eine Absprache mit dem Finanzamt weder die Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses, noch zu dessen Offenlegung nach § 325 Abs. 1 und 2 HGB berührt (LG Bonn, Beschluss v. 11.05.2009, 31 T 250/09).
Betriebsprüfungen ändern nichts an der Publizitätspflicht der §§ 325 ff HGB (LG Bonn, Beschluss v. 11.12.2009, 35 T 201/09).
Dem Ordnungsgeldverfahren steht nicht entgegen, dass eine der Offenlegung vorausgehende Pflicht, insbesondere die Aufstellung des Jahresabschlusses oder die unverzügliche Erteilung des Prüfauftrags, noch nicht erfüllt ist (§ 335 Abs. 1 Satz 3 HGB). Das Ordnungsgeld beträgt mindestens 2.500 EUR und höchstens 25.000 EUR.
Steuerberater hätte zunächst „vorläufigen“ Jahresabschluss einreichen müssen...
... und dies allerspätestens nach der Aufforderung seitens des Bundesamts für Justiz, innerhalb einer Nachfrist von sechs Wochen ab Zugang der Androhung den gesetzlichen Einreichungs- und Veröffentlichungspflichten nach § 325 HGB nachzukommen! Ein Ordnungsgeld hätte dann nicht festgesetzt werden können/dürfen!
Nach Abschluss der USt-Sonderprüfung muss der Steuerberater dann den „richtigen“ Jahresabschluss einreichen!
Bei Änderungen bereits offengelegter Unterlagen müssen nach § 325 Absatz 1 Satz 6 HGB auch diese beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers nachgereicht und im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden. Diese Vorschrift ist entsprechend auf rückwirkende Änderungen der Handelsbilanz nach einer Betriebsprüfung anzuwenden (FM Schleswig-Holstein, Kurzinformation v. 30.06.2011, VI 304-S 2141-011).
Verschulden der Gesellschaft wegen verspäteter Offenlegung besteht aus Sicht des Bundesamts für Justiz immer!
Bei der offenlegungspflichtigen Gesellschaft verbleibt auch nach der Beauftragung eines Steuerberaters zumindest eine Überwachungspflicht bezüglich der fristgerechten Einreichung der Unterlagen beim Bundesanzeiger (LG Bonn, Beschluss v. 21.03.2011, 35 T 1620/10 und LG Bonn, Beschluss v. 21.01.2011, 35 T 1158/10). Ein Wegfall des Ordnungsgeldes kommt daher nicht in Frage!
Steuerberater haftet gegenüber Auftraggeber u. a. bei Übernahme der Veröffentlichung
Natürlich muss der Steuerberater dafür sorgen, dass der Jahresabschluss rechtzeitig fertig gestellt ist bzw. den Geschäftsführer auf die Folgen der verspäteten Erstellung hinweisen, wenn Unterlagen fehlen etc.. Er haftet anderenfalls für die finanziellen Schäden, die der GmbH entstehen. Gleiches gilt bei fehlerhafter Übermittlung an den Bundesanzeiger und/oder für die verspätete Offenlegung im Hinblick auf die Ordnungsgelder und Gebühren.
Ob im letzteren Fall der Berufshaftpflichtversicherer die Schäden übernimmt ist fraglich, da man wohl von einem groben Verschulden des Beraters ausgehen kann.
Praxis-Tipp:
Auf der Seite des Bundesamts für Justiz finden sich u. a. interessante Rechtsprechung zum Thema „Offenlegung“ und ein Beitrag mit „Fragen und Antworten zum Ordnungsgeldverfahren“. Mit Beschluss v. 11.03.2009 (1 BvR 3413/08) hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des Ordnungsgeldes nach § 335 HGB bestätigt.
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